Apotheker „sehen rot“

von Redaktion

Unter dem Motto „Wir sehen rot“ machten die Apotheker in Deutschland in der vergangenen Woche mit roter Kleidung und roten Schaufenstern auf den aktuellen Notstand aufmerksam. Am 1. Mai kommt es nun zum bisherigen Höhepunkt der Proteste.

Rosenheim – Viele Apotheker in Deutschland haben genug. Mit einem Protestmarsch wollen sie die Öffentlichkeit machtvoll auf ihre Probleme von Unterfinanzierung bis Medikamentenmangel aufmerksam machen.

„Leider ist keinerlei Besserung in Sicht“, sagt Florian Nagele, Pressesprecher vom Bayerischen Apothekerverband für Rosenheim. In den vergangenen Jahren habe es mehrere groß angelegte Protestaktionen mit Großkundgebungen gegeben. Doch diese hätten nicht das gewünschte Ergebnis erzielt. „Unser Minister stellt sich in keiner Weise seiner Verantwortung: Die Stabilisierung des Gesundheitswesens und Rahmenbedingungen zu schaffen, die die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung sicherstellen“, sagt Nagele.

In Rosenheim kein
Protestmarsch

Bei den aktuellen Protesten könne jede Apotheke selbst entscheiden, ob und inwieweit sie an den Demonstrationen teilnehmen möchte. Schließlich sei der Aufwand für die teilnehmenden Apotheken relativ groß. Das Geschäft muss geschlossen und Notdienste eingerichtet werden. Vielleicht die entscheidenden Gründe, warum es in Rosenheim derzeit nicht nach einem Protestmarsch aussehe.

Annette Reindl, Leiterin der Apotheke im Bahnhof von Rosenheim und der Christkönig-Apotheke am Kardinal-Faulhaber-Platz, hat bislang von keinen geplanten Aktionen am 1. Mai in Rosenheim gehört. Gründe dafür gebe es aber genug. „Wir kämpfen schon lange dafür, dass sich etwas verändert“, sagt sie.

Nur in einem Bereich sieht sie eine Verbesserung: „Die Situation um die Medikamente ist schon etwas besser geworden.“ Allerdings kamen mit den niedrigen Temperaturen der vergangenen Wochen auch Grippe und Erkältungen zurück. Antibiotika sind weiterhin Mangelware, aber immerhin gebe es jetzt Alternativen. Dankbar ist sie für das Verständnis ihrer Kunden. „Sie kennen die Problematik, denn es ist ja schon seit Jahren bekannt. Deswegen haben viele Verständnis für unsere Situation“, sagt Reindl.

Verzweiflung ist auch
in der Region groß

Dennoch ist die Verzweiflung auch in der Region zu spüren, weiß Florian Nagele. „Die Aktion ‚Wir sehen rot‘ soll noch mal auf die prekäre Situation der Apotheken aufmerksam machen, da das Bundesgesundheitsministerium bislang überhaupt nicht reagiert“, teilt er auf OVB-Anfrage mit.

Die Gründe für den Protest seien bekannt – Fachkräftemangel und die fehlende Unterstützung der Regierung stechen besonders hervor. Auch die „enorme Unterfinanzierung des gesamten Systems und die überbordende Bürokratie“, zählt Nagele auf. Die Lieferengpässe führen zu einer „enormen Belastung“. Bislang habe es keinerlei Reaktion seitens des Bundesgesundheitsministeriums gegeben. Nun „zeigen wir symbolisch unserem Minister die ‚Rote Karte‘, es ist zwingend notwendig, zu handeln“, sagt der Pressesprecher.

Jetzt drohen
Konsequenzen

Vor allem die Unterfinanzierung macht vielen Apothekern Sorgen. 2004 kam es zu einer großen Honorarreform. „Es wurde entschieden, dass ein wirtschaftliches Arbeiten für die Apotheke mit einem Fixhonorar pro Packung in Höhe von 8,10 Euro möglich sei“, sagt Nagele. Seit Einführung dieses Vergütungssystems sei das Honorar der Apotheker 2013 einmalig um 0,25 Euro erhöht worden. Das entspricht einer Erhöhung um gut drei Prozent in 20 Jahren.

Außerdem müsse jede Apotheke den gesetzlichen Krankenkassen einen Abschlag in Höhe von 1,77 Euro pro Packung gewähren. „Anstatt das Honorar nun endlich anzupassen, hat Minister Lauterbach stattdessen den Kassenabschlag für die Jahre 2024 und 2025 auf zwei Euro erhöht und somit das Honorar sogar nochmals gekürzt“, sagt Nagele. Somit sei wirtschaftliches Arbeiten für die Apotheker immer schwieriger. Denn auch die Kosten für Energie, Miete und Personal sind in den vergangenen 20 Jahren deutlich gestiegen.

Betriebsschließungen
liegen auf Rekordhoch

Die gestiegenen Kosten haben nun Folgen. „Jedes Jahr schließen um die 300 Apotheken, 2023 hat die Zahl der Schließungen mit 500 einen neuen Rekord erreicht“, sagt der Apotheker. Auch in Rosenheim und Umgebung geben immer mehr Apotheken auf. „Erst kürzlich zum Beispiel in der Stadt Rosenheim, in Bad Aibling und in Bayrischzell“, sagt Nagele.

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