Rosenheim – In ist wer drin ist. In der Fastenpredigt erwähnt zu werden, das ist der Ritterschlag. Und wenn nicht das, dann zumindest ein Beweis, dass man noch da ist, dass man noch zählt. Ganz ohne Schmerzen geht derlei freilich nicht, erfahrene Honoratioren wissen das.
So wie Simon Frank. Rücken gestrafft, Brust raus, ein breites Lächeln wie angeknipst aufs Gesicht: In vorbildlicher Haltung hörte sich Aschaus Bürgermeister an, was Peter Kirmair über seine Gemeinde zu sagen hatte. „Eiern Bahnsteig kriagts ned gricht vo da Bahn, der Kampenwandumbau werd blockiert, es brennt überoi lichterloh“, spottete Kirmair von der Bühne der Auerbräu-Festhalle herab. „So weit seids scho, dass eich üba an wiedagfundna Hund gfreits.“
Stilecht
mit Adiletten
Die Fastenpredigt bei der Starkbierprobe: ein Ereignis. Voll besetzt war die Auerbräu-Festhalle, freie Plätze waren rar. Wegen des Märzen. Wegen Kirmairs Frotzeleien. Und wegen der Show, die immer dabei ist. Diesmal: Lektionen in Kirmairs Schwimmschule. Und der Bademeister fuhr auf dem motorisierten Großrasenmäher vor, stilecht in Bermuda-Shorts und mit Adiletten. Simon Frank überstand‘s ohne Blessuren, wie auch die Landtagsabgeordneten Klaus Stöttner (a.D., CSU) und Sebastian Friesinger (ebenfalls CSU, frisch gewählt). Letzterer durfte sich – ob seines Alters von 62 – über die Bezeichnung „Joe Biden der bayerischen Politik“ freuen. Und wenn der allgegenwärtige Friesinger einmal der Ruhe bedürfte – „kein Problem, dann kann er ja no seine Doppelgänger aus dem Wahlkampf schicka“. Auch der Freie Wähler-Abgeordnete Sepp Lausch wurde reichlich bedacht – was sagt das über die neuen Machtverhältnisse im Maximlianeum?
Viel böser wurde es auch nicht. Peter Kirmair, das ist das satirische Gegenstück zum Bodycheck im Eishockey: Robust, aber im besten Falle nicht verletzend. Kein Shitstorm, nur ein bisserl Gegenwind war‘s, was den Besuchern, vor allem den Politikern bei der Starkbierprobe 2024 am Freitag (1. März) in der Auerbräu-Festhalle entgegenblies.
Peter Kirmairs Stimme wirkte diesmal angestrengt, fast angegriffen. Aber sicher nicht vom Schreien. Der langjährige Fastenprediger setzte wie gewohnt auf gemäßigte Festhallen-Lautstärke. Und hatte es so manchmal auch nicht leicht, um gegen das Grundsummen der Tischgespräche anzukommen. Manchmal ist Kirmair auch einfach nett. Diesmal mit einem nahezu ironiefreien Gruß an den erkrankten Landtagsabgeordneten Daniel Artmann: „Ois Guade!“
Peter Kirmair predigt in Rosenheim. Vertreten ist dort aber der gesamte Landkreis. Vom Landrat über die Bürgermeister, bis hin zu Vertretern der Kirche und der Behörden, der Gastronomie und der Kultur. Er muss daher flächendeckend recherchieren und predigen, von Aschau bis Kolbermoor, vom Geldtransport-Raub in Großkaro bis zum Sex auf dem Altar in Schechen.
Nicht jedes Ereignis hat dermaßen Konfliktpotenzial wie Landrat Otto Lederers Konflikte mit Rott – ausgelöst durch das Vorhaben, relativ große Flüchtlingsunterkünfte in einer relativ überschaubaren Gemeinde einzurichten.
Für Otto Lederer hatte Kirmair denn einen Vorschlag. „Grod a bei allem Verständnis für Ihre schwierige Situation. Da sechste und siebte Stock im Landratsamt ist doch jetzt boid bezugsfertig. oda? Und wenn do a so a Hundert… wissn S‘, wos I moan?“
Und auch Rosenheim, beziehungsweise Oberbürgermeister Andreas März durfte sich was anhören. „Wer was tun will, soll es tun, und Rosenheim lässt ihn“, sagte Kirmair hohnlachend. „Ja, und die Erde ist eine Scheibe.“
Fastenprediger in Rage – kein Problem. Vielleicht sollte man sich dann Sorgen machen, wenn sie leise Töne anschlagen. So wie am Ende der Predigt 2024 Peter Kirmair. „Wissen S‘, i bin bloß a kloana Bademeister, der sei Leben schon größtenteils glebt hat. A guads Lebn bisher.“
Die Zeiten sind schwierig, aber: „An Kopf unter Wasser stecka und nimmer aufdaucha woin“ – das sei auch ein Schmarrn. Vielmehr müsse man weitermachen, für „unser Kinder und Enkel“, man müsse „mitgestalten, unterstützen und verhindern – vorausschwimma“.
