Stillstand auf Baustellen befürchtet

von Redaktion

Schlechte Nachrichten für Autofahrer und Menschen, die gerade bauen: Seit vergangenem Dienstag wird bayernweit auf Baustellen gestreikt. Dadurch könnten sich die Arbeiten auf den Straßen, Schienen und an Häusern in die Länge ziehen.

Rosenheim – Es droht Stillstand in Rosenheim. Und der könnte den ein oder anderen nicht nur Nerven, sondern auch Geld kosten. Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) ruft Bauarbeiter in Bayern dazu auf, ihre Arbeit niederzulegen. So wurden allein am Dienstag bayernweit 40 Baustellen bestreikt. Rosenheim ist bisher verschont geblieben, teilt die IG Bau auf OVB-Anfrage mit.

Unklarheit über
Streiks in Rosenheim

Betroffen von den Streiks könnten ab sofort aber alle Baustellen im Freistaat sein – von Straßenbaumaßnahmen bis hin zum Häuserbau. Hintergrund ist, dass es trotz monatelanger Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern im Baugewerbe sowie einer Schlichtung (Versuch der Beilegung der Streitigkeiten unter Beteiligung eines unabhängigen Dritten) zu keiner Einigung über höhere Löhne gekommen ist.

Ob tatsächlich auch noch in Rosenheim Bagger, Kräne und Betonmischer stillstehen, will die Gewerkschaft noch nicht verraten. „Wo und wann wir genau streiken, machen wir erst kurzfristig öffentlich“, teilt Heike Stoffels, stellvertretende Regionalleiterin der IG Bau Oberbayern, mit.

Sie sagt aber auch, dass die Streiks nach dem derzeitigen Plan nur einzelne Baustellen betreffen. Die kompletten Bautätigkeiten in einer ganzen Region oder Stadt sollen hingegen nicht niedergelegt werden.

Dennoch wolle die Gewerkschaft „Druck auf die Bauunternehmen ausüben“. Insbesondere sollen Baustellen, die unter Termindruck stehen, blockiert werden. „Wir machen das nicht, weil wir da unheimlich viel Spaß dran haben, sondern weil die Arbeitgeber den Schlichterspruch nicht angenommen haben“, sagt Stoffels. Danach sollten Bauarbeiter ab Mai 250 Euro im Monat mehr bekommen, in einem Jahr wären die Löhne dann um weitere 4,15 Prozent gestiegen.

Außerdem hätten Azubis zum Start der Ausbildung bereits 1080 Euro pro Monat verdienen sollen. Da aber selbst dieser „Kompromiss“ – die ursprüngliche Forderung lag bei 500 Euro mehr im Monat – abgelehnt wurde, müsse man „sich das Recht und die Wertschätzung der Arbeitgeber irgendwo erkämpfen“, sagt die stellvertretende Regionalleiterin.

Dass die Gewerkschaft mehr Geld fordert, kann Robert Daxeder, Obermeister der Bauinnung Rosenheim und selbst Inhaber eines Bauunternehmens, nachvollziehen. „Es gibt mit Sicherheit keinen Unternehmer, der nicht erkennt, dass die Leute mehr Geld in der Tasche brauchen“, sagt der Obermeister.

Das Problem sei aber, dass die geforderte Lohnerhöhung nicht für alle Bauarbeiter gleich wäre. Auch am Bau gebe es unterschiedliche Lohn- und Gehaltsgruppen. „Die Forderung nach einem pauschalen Erhöhungsbetrag ist der falsche Weg, weil die unteren Lohngruppen weit überproportional im Vergleich zu den gut ausgebildeten Facharbeitern profitieren“, sagt Daxeder. Diese Ungleichbehandlung sei den Arbeitgeberverbänden „ein Dorn im Auge“ gewesen, sagt Thomas Knauer, kaufmännischer Leiter des Rosenheimer Bauunternehmens Grossmann.

Er ist der Meinung, dass die Details des neuen Tarifs besser verhandelt werden hätten müssen. „Dass es eine Steigerung der Gehälter braucht, ist klar, aber nicht so, wie sie jetzt gefordert wurden“, sagt er.

Dennoch kämen Streiks zur Unzeit, da sich die Baubranche momentan grundsätzlich „in einer Misere bewegt“. „Der Wohnungsbau liegt zum Beispiel schon seit Längerem im Argen“, sagt Knauer. Auch die Auftragslage sei derzeit nicht die beste.

Und Streiks könnten die Bauabläufe noch weiter belasten – vor allem im Straßenbau. „Dort würden sich Streiks direkt auf die Baustellen auswirken, insbesondere ergäben sich hierdurch Verschiebungen bei der Fertigstellung“, sagt Knauer. Staus und Verkehrsbehinderungen seien so nicht ausgeschlossen.

Der kaufmännische Leiter glaubt aber nicht, dass Rosenheim „in der Fläche“ von den Streiks betroffen sein wird – auch wenn es nicht ausgeschlossen werden kann. „Dimensionen wie bei der Deutschen Bahn werden diese dann aber nicht haben“, sagt Knauer. Damit die Situation nicht „dramatisch“ wird, sollten sich alle Parteien „nochmal an einem Tisch zusammensetzen und Lösungswege suchen – die Arbeitgeberseite jedenfalls war und ist dazu bereit“, betont Robert Daxeder. „Wenn man das macht, dann sollte es aber auch eine einheitliche Regelung geben, von der alle Arbeitnehmer gleichermaßen profitieren“, fordert Daxeder.

Forderungen sollen
erfüllt werden

Für Heike Stoffels und die IG Bau ist hingegen klar, dass so lange gestreikt wird, bis die Forderungen erfüllt werden. „Wir werden mit diesen Streiks erst dann aufhören, wenn die Kollegen am Bau auch wirklich die Wertschätzung erhalten.“

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