Rosenheim – Heidi Gutschmidt fällt es schwer, in dem Behandlungsraum zu sitzen. Zu viele Erinnerungen. Erinnerungen an ihren Mann. „Sören war liebevoll, offen, hatte einen wunderbaren Humor und wollte immer den Menschen helfen“, sagt sie. Sören Gutschmidt war Heilpraktiker und hatte eine Vision. Er wollte die Schulmedizin und Naturheilweisen unter einem Dach vereinen, um seine Patienten bestmöglich behandeln zu können. Deshalb gründete er 2005 zusammen mit seiner Frau das interdisziplinäre Kurzentrum RoSana in Rosenheim. Dort habe er Großes geleistet. „Er hatte eine besondere Gabe. Er konnte mit seinen Händen sehen“, ist seine Frau überzeugt.
Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens
Und das hat ihren Mann so besonders gemacht. Er sei schon immer anders gewesen. Wollte wissen, was der Sinn des Lebens ist. Fuhr mit 14 Jahren alleine in die Schweiz, um einen Vortrag vom indischen Philosophen Jiddu Krishnamurti zu hören. „Wenn ich ihn beschreiben müsste, würde ich sagen, er war ein konservativer Freigeist“, sagt Heidi Gutschmidt. Dass er mal Heilpraktiker wird, hätte er wohl nicht gedacht.
Sören Gutschmidt wurde am 28. August 1960 in Lübeck geboren. Er wuchs als mittleres von drei Kindern auf. Die Familie zog in den Taunus, wo Gutschmidt die Mittlere Reife machte. Nach seinem Schulabschluss ging es nach München, wo er eine Ausbildung zum Messebauer machte. Dann kam der Zivildienst, der sein ganzes Leben veränderte.
„In dieser Zeit hat er seine Liebe zur ganzheitlichen Medizin entdeckt“, sagt Heidi Gutschmidt. Ihr Mann war in einer sozialen Einrichtung stationiert, wo er sich um hilfsbedürftige Menschen kümmerte. Er entschied sich, eine Ausbildung als Heilpraktiker und Homöopath zu machen. 1987 eröffnete er in München seine erste Praxis.
Drei Jahre später ging es nach Prien in die medizinische Zentrale der Schön Klinik. Zwei Jahre später ließ er sich endgültig in Rosenheim nieder und eröffnete eine weitere Praxis. Sören Gutschmidt spezialisierte sich auf die klassische Homöopathie. 1996 entschied er sich zudem für eine fünfjährige Ausbildung als Osteopath. Diese fand auf der Fraueninsel im Chiemsee in einem Kloster statt. Der Ort habe Sören Gutschmidt viel bedeutet. „Das ist auch der Grund, warum die Trauerfeier dort stattfand“, sagt seine Frau. Zur selben Zeit erkrankte Sören Gutschmidt an Hepatitis B. Nach mehreren ärztlichen Behandlungen riet ihm ein Freund zu einer Ayurveda-Kur. Dabei wird der Körper durch Heilkräuter entgiftet. Bei Sören Gutschmidt linderte sie die Krankheit. Mit Freunden ging es für weitere Kuren in eine darauf spezialisierte Klinik nach Mumbai. Es folgte eine weitere Reise Anfang 2002. Diesmal traf er auf Heidi.
„Auch mir hatte eine Therapeutin diesen Ort empfohlen“, sagt sie. In der Klinik habe es keine Zimmer mehr gegeben. Sie wohnte außerhalb. Kam für Behandlungen immer wieder dorthin. In der Silvesternacht erfuhr sie, dass weitere Gäste aus Deutschland ankamen. „Und das waren Sören und seine zwei Freunde, und ausgerechnet eine von denen hatte mir die Klinik empfohlen“, sagt Heidi Gutschmidt und lacht. Sie kamen ins Gespräch und verliebten sich mit der Zeit. „Sören hat mir angeboten, dass ich bei ihm im Zimmer bleiben kann. Er schlief auf dem Boden und ich bekam sein Bett“, sagt sie.
Gemeinsamer Plan für einen besonderen Ort
Sören Gutschmidt reiste nach vier Wochen Kur wieder zum Arbeiten in seine Praxis zurück. Heidi blieb noch anderthalb Monate in Indien. Nach ihrer Rückkehr schmiedeten sie zusammen Pläne für die Zukunft. Beide wollten eine Veränderung. Heidi Gutschmidt hatte vor ihrer Abreise nach Indien ihre Anwaltskanzlei aufgegeben und die Wohnung in Grafing aufgelöst. Sie wollte in Rosenheim neu anfangen. „Dort wollten wir ein interdisziplinäres Gesundheitszentrum aufbauen“, sagt sie. Sie wollten dort Homöopathie, Osteopathie, Ayurveda, Psychotherapie und chinesische Medizin anbieten. Also begannen sie 2003 das Kurzentrum RoSana mit zwei Gästehäusern aufzubauen. Zwei Jahre später war alles fertig. In jeden Raum steckte Sören Gutschmidt viel Arbeit und Liebe hinein. Es sei ihm wichtig gewesen, dass alles passt und „die Energie richtig fließen kann.“ Nun sitzt seine Frau in einem dieser Räume. „Es ist ein ganz besonderer Ort für ihn gewesen“, sagt sie.
Ein letztes Mal
geht es nach Italien
Ihrem Mann sei es wichtig gewesen, dass das Kurzentrum nahe an der Stadt und am Wasser liegt. Denn Sören Gutschmidt sei gerne schwimmen gegangen. Oft fuhr das Ehepaar an den Gardasee. „Dorthin ging auch sein letzter Ausflug. Deswegen findet die Seebestattung in Italien statt“, sagt Heidi Gutschmidt. Neben dem Schwimmen, sei er auch gerne wandern gewesen, machte Spritztouren mit seinen Autos, ging ins Theater und liebte Musik.
Die Anteilnahme seiner Patienten und Kurgäste des RoSana hilft Heidi Gutschmidt sehr. „Es ging ihm immer um das Wohl seiner Patienten. Er hatte eine hohe Intuition und Sensitivität, das hat ihn ausgemacht“, sagt sie. Damit habe er vielen Menschen geholfen, wieder gesund zu werden. Sören Gutschmidt starb überraschend im Alter von 63 Jahren. Seine Gabe und offene Art bleiben wohl vielen Menschen in Erinnerung.