Rosenheim – Zum 1. Juli gab es einen großen Wechsel bei der Stadt Rosenheim. Der bisherige Leiter des Dezernats für Schule, Sport, Kultur, Soziales und Jugend, Michael Keneder, geht nach 33 Jahren in den Ruhestand. Auf ihn folgt Christian Salberg. Im exklusiven Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen verrät der neue Sozialdezernent, welche Pläne er für Rosenheim hat, warum sich bei den Pflegeangeboten etwas verändern muss und wie zusätzliche Kita- und Grundschulplätze geschaffen werden sollen.
Was macht denn ein Sozialdezernent genau?
Der Sozialdezernent hat die Aufgabe, den Stadtrat und die Gremien, also den Jugendhilfeausschuss, den Sozialausschuss sowie den Oberbürgermeister umfassend zu beraten. Er soll ein Impulsgeber für das Dezernat Schule, Sport, Kultur, Soziