Politische Kunst beschmiert und angezündet

von Redaktion

Beschmiert und angezündet: Vor der Städtischen Galerie in Rosenheim wurden zwei Kunstwerke massiv beschädigt. Bei den Werken geht es um Migration und Klimawandel. Was zu der Tat bekannt ist.

Rosenheim – „Uns war klar, dass die Kunstwerke provozieren“, sagt Dr. Olena Balun, Vorsitzende des Kunstvereins Rosenheim. Der Angriff auf zwei Kunstwerke der aktuellen Ausstellung der Städtischen Galerie sei doch „erschreckend“, wie sie am Telefon erzählt. Bei den Werken handelt es sich um Arbeiten der Künstler Max Erbacher und Hermann Josef Hack. Erbachers Bild ist ein großes Schild auf der Grünfläche der Galerie mit den Worten „Dieser Ort kann Ihre Gefühle verletzen“. Darauf wurden mit orangefarbenem Spray ein Kreuz sowie ein Pfeil geschmiert. Hacks Kunstinstallation war ein „bewohnbares Bild“. Eine bunt bemalte Zeltplane an der Mauer der Galerie, die Schutz bieten soll. Sie ist Teil des stadtweiten Kunstprojektes „Zuflucht Zukunft“, wobei es um die Zusammenhänge zwischen Klimawandel und Migration geht, sowie darum, konstruktiv nach Lösungen zu suchen.

„Die Videoaufzeichnung der Kamera an der Stadtgalerie hat die Tat festgehalten“, erzählt Balun. „Man sieht, wie eine männliche Person mit dem Fahrrad anhält, das Rad fallen lässt und in Richtung der Installation geht“, sagt Balun. Dann habe sich die Person kurz vor dem Kunstwerk aufgehalten und sei wieder davongeradelt. Das Ergebnis der Attacke: Die Plane ist zerschnitten und wurde angezündet. Vonseiten des Vereins wurde Anzeige erstattet.

„Es ist nicht das erste Mal, dass eine Arbeit von mir zerstört wurde“, sagt Hack. „2015 wurde eine Installation für die Opfer des Klimawandels von Neonazis demoliert und mit Parolen beschmiert, sodass der Staatsschutz tätig wurde.“ Für ihn ist das allerdings ein Beweis der Wirkung seiner Kunst, der „mehr über die Täter aussagt als über mich.“

Erst am 9. Juni wurde die Ausstellung mit den beiden beschädigten Werken eröffnet. Balun zeigt sich schockiert, dass die Installationen bereits nach so kurzer Zeit „heftig angegriffen und massiv beschädigt“ wurden. „Beide Werke kommunizieren brisante politische Inhalte. Die Angriffe zeigen, wie unangenehm für gewisse Menschen diese Konfrontation mit den Themen der Umweltkrise, Flucht und Rechtsradikalismus ist“, sagt die Vereinsvorsitzende. „Dass die Kunst zur Projektionsfläche für Aggressionen wird, ist nicht neu, aber ist auch ein besorgniserregendes Symptom für unsere Gesellschaft.“

Dr. Ulrich Schäfert vom Fachbereich Kunstpastoral der Erzdiözese München und Freising meint für die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Rosenheim, auf deren Einladung Hack nach Rosenheim gekommen war: „Das gezielte Vorgehen gegen das Bild mit Messer und Brandstiftung weist darauf hin, dass hier das Themenfeld Klimawandel und Migration wohl etwas bei der betreffenden Person ausgelöst hat, auf das mit Abwehr und Aggression reagiert wird.“ Es bleibe eine große gesellschaftliche Aufgabe, die Herzen für die Schicksale von Menschen zu öffnen, die unmittelbar von den dramatischen Folgen des Klimawandels und der bedrückenden Situation der Flucht betroffen seien.

Trotz des Angriffs werden die beiden Werke weiter vor Ort zu sehen sein. „Die beschädigte Installation bleibt als Mahnmal, dass nicht alle an einer friedlichen Lösung unserer Herausforderungen interessiert sind und hier noch viel Arbeit zu leisten ist“, entschied Hack. Alle Kunstwerke sind bis Mitte Juli in Rosenheim zu sehen.

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