Stadt zahlt zehn Millionen Miethilfen

von Redaktion

Angesichts hoher Mieten muss Rosenheim Bürgergeld-Beziehern unter die Arme greifen

Rosenheim – Wer in Rosenheim auf der Suche nach einer Wohnung ist, hat es derzeit nicht leicht. Auf der einen Seite fehlt es an Platz, um neue Wohnungen zu bauen, auf der andere Seite sind viele Wohnungen kaum zu bezahlen. Das trifft vor allem Menschen, die auf Bürgergeld – ehemals HartzIV – angewiesen sind. Damit sich diese überhaupt eine Unterkunft leisten können, greift ihnen der Staat bei der Miete unter die Arme. Und das mit sehr viel Geld.

Allein im Oktober knapp 780000 Euro

Insgesamt wurden hierfür im vergangenen Jahr in Rosenheim knapp über zehn Millionen Euro ausgegeben, teilt Heike Köcher, Geschäftsführerin des Jobcenters Rosenheim Stadt, auf OVB-Anfrage mit. Die Jobcenter sind die für Auszahlung der Wohnkosten an die Betroffenen zuständig. Allein im Oktober 2023 flossen dabei über 778000 Euro in die Kaltmieten von rund 1500 Haushalten in der Stadt. Der Grund: Die Leistungen beim Bürgergeld sehen auch die Übernahme der Kosten für die Unterkunft und Heizung (KdU) vor.

Finanziert werden die übernommenen Mieten durch Steuergelder. „Der Bund beteiligt sich mit 68,9 Prozent, die restlichen Kosten trägt die Stadt“, sagt Köcher. Bayernweit habe Rosenheim bei den Wohnkosten zum Vergleichszeitpunkt im Oktober 2023 leicht über dem Durchschnitt gelegen.

Wie hoch die ausbezahlten Beträge für die einzelnen Haushalte sind, hängt immer vom jeweiligen Fall ab. Denn die Wohnkosten werden nur berücksichtigt, wenn sie angemessen sind, sagt Köcher. Was als angemessen gilt, hängt einerseits von der Mietobergrenze ab. Diese legt die Stadt Rosenheim mithilfe des qualifizierten Mietspiegels fest. Auf der anderen Seite spielt auch die Zahl der Personen, die in der Wohnung leben, eine Rolle. Für einen Single-Haushalt gilt in Rosenheim derzeit eine monatliche Obergrenze in Höhe von monatlich 589 Euro – in München sind es 849 Euro – für die Bruttokaltmiete. Bei zwei Personen sind es rund 700 Euro.

Angespannter Immobilienmarkt

Im ersten Jahr des Bürgergeld-Bezugs wird die Angemessenheit allerdings nicht überprüft. Heißt: Die Miete wird egal in welcher Höhe übernommen. „Die regionalen Miet- und Wohnungsmarktverhältnisse haben daher einen direkten Einfluss auf die Summe der erbrachten Leistungen“, sagt die Jobcenter-Geschäftsführerin. Und da der Rosenheimer Wohnungsmarkt derzeit angespannt ist, sei es für sozial schwache Haushalte schwierig, angemessenen Wohnraum zu finden.

Um die Situation zu entschärfen, schlägt die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) jetzt vor, mehr Sozialwohnungen zu bauen. „Sie machen den Staat unabhängig von jeder Mietpreis-Treiberei. Auf Dauer sind sie die günstigere Lösung“, sagt Harald Wulf, Bezirksvorsitzender der IG Bau Oberbayern. Außerdem seien Sozialwohnungen die „beste Mietpreis-Bremse“ für den Wohnungsmarkt.

Gewerkschaft nennt Mangel „dramatisch“

Aber: Der Bau von sozialem Wohnraum sei seit Jahrzehnten massiv vernachlässigt worden. Dadurch gebe es einen „dramatischen Mangel“ an Sozialwohnungen. „Jetzt steckt der Staat in einer Sackgasse: Er kann den Menschen, die dringend eine Unterstützung beim Wohnen brauchen, keine Sozialwohnungen anbieten. Also müssen die Jobcenter die hohen Mieten auf dem freien Markt akzeptieren“, kritisiert Wulf. Ihm zufolge müssten in Bayern bis 2030 mehr als 195000 zusätzliche Sozialwohnungen entstehen.

In Rosenheim gibt es im Augenblick 690 Sozialwohnung. Zum Vergleich: In München sind aktuell 48500 Wohnungen in Sozialbindung. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl sind das mehr als dreimal so viele wie in Rosenheim.

Christian Baab, Pressesprecher der Stadt, sagt, dass der Bedarf an sozialem Wohnraum immer größer werde. „Mit ein Grund dafür ist eine sehr dynamische Entwicklung der Bevölkerungszahl“, sagt der Pressesprecher. In den vergangenen zehn Jahren sei die Stadt um mehr als 5000 Einwohner gewachsen – 1872 Menschen davon allein in den vergangenen beiden Jahren.

Dennoch gebe es beim sozialen Wohnungsbau einige Hürden. „Die größte Herausforderung stellt die Verfügbarkeit von Flächen dar“, so Baab. Mit einer Fläche von 37 Quadratkilometern ist Rosenheim die zweitkleinste kreisfreie Stadt in Bayern – trotz der hohen Einwohnerdichte. „Zudem gehören längst nicht alle bebaubaren Flächen der Stadt“, sagt er. Dazu gebe es weitere äußere Einflüsse auf Bauvorhaben wie die „starke Baupreissteigerung der vergangenen Jahre, die Zinsentwicklung“ sowie die Verfügbarkeit von Baufirmen.

Neuer sozialer Wohnraum geplant

„Auch gilt es, die Auswirkungen des Klimawandels in Bauprojekte miteinzubeziehen“, sagt Christian Baab. Er betont, dass die Stadt eine langfristige Stadtentwicklungsstrategie verfolge. So entstünden unter anderem momentan 106 Wohnungen an der ehemaligen BayWa-Wiese an der Panorama-Kreuzung – darunter 63 sozial geförderte Wohnungen. Das Bauprojekt in der Krainstraße sehe ebenfalls sozialen Wohnraum vor, genauso wie das geplante Stadtquartier auf dem südlichen Bahngelände. So solle sichergestellt werden, dass sozial schwache Haushalte in Zukunft leichter angemessenen Wohnraum finden.

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