Rosenheim – „Was da entsteht? Lasst euch überraschen!“ Mehr will Künstler Daniel Westermeier, alias Mr. Woodland, nicht verraten. Denn: „Ein Teil der Kunst im öffentlichen Raum ist auch, dass die Leute ihr beim Entstehen zusehen und miterleben können, wie es am Ende aussieht.“
Es ist Ende Juni. Schon seit einer Weile ist Westermeier an diesem Tag, dem Auftakt seines Schaffens, am Malen. Immer wieder steigt und senkt sich die Hebebühne. Mal wird gesprüht, mal gemalt, mal mit dem Farbroller gearbeitet. Immer wieder gesellen sich Leute dazu. Manche gucken nur für eine Weile zu. Andere filmen, fotografieren. Mr. Woodlands Kunstschaffen zieht Aufmerksamkeit auf sich.
Ein Hingucker am Rande der Altstadt
„Als wäre es schon immer da gewesen. Ein schönes, farbliches Highlight am Rande der Altstadt“, schreibt Manuela M. in einer Rezension auf Google Maps über das Mural „Dare to Believe 01“, das Bild, ebenfalls aus Mr Woodlands Hand, das vier Jahre lang hier die Hauswand schmückte. Inzwischen ist es verschwunden und allmählich kann man ein neues Motiv erkennen. Sichtlich wird es wieder eine Wiederholung des Astronauten-Motivs, mehr will Westermaier aber nicht sagen. „Warum ich es übermale? Nun, da wäre erst mal der praktische Grund, dass die Farben des alten Bildes stark ausgeblichen waren.“
Warum nicht das vorherige Werk wiederherstellen? „Das würde in etwa die gleiche Zeit brauchen, wie etwas völlig Neues zu schaffen. Und das finde ich einfach die bessere Lösung“, meint der Künstler. „Denn vor allem gehört es bei dieser Art Kunst dazu, dass man auch mal etwas durch Neues ersetzt. Zudem habe ich diesmal auch gleich zwei Hauswände als Leinwand zur Verfügung gestellt bekommen.“
Mr. Woodland wuchs in Erding auf und lebt bis heute dort. Bereits im Alter von zwölf Jahren malte er 1993 sein erstes Graffiti an der örtlichen Herzog-Tassilo-Realschule. Seine Inspiration dafür waren bunte Bilder an der Zuglinie und in der Hip-Hop-Kultur. Nachdem Westermeier zunächst das Pseudonym „MONO“ als Künstlernamen verwendete, übernahm er ab 2004 – entstanden durch einen Witz, der seiner Statur gewidmet war – den Künstlernamen Mr. Woodland. Der studierte Grafikdesigner arbeitet seit 2014 als freischaffender Künstler. Neben seinem Beitrag zum „Transit Art Festival“ 2020 in Rosenheim wirkte er 2021 auch bei der künstlerischen Gestaltung der ehemaligen Essigfabrik in Wasserburg mit.
Ein Maler, der auch zur Sprühdose greift
Er selbst sieht sich nicht als Graffitikünstler, erklärte er den OVB-Heimatzeitungen bereits 2020. „Für mich ist die Sprühdose nur ein Werkzeug – wie ein Pinsel auch.“ Er bevorzuge die Bezeichnung „Maler, der auch zur Sprühdose greift“. Eine Beschreibung seines Stils fällt ihm schwer. „Ich mache mir da wenig Gedanken darüber, wie man das nennt.“ Er sei sehr stark beeinflusst von klassischer Malerei. „Es ist zeitgenössische Kunst, was ich mache, und immer figürlich. Man könnte es als klassische Malerei, gepaart mit grafischen Elementen bezeichnen.“
Mr. Woodland organisiert auch Kunst-Workshops für Jugendliche und gestaltete erst vor Kurzem die Fassade des ehemaligen Krankenhauses in Wasserburg, in welchem nun eine Flüchtlingsunterkunft ist. Westermeier war 2020 zudem Mitveranstalter des „Transit Art Festivals“. Auch in diesem Jahr wird er wieder eine beratende Rolle übernehmen, wie Organisatorin Monika Hauser-Mair berichtet.
Hinauf und hinab, manchmal auch ein wenig zur Seite bewegt sich die Hebebühne, von der aus Westermeier an dem Bild für das aktuelle „Transit Art Festival“ arbeitet. Gerade hat er mehrere Kübel mit Farbe hinauf gewuchtet. Als er sie öffnet, entfährt ihm ein Freudenschrei: „Wunderbar, perfekt!“, ruft er in Richtung seiner Frau, die das Arbeitsmaterial für ihn organisiert hat. „Wieder ideal geworden!“, lobt er und macht sich sogleich daran, die nächste Fläche des neuen Kunstwerks auszumalen. Stück für Stück arbeitet er so seine vorher aufgebrachte Skizze ab.
Ein Gemälde auf
180 Quadratmetern
Etwa 180 Quadratmeter Hauswand soll das Werk am Ende bedecken. Das ist – zumindest an diesem Tag – eine besonders fordernde Arbeit. Bis zu 34 Grad hat es draußen. Westermeier legt immer wieder Pausen ein. Auf seiner Hebebühne bietet ihm ein kleiner Sonnenschirm etwas Schutz vor der Hitze. Schritt für Schritt geht es weiter und das Werk wird immer mehr Realität. Insgesamt eine Woche wird er bis zur Fertigstellung des Murals benötigen, schätzt Westermeier. Wer ihn also in Aktion erleben will, kann dies noch voraussichtlich die erste Juli-Woche über tun, beispielsweise im Rahmen des Esbaumfests am Samstag, 6. Juli.