Spontanes Ja in der Erlöserkirche

von Redaktion

Trauung und Segen ohne lange Vorbereitung – Fünf Paare nehmen das Angebot an

Rosenheim – Mit festen Schritten geht das Brautpaar zum Altar. Dieser ist geschmückt mit Kerzen, Rosen und Schokoherzen. Auf den Stufen stehen Teelichter und Vasen, gefüllt mit roten und gelben Blumen. Am Geländer sind Herzballons festgebunden. Die Orgelmusik setzt ein. Als Sandra und Richard Wagner den Altar erreichen, erklingen zunächst leise Töne. Dann wird die Melodie fröhlicher. Das Brautpaar setzt sich auf die schwarzen Stühle. Schaut sich an. Und lächelt.

Nach 30 Jahren Ehe
nochmal heiraten

Seit 30 Jahren sind Sandra und Richard Wagner standesamtlich verheiratet. Vor einigen Tagen feierten sie Perlenhochzeit. Zu diesem Anlass bekam Sandra Wagner von ihrem Mann eine Kette mit einer großen weißen Perle geschenkt. „Nun kann ich das Geschenk endlich schön ausführen“, sagt die Braut und lächelt.

Vor 35 Jahren haben sich die beiden in Rosenheim kennengelernt. Bei einer Cabriolet-Fahrt sei Sandra ihrem späteren Mann aufgefallen. Sie verabredeten sich im „Café Harmonie“. Ein Ort, der beiden noch immer viel bedeutet. „Das Café gibt es heute nicht mehr. Jetzt ist da ein Irish-Pub drinnen, in dem wir nachher noch essen gehen“, sagt Richard Wagner.

Jetzt wollten sie ihre Ehe noch einmal festigen. Also nahmen sie das Angebot der evangelischen Kirche an, sich spontan trauen zu lassen. Es ist ein bayernweites Angebot, an dem auch die Erlöserkirche in Rosenheim teilnahm. Nach dem Motto „einfach heiraten“ konnten sich Paare am Mittwoch, 24. April, von 15 Uhr bis 18.30 Uhr trauen oder segnen lassen. In der Erlöserkirche wurden zwei Paare gesegnet und drei getraut. Darunter das Ehepaar Wagner.

Für sie sei es ein besonderer Moment gewesen. Aufgeregt waren beide aber nicht. Das sei für das Brautpaar aus Wasserburg das Schöne an der „To-go-Hochzeit“ gewesen. Sie mussten nichts vorbereiten und sich um nichts kümmern. „Wir konnten uns mehr unseren Gefühlen hingeben und den Moment genießen“, sagt Sandra Wagner.

Sie habe erst am Abend zuvor von dieser Aktion im Radio erfahren. „Ich habe es meinem Mann erzählt, aber er hat erst etwas abwartend reagiert“, sagt sie. Die Braut dachte, dass sich damit das Thema erledigt hatte. „Heute beim Frühstück hat er dann gesagt, er würde es schon gerne machen“, sagt sie. Dann musste alles ganz schnell gehen. Sandra Wagner rief beim Friseur an und besorgte sich auf die Schnelle einen Brautstrauß.

Nun sitzen sie in der Erlöserkirche. Den Brautstrauß hat Sandra Wagner fest umklammert, als Pfarrer Dr. Bernd Rother mit der Trauung beginnt. Er erzählt aus ihrem Leben. Wie sie sich vor über 30 Jahren kennengelernt haben. Von guten und schlechten Zeiten, die sie zusammen erlebt und gemeistert haben. Dann liest der Pfarrer einen Spruch aus der Bibel vor. Er sei passend für das Brautpaar. „Es ist aus dem Johannes-Evangelium, 16. Kapitel. Jesus sagt: ‚Euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen‘“, liest Rother vor.

Wieder schaut sich das Brautpaar an. Wieder lächeln sie. Der Spruch passe zu ihnen, meint Sandra Wagner. So oft lasse man sich von negativen Sachen beeinflussen. Viel mehr sollten die Menschen lächeln. Nach dem Trauspruch und der Segnung wechselt das Brautpaar, wie vor 30 Jahren, die Ringe. Danach spielt die Dekanatskantorin Seonghyang Kim den Hochzeitsmarsch. Nun ist das Ehepaar Wagner auch kirchlich getraut.

Für die beiden Pfarrerinnen Rosemarie Rother und Claudia Huber sei dieser Tag ein besonderes Ereignis. „Es ist aufregend und berührend, mit welcher Tiefe die Paare hierhin kommen“, sagt Rosemarie Rother. Man spüre, dass dieser Moment für alle etwas Besonderes sei. Das sei auch deshalb schön, weil es im vergangenen Jahr Kritik an der Aktion gab. „Es hieß, dass wir den Segen verramschen“, sagt Rother. Das sehe die Pfarrerin anders. Der Tag sei ein Geschenk für die Menschen, die sich schnell und unkompliziert trauen lassen wollen.

Schnellhochzeit mit
kaum Vorbereitung

Eine Trauung dauert maximal zehn Minuten. Bevor es losgeht, gibt es erst ein Vorgespräch. „Wir brauchen die persönlichen Daten für die Urkunde und den Eintrag ins Kirchenbuch. Und wir müssen einmal die standesamtliche Trauurkunde gesehen haben“, sagt Rother. Denn nur wer standesamtlich verheiratet ist, darf sich kirchlich trauen lassen.

Am Ende gibt es für die Vermählten einen Sektempfang. Auch Sandra und Richard Wagner lassen bei einem Glas Sekt die vergangenen Minuten nochmal passieren. Für die Zukunft wünschen sich die beiden, dass sie noch mehrere Jubiläen gemeinsam feiern können. „Ich unterstütze dieses Angebot sehr. Es ist schön, dass die evangelische Kirche so offen ist, und dass wir uns den Segen aufs Neue holen konnten“, sagt Sandra Wagner.

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