„Der Abschied fällt mir sehr schwer“

von Redaktion

Interview Sebastian Heindl über seine 14 Jahre in der Stadtteilkirche Am Zug

Rosenheim – Dieser Abschied wird vielen wohl sehr schwerfallen: Fast 14 Jahre lang war Sebastian Heindl der Pfarrer der Stadtteilkirche Am Zug mit den drei Pfarreien Christkönig, Sankt Michael und Sankt Quirinus. Er war ein Seelsorger im wahrsten Sinne des Wortes und versuchte immer ansprechbar zu sein für seine Gläubigen. Es war die Vielfalt der Stadtgesellschaft und der Stadtteile im Rosenheimer Westen, die ihm im Lauf der Zeit ans Herz gewachsen sind und für die er eine Begeisterung entwickelt hat. In den OVB-Heimatzeitungen blickt der 71-Jährige zurück und verrät, wo er künftig am Altar stehen wird. Denn Ende Juli tritt Sebastian Heindl in den Ruhestand ein.

Herr Pfarrer, Sie haben fast 14 Jahre lang die Stadtteilkirche Am Zug geleitet. Wie lässt sich diese Zeit am besten beschreiben?

Es war für mich eine sehr intensive, erfüllende und ausfüllende Zeit. Zwar hatte ich anfangs nicht so richtig das Gefühl anzukommen. Aber nun, nach 14 Jahren, merke ich, dass mir der Abschied sehr schwerfällt. Ich wollte nie mehr als der Pfarrer inmitten einer Gemeinde sein und bin mit dieser Zeit sehr zufrieden. Denn ich habe das Gefühl, mein Ziel erreicht zu haben.

Was war das Besondere daran?

Dadurch, dass ich im Pfarrhaus neben Kirche und neben Pfarrheim wohne, bin ich in allem was hier rundherum passiert, involviert und betroffen. Das ermöglicht mir viele Kontakte, aber auch eine Ansprechbarkeit rund um die Uhr. Ich konnte zudem viele Projekte verwirklichen. Ich denke an die Renovierung vom Pfarrheim Sankt Michael und den Beginn der Sanierung der Rosenkranzkirche in Fürstätt. Oder an den Büro-Umbau, den Jugendtreff „Logo“, den Kita-Verbund und vieles mehr. Geprägt war hier alles von einer großen Vielfalt in den Stadtteilen und einer bunten Gesellschaft.

Was ist damit gemeint?

Wir haben so viele verschiedene Gruppen hier, von den Ministranten über die Jugend bis hin zu den Senioren. Dann die polnische, die kroatische und die ukrainische Gemeinde, die Eritreer, mehrere Chöre, Musikgruppen, Caritas und den Rosenheimer Kita-Verbund. Schauen Sie, es kam auch schon mal vor, dass Obdachlose vor meiner Haustür übernachtet haben oder Arbeitslose geklopft haben oder Kinder nach dem Fußball spielen einfach nur Süßigkeiten wollten. Ich habe am Tag oft mit bis zu fünf komplett verschiedenen Gruppen zu tun. Aber ich denke, genau das ist die Aufgabe der Kirche. Räume zu schaffen, in denen Menschen Gemeinschaft erleben.

Das klingt herausfordernd.

Die Anforderungen waren stets hoch, ja. Fast die gesamte Zeit war ich ja außerdem Dekan-Stellvertreter. Aber wenn ich zum Beispiel an unser Nachbarschaftsfest mit vielen verschiedenen Gruppen denke, muss ich sagen, dass es jedes Mal ein Glücksgefühl war, alle Menschen hier gemeinsam in Freude zu sehen. Ich denke auch gerne zurück an unsere Bittgänge in Rom oder die Aktionen mit den Ministranten, an die Osterfeste. Oder die wunderbare Atmosphäre bei „Kirche und Licht“. Oder daran, dass mir zu meinem 70. Geburtstag 300 Kinder in der Kirche gratuliert haben.

Was hat Ihnen geholfen, die vielen Aufgaben zu bewältigen?

In erster Linie die Beziehungen und persönlichen Kontakte zu den Menschen, aber auch das Auseinandersetzen mit biblischen Texten. Und viel Bewegung. Ich habe so gut wie alle Erledigungen in Rosenheim immer mit dem Fahrrad gemacht, bin auch zum Joggen gegangen. Und im Schnitt einmal pro Woche zum Wandern in den Bergen.

Die Stadtteilkirche war zu Beginn Ihrer Amtszeit 2010 ein Novum. Wie ist die Zusammenführung der drei Gemeinden gelungen?

Es ging langsam, aber kontinuierlich. Inzwischen haben wir gemeinsame Sitzungen mit allen Gremien. Die Menschen erfahren direkt, was in der anderen Gemeinde los ist und sie können sich gegenseitig unterstützen. Die Devise war, dass wir zusammenführen, was geht und sinnvoll ist. Zugleich soll jede Gemeinde ihr Profil bewahren und ihre Eigenständigkeit behalten. Dadurch wurde klar, dass es verschiedene Schwerpunkte gibt, verschiedene Traditionen, die man gegenseitig wertschätzt und besucht. Die Ehrenamtlichen haben sich gut darauf eingelassen. Zugegeben, die Namensfindung war eine äußerst komplizierte Sache. Aber wir haben versucht, das als demokratischen Prozess anzulegen. Und es hat schließlich geklappt.

Gab es auch schwierige Zeiten?

Ganz klar die Corona-Pandemie. Der ansonsten frohe, frühlingshafte Palmsonntag war 2020 sehr traurig, weil quasi nichts stattgefunden hat. Das werde ich nie vergessen. Aber wir haben das gut überstanden und die Möglichkeiten der modernen Technik genutzt. So konnten wir mit unseren Gläubigen in Kontakt bleiben. Hier bedanke ich mich bei meinem Team, mit dem ich immer gerne zusammengearbeitet habe.

Mit der Stadtkirche stehen in Rosenheim erneut Veränderungen an.

So ist es. Die neue Stadtkirche braucht sehr viel Geschick in der Organisation. Personell ist sie ein notwendiger Schritt. Im Nachhinein betrachtet, hatten wir in der Zusammenarbeit mit meinen Kollegen Daniel Reichel und Andreas Maria Zach schon wichtige Weichen gestellt. Der Bereich der Zuständigkeiten entsprach ungefähr auch dem Stadtgebiet. Mit dem Erntedankfest und mit Fronleichnam zeigen wir zum Beispiel, was möglich ist.

Gehen Sie den Weg der Stadtkirche weiter mit?

Nein, ich habe mich bewusst entschieden, zum Eintritt in den Ruhestand räumlich Abstand zu nehmen. Ich ziehe Ende Juli nach Traunstein. Dort war ich bereits als Stadtpfarrer tätig. Am 21. Juli wird es in Christkönig die Möglichkeit geben, Abschied zu nehmen und zurückzublicken. Das wird mir schwerfallen. Interview: Martin Aerzbäck

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