Sicherer Heimweg für Frauen gefordert

von Redaktion

In München gibt es bereits den Zehn-Euro-Taxi-Gutschein. Dieser ist speziell für Frauen, die auf ihrem nächtlichen Heimweg sind und sicher nach Hause kommen wollen. Jetzt wird das Angebot auch für Rosenheim diskutiert – und die Meinungen gehen auseinander.

Rosenheim – Schlüssel zwischen den Fingern, Taschenalarm in der anderen Hand und die langen Haare unter einer Kapuze versteckt. Dieses Szenario kennt vermutlich jede Frau, die sich nachts auf ihrem Heimweg schon einmal unwohl gefühlt hat. Für den sichereren Heimweg bietet sich auch die Fahrt mit dem Taxi an. Doch nicht für alle ist das finanziell möglich.

Damit Frauen nachts trotzdem sicher nach Hause kommen, hat sich die Stadt München eine Lösung überlegt: das Frauen-Nacht-Taxi. Heißt konkret: Frauen können sich im Bürgerbüro, an einer Infothek und bei verschiedenen anderen Stellen Taxi-Gutscheine im Wert von zehn Euro abholen. Bis zum 1. Januar 2024 lag der Betrag noch bei fünf Euro. Zum Jahreswechsel wurde er erhöht. Diese Gutscheine können für die nächtliche Taxifahrt nach Hause zwischen 22 Uhr und 6 Uhr eingelöst werden.

Taxigutschein für
viele wünschenswert

Eingeführt wurde dieses Angebot am 1. März 2020 – also kurz vor Beginn der weitreichenden Corona-Beschränkungen. Daher wurde es in dieser Zeit kaum genutzt. Bis Juli 2023 wurden insgesamt 25000 Gutscheine ausgegeben, wie das Kreisverwaltungsreferat München auf OVB-Anfrage mitteilt. 3400 davon wurden bereits eingelöst. Die Kosten für die Gutscheine werden komplett von der Stadt München übernommen.

Aber wäre dies auch in Rosenheim eine Möglichkeit, damit Frauen nachts sicherer nach Hause kommen? Die Antwort aus dem Polizeipräsidium Oberbayern Süd ist hier deutlich. „Frauen fühlen sich insbesondere abends oder nachts deutlich unsicherer als Männer. Dieses Unsicherheitsgefühl führt möglicherweise dazu, dass Frauen bestimmte Situationen, in denen sie sich unwohl fühlen, meiden und sich nachts aus dem öffentlichen Raum zurückziehen“, erklärt Stefan Sonntag, Pressesprecher beim Polizeipräsidium. Das hat zur Folge, dass Frauen in manchen Teilen nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. „Die Institution ‚Frauen-Nacht-Taxi‘ ist geeignet, diesen Nachteil zumindest zum Teil auszugleichen“, erklärt Sonntag. Es könne dabei helfen, dem Vermeidungsverhalten entgegenzuwirken.

Wie sicher der Heimweg in Rosenheim für Frauen ist, lässt sich laut Sonntag nicht so leicht beantworten. „Eine komplette Sicherheit kann niemand garantieren. Die Polizei ist auch in der Nacht – und vor allem an stark besuchten Orten – präsent“, sagt er. Auch beim Frauen- und Mädchennotruf Rosenheim steht man der Idee positiv gegenüber. „Natürlich wäre dieser finanzielle Zuschuss auch in der Region Rosenheim sehr wünschenswert – als eine von verschiedenen Möglichkeiten, die Sicherheit von Mädchen und Frauen im Nachtleben zu erhöhen“, erklärt Tanja Bourges, Beratungsleitung beim Frauen- und Mädchennotruf Rosenheim. Sie merkt allerdings auch an, dass der Grundpreis für eine Taxifahrt in Rosenheim alleine schon 5,30 Euro beträgt. „Damit kommt Frau nicht sehr weit. Vor allem nicht, wenn sich der Wohnort etwas außerhalb der Stadt oder in den umliegenden Dörfern befindet.“

