Rosenheim – Nach großem Umzugsstress und einer zweiwöchigen Eingewöhnungsphase ist es nun so weit: Seonghyang Kim ist die neue Kantorin des Evangelisch-Lutherischen Dekanats in Rosenheim. Im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen spricht die 41-Jährige über ihre Liebe zu Gott und der Musik sowie über die Herausforderungen, die ihr als koreanische Kirchenmusikerin in Deutschland begegnen.
Frau Kim, wie hat sich Ihre Leidenschaft zur Musik entwickelt?
Die Kirche ist eigentlich wie mein zweites Zuhause. Da mein Vater Pfarrer war, konnte er Klavierspieler immer gut gebrauchen. Also habe ich ihm geholfen. Ich habe von klein auf sehr viel mit meiner Familie musiziert. Wir haben immer gemeinsam gesungen, vor allem Gemeindelieder und Lobpreis. Am Anfang habe ich am Klavier, später dann an der Orgel bei jedem Gottesdienst mitgespielt. Irgendwann habe ich einfach im Herzen gespürt, dass ich unbedingt weiter Musik machen möchte.
Warum haben Sie sich nach Ihrem Kirchenmusik-Studium in Seoul dazu entschieden, auch international als Musikerin tätig zu werden?
Meine koreanische Professorin hat selbst in München studiert. Durch sie lernte ich die Musik vieler deutscher Komponisten kennen, unter anderem auch von Johann Sebastian Bach, meinem Lieblingskomponisten. Jedes seiner Stücke endet mit dem Satz: „Soli Deo Gloria“ – Gott allein sei die Ehre. Das ist auch meine Philosophie als Kirchenmusikerin. Also dachte ich: Dort wo Bach war, gehe ich auch hin. Dann bin ich zum ersten Mal nach Leipzig gereist.
Was wollen Sie mit Ihrer Musik bewirken, auch im Hinblick auf Ihren Glauben an Gott?
Nach meinem Studium ist mir erstmals so wirklich klar geworden, dass das Leben nicht nur aus guten Dingen besteht. Immer wenn ich traurig war, habe ich mich an die Orgel gesetzt und gespielt. Jedes Mal spürte ich tief in mir: Die Heilung kommt. Durch das Orgelspiel habe ich immer viel Kraft geschöpft. Diese heilende Kraft möchte ich auch an alle anderen Menschen weitergeben. Darin liegt auch der Bezug zu meinem Glauben: Ich möchte Gottes Worte und Gottes Liebe durch meine Musik weiter verbreiten.
Sie waren schon mehrmals weltweit als Kirchenmusikerin tätig, unter anderem in Seoul, Bayreuth und Nürnberg. Zuletzt waren Sie Dekanatskantorin in Roth. Was führt Sie nach Rosenheim?
Vor fünf Jahren war ich im Rahmen eines Kantor-Praxisjahres ein Jahr lang in München tätig. Dort habe ich mich immer gut mit meinem Mentor verstanden, mit welchem ich bis heute den Kontakt pflege. Durch ihn habe ich nicht nur viel über Kirchenmusik gelernt, sondern auch einen größeren Einblick in die Umgebung bekommen. Als ich dann von dieser freien Stelle in Rosenheim erfahren habe, sah ich das als tolle Gelegenheit – eben auch, weil ich nun wieder in der Nähe meines Mentors bin. Da ich in einer Großstadt geboren und aufgewachsen bin, gefällt mir die schöne Natur und die Nähe zu den Alpen hier sehr gut. Deswegen könnte ich mir sogar vorstellen, eine eigene Familie hier in Rosenheim zu gründen.
Gibt es Herausforderungen, denen Sie als koreanische Kirchenmusikerin in Deutschland begegnen?
Schwierige Erfahrungen gibt es überall. In den Kirchen in Deutschland habe ich sehr viele nette Leute kennengelernt. Aber der Umgang mit Menschen, die meine Leidenschaft nicht verstehen, kann schon herausfordernd sein. Die deutsche Sprache fällt mir auch nicht immer leicht (lacht). Ich habe aber immer gut durchgehalten und kann insgesamt wirklich zufrieden sein.
Was nehmen Sie sich als neue Dekanatskantorin in Rosenheim vor?
Dadurch, dass die evangelische Kirchengemeinde in Rosenheim um einiges kleiner ist als in Roth, wird meine Rolle hier wahrscheinlich auch etwas anders sein. Ich möchte meine Musik zum Teil gerne etwas moderner gestalten und auch Dinge ausprobieren, zu denen ich bisher noch nicht gekommen bin, wie das große Oratorium: ein musikalisches Werk mit geistlichem Inhalt für Chor und Orchester. Vor allem aber wünsche ich mir, gut mit meinem Team, der Dekanin und den Pfarrern zusammenzuarbeiten, um die Rosenheimer und auch Gott mit schöner Musik zu begeistern.
Interview:Qiana Eisenreich