Rosenheim – Wie sehr sich die Welt durch künstliche Intelligenz (KI) verändern wird und was das insbesondere für Kinder und Jugendliche bedeutet, darum ging es in einer Vortragsveranstaltung der Suchtberatungsstelle Neon im Sparkassen-Hochhaus in Rosenheim.
Die Veranstaltung wurde von der Sparkassenstiftung Zukunft der Stadt und des Landkreises Rosenheim unterstützt. „Die“ KI ist aktuell in aller Munde, seit mit Einführung des populären Chatbot „Chat GPT“ im Jahr 2022 in diesem Bereich ein neues Zeitalter eingeläutet wurde. Dabei führt der Artikel „die“ zu einem Missverständnis, wie Professor Dr. Marcel Tilly zu Beginn den rund 100 Besuchern erläuterte. Denn dadurch werde daraus eine Art Persönlichkeit. „In Wirklichkeit steckt hinter der KI sehr viel Mathematik“, so Tilly, der seine Wurzeln in der Physik hat und den umfassende Erfahrungen in der Softwareentwicklung zu einem sachkundigen Experten in der Anwendung von Technologien in diesen Bereichen machen. Er betrachtete das Thema von der Funktionsweise her und erläuterte den Zuhörern, darunter auch Politiker, wo KI mittlerweile überall zum Einsatz kommt. Dabei muss man eher fragen, wo hat sie eigentlich noch nicht Einzug gehalten? Selbst Musik kann die künstliche Intelligenz mittlerweile komponieren, Fragen beantworten, Texte schreiben, Bilder kreieren und seit Kurzem auch aus einem Text ein Video machen. In der Medizin leistet sie schon seit Jahren wertvolle Dienste, etwa bei der Krebserkennung. Und erstaunlicherweise kann sie mittlerweile in Sachen „Empathie“ punkten, wie Tilly anhand eines Versuchs im medizinischen Bereich darstellte, bei dem die Probanden der KI mehr Kompetenz zusagten als einem menschlichen Arzt und beiden gleich viel Empathie.
Tilly stellte in seinen Ausführungen weitere Beispiele vor, wie KI das Leben von den Menschen in Zukunft vereinfachen oder verbessern kann, aber er verhehlte auch nicht, dass KI eine ganze Reihe von Berufen überflüssig machen wird und weitere Gefahren für Menschen, Kulturen und Demokratien drohen, indem man KI zur Manipulation nutzt oder als Waffe instrumentalisiert: „Es gibt eben auch in diesem Bereich nicht nur Schwarz oder Weiß.“
Kinder und Jugendliche sehen aber in der KI vor allem eins: „Spaß“, wie der renommierte Digitaltrainer Daniel Wolff, bekannt durch zahlreiche Fernsehauftritte, im zweiten Teil der Veranstaltung erläuterte. Seit 2017 bietet er an Schulen in Bayern und darüber hinaus Workshops und Elternabende zu den Themen „Smartphones“ und „Internet“ an, und erlebt auch als Vater mit, wie sich das Leben der jungen Generation bereits jetzt durch diese neue Technologie verändert hat. Schon die Jüngsten bekommen Gewalt und Pornografie zu sehen. Hilfesuchend an ihre Eltern würden sich aber nur die wenigsten wenden, aus Angst, dass ihnen diese das Smartphone wegnehmen. Darum der eindringliche Rat des Experten an alle Eltern: „Nehmt den Kindern nie das Smartphone weg. Sonst kommen sie nie wieder zu euch mit ihren Problemen.“
Ein Zurück gibt es bei der KI nicht mehr, da waren sich Wolff und Tilly einig. Die Entwicklung werde sich nun weiter beschleunigen. „KI ist so gefährlich wie eine Pandemie oder ein Atomkrieg“, so Wolff. Umso wichtiger sei es, insbesondere Kinder und Jugendliche für die Chancen und Risiken dieser neuen Technologie zu sensibilisieren. wu