Frauen-Nacht-Taxi
spaltet die Meinungen

Was Bourges aber auch deutlich macht: „Bei uns in der Beratungsstelle sind es die wenigsten Frauen, die von einem völlig unbekannten Täter sexuelle Übergriffe erfahren. Bei den meisten findet die Gewalt im Beziehungskontext und im sozialen Nahraum statt.“ Was sie außerdem betonen möchte, ist, dass es ein gesellschaftliches Umdenken braucht. „Gewalt an Frauen ist ein gesellschaftliches Problem.“ Ihr ist wichtig, dass Gewalt nicht mehr toleriert und bagatellisiert wird. Gerade im Nachtleben berichten ihr Frauen von „vielen anzüglichen Bemerkungen über ihr Aussehen und ihren Körper, von Berührungen und scheinbar zufälligem Antatschen.“ Bei der Stadt Rosenheim sind die Meinungen zu einem Frauen-Nacht-Taxi gespalten. Vonseiten der Pressestelle wird lediglich auf das Anruf-Sammel-Taxi (AST) verwiesen, „das sich als günstige Ergänzung im ÖPNV etabliert hat und dementsprechend gut angenommen wird“, sagt Christian Baab, Pressesprecher der Stadt Rosenheim. Dabei muss man eine Stunde vor der gewünschten Abfahrt das Taxi zu einer nahe gelegenen Bushaltestelle ordern. Die Heimfahrt geht dann bis vor die Haustür. „Das AST ist zwar kein Angebot ausschließlich für Frauen, erfüllt aber den gleichen Zweck: einen sicheren und günstigen Nachhauseweg bis vor die Haustür“, sagt Baab. Eine Fahrt im Rosenheimer Stadtgebiet kostet fünf Euro. Doch es gibt einen Haken: Das Taxi teilt man sich eventuell auch mit fremden Mitfahrern. Diese wissen dann auch, wo die Frau, die das Taxi nutzt, wohnt.

Auch die Rosenheimer Grünen sehen das Sammeltaxi als gute Option. Die Fraktionsvorsitzende Sonja Gintenreiter erklärt zwar, dass sie die Taxi-Gutscheine für eine gute Option hält, „jedoch kenne ich auch die Situation, dass es zu bestimmten Zeiten oder bei Veranstaltungen in der Stadt nachts schwer ist, überhaupt ein Taxi zu bekommen.“ Dies hängt auch mit dem fehlenden nächtlichen ÖPNV-Angebot zusammen, sagt sie auf OVB-Anfrage. Sie wünscht sich, dass das AST bekannter gemacht wird. „Dazu könnten beleuchtete Nacht-Haltestellen beispielsweise am Salzstadel, der Kaiserstraße auf Höhe der Weinstraße oder auch der Samer- und Hubertusstraße sinnvoll sein, sodass man nachts nicht allein zur nächsten Haltestelle gehen muss“, sagt sie. Ein Konzept, welches vergleichbar wäre „mit den Frauenparkplätzen in Tiefgaragen.“ Neben dem AST könnte sich die Grünen-Stadträtin aber auch vorstellen, etwaige Gutscheine über Sponsoren zu finanzieren. Auch eine Zusammenarbeit mit dem Landkreis würde sich ihrer Meinung nach anbieten.

München übernimmt
die Finanzierung

Die Rosenheimer SPD findet die Idee der Taxi-Gutscheine gut. „Wir kennen es alle und haben es schon mal gemacht. Nachts auf dem Heimweg den Schlüssel zwischen den Fingern, Augenkontakt vermeiden und flott zum Zielort rennen“, sagt Ricarda Krüger, stellvertretende Fraktionsvorsitzende. „An diesen Umständen müssten zwar eigentlich andere arbeiten, jedoch können wir mit der Schaffung eines Nachttaxis eine Option für Frauen schaffen, um das Nachtleben mehr zu genießen und sicher das Ziel zu erreichen.“ Daher sieht sie das Frauen-Nacht-Taxi als gute Möglichkeit, damit Frauen sicher und günstig von A nach B gelangen. Eine Finanzierung wäre – wie auch in München – über von der Stadt finanzierte Gutscheine möglich.

Bei der Fraktion der Freien Wähler/UP ist man sich nicht ganz einig. Eine Prüfung solcher Angebote ist „sicherlich nicht grundsätzlich abzulehnen“, erklärt der Fraktionsvorsitzende Robert Multrus. Aber: „Im Hinblick auf das bestehende Angebot mit dem Anruf-Sammeltaxi erscheint eine Finanzierung durch die öffentliche Hand zulasten der Allgemeinheit nicht angemessen.“

„Nicht nötig und
auch nicht sinnvoll“

Ähnlich sieht man es bei der Rosenheimer CSU. „Die Sicherheit von Frauen, vor allem auf ihrem nächtlichen Nachhauseweg, liegt uns besonders am Herzen“, erklärt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Wolfgang Bergmüller. Auch er verweist jedoch auf das Angebot des AST und das telefonische Begleitangebot des Frauen- und Mädchennotrufs. „Leider sind diese Möglichkeiten nicht sehr bekannt und werden daher nur von ‚Insidern‘ genutzt“, sagt Bergmüller. Das AST und die telefonische Begleitung seien jedoch „eine exzellente Möglichkeit, sicher nach Hause zu gelangen.“ Daher hält die CSU die Einführung eines Frauen-Nacht-Taxi-Gutscheins für das reguläre Taxi in Rosenheim für „nicht nötig und auch nicht sinnvoll“. Die AfD-Fraktion hält die Idee für „eigentlich gut“. Der Vorsitzende Andreas Kohlberger merkt aber an: „Warum immer Neues schaffen, es wäre ganz einfach, mit einer kontrollierten Einreise zu achten, wer sich in unserem Land aufhält.“

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