Rosenheim – Nachdem eine 65-Jährige am Sonntag mit ihrem Fahrrad in ein parkendes Auto fuhr und stürzte, wurden die beiden Ersthelfer von dem Hund der Frau gebissen. Bei dem Tier handelt es sich laut Polizei um einen Deutschen Pinscher. Ein Atemtest ergab bei der Radfahrerin einen Alkoholwert von rund einem Promille. Gegen die Frau wird wegen Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung ermittelt. Warum der Hund so reagiert haben könnte, erklärt Hundetrainer Andreas Klarl im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen.
Nachdem eine 65-jährige Frau mit dem Rad gestürzt ist, hat ihr Hund die beiden Ersthelfer gebissen. Wie schätzen Sie das Verhalten ein?
Das Verhalten nennt man ressourcenbezogene Aggression. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Hund aus dem Tierschutz kommt oder ein Rassehund ist. Der Hund will seinen Besitzer beschützen. Auch ein Hund, der noch nie jemanden gebissen hat, weiß, wann sich sein Besitzer in einer Notsituation befindet. Das Frauchen liegt am Boden, zwei Leute kommen auf sie zu. Dass sie nur helfen wollten, versteht der Hund in dieser Situation nicht. Er will auf sein Frauchen aufpassen.
Fest steht, dass der Hund wohl an der Leine war.
Dann kann es auch sein, dass der Hund das Gefühl hatte, die Kontrolle zu verlieren. Er war an der Leine und konnte nicht weg. Das hat ihn möglicherweise verunsichert.
Also war die Reaktion des Hundes normal?
Sagen wir es anders: Es war kein unnormales Verhalten. Um den Fall beurteilen zu können, müsste man genau wissen, was passiert ist. Wenn eine Frau mit ihrem Hund alleine im Wald unterwegs ist, angegriffen wird und der Hund beißt, ist es richtig. Wenn er, wie am Samstagabend, zwei Ersthelfer beißt, ist das eine Katastrophe. Es ist deswegen schwer, zu sagen, was richtig wäre und was falsch. Mit Blick auf die Gesellschaft sollte ein Hund niemanden beißen. Ich glaube, darauf können wir uns einigen.
Was würden Sie Ersthelfern in einer solchen Situation raten?
In so einer Situation denkt man oft nicht so viel nach, sondern will einfach nur helfen. Prinzipiell würde ich sagen, es ist ratsam, erst einmal langsam auf den Hund zuzugehen und darauf zu achten, wie er sich verhält. Fletscht er die Zähne, knurrt er oder freut er sich. Je nachdem, kann man anschließend die nächsten Schritte entscheiden. Gut wäre, wenn man irgendwie an die Leine kommt und mit dem Hund ein Stück von der verletzten Person weggeht. Dann hört die Aggression meistens auf, aber auch die Irritation und Unsicherheit.
Glauben Sie, ein Hundeführerschein würde helfen?
Das ist eine schwierige Frage. Ich wäre eher dafür, dass alle jungen Hunde Zeit in der Hundeschule verbringen oder ein Gutachten machen sollten. Im Rahmen dessen könnte man beispielsweise herausfinden, wie sich der Hund verhält, wenn sein Frauchen auf dem Boden liegt und jemand kommt, um ihr zu helfen. Das ist ja keine alltägliche Situation.
Interview: Anna Heise