Es klang, als stimme Kirmair sein Publikum auf eine Fastenzeit ein, die weit länger dauern wird als bis Ostern 2024. Nachdenklicher, fast zögerlicher Applaus.
Über Kolbermoors kommunale stationäre Geschwindigkeitsmessung: „Wahnsinn, ha? Da hams 35000 blitzt im letzten Jahr. I konn des verstehn, des war ja früher scho so, dass ma durch Kolermoor schnellstmöglich durchwoit, weil d‘Leit Angst ghabt ham, dass eahna untam Fahren de Radl owestehln.“
Über Andreas März‘ Auftritt auf der Grünen Woche in Berlin: „Woitn Sie touristische Werbung für Rosenheim macha? Da dadn Sie Leit olocka und dann, wenn de do san, wissen de ned amoi wo s‘ in der Stod zum Biesln hiegeh kennan. In unsere öffentlichen Klos? I sogs eahna ehrlich. I bin ned empfindlich, aber mia graust‘s.“
Und davon ausgehend über die Vorteile vom Karstadt: „Ned wegam Eikaffa, Ich liebe den vierten Stock., Ja, do i des sauberste öffentliche Klo vo Rosenheim.“
Für den Salingarten hatte Kirmair diesen Vorschlag: „Da kannt ma doch diese appetitlichen grauen Bislglockn vom Herbstfest aufstellen, wo jeder zuschauen kann.“
Über kommunale Nöte: „Da gengan jetzt a paar mitm Huad rum und sammeln fürn Lederwascher sei Flintsbach. Ja, der hod koa Geld mehr und braucht wos für den Wasserzulauf fürs Schwimmbod, für sei Ruine und, und, und…“
Über die Folgen des Klimawandels und heftiger Schneefälle – mitten im Winter: „Unsere Nachbarn ham sich einen Krampf gelacht.
Alloa scho des is mit a Grund, dass, sollte der Brenner-Nordzulauf je kemma, ois unbedingt untertunnelt wern muaß, weil de ned amoi mit rama auf de Reih kemman.“
Zur Bürgermeisterwahl in Bad Feilnbach: „Wer jetztad no ganzjahrig zum Eisbaden wiu, der ko no nach Bad Feilnbach fahrn. Do herrscht nach der Bürgermoastawahl eine ganz eisige Stimmug in da Gmoa.“
Zu Romed und dem Abschied von Geschäftsführer Deerberg-Wittram: „Im Rosenheimer Krankenhaus gibt‘s ja jetzt eine Babyklappe. Guad, ois ersts hod si der Geschäftsführer dann selber drin obglegt, im besten beideseitigem Einvernehmen natürlich, wie heid so üblich, Dann hod er sie durch de Klappn nausgwurschtlt, und de guad 26 Millionen Miesn san do bliebn.“ Zum eignen Menschen-Schlag im Inntal: „überraschend is ja ned, dass am Gruber Hajo de ganzn Probleme do draußerhoib vom Inntal wurscht san. Der ghört mit seine Kiefersfeldner gefühlt ja eh scho mehra zu de Tiroler.“
Hong Long
darf nicht fehlen
Zur Blockabfertigung und Italiens Klage gegen Österreich: „“I sog bloß forza Italia! Und ned: Hint noch Bavaria!“
Über die Äußerung von Samerbergs Bürgermeister Georg Huber über die Beschädigung einer Bahn-Messstelle: „Letzterer hod ja moant: Na, des duad ma ned, zerstören. Wenn Protest, dann soit ma hoid an Sitzstreik macha. Wahrscheinle am besten samerberglerisch, beim Wirt drin.“
Zum Engagement der Rosenheimer SPD und ihres Fraktionschefs für ein Lokal: „Apropos, is da Hong Long Erdogan da, da Vorsitzende des neuen Ausschusses zur Erhaltung der langjährigen asiatischen Gastronomie in der Stadtmitte? Ja, da hockt er mit seim roten Häuferl, findt ma leicht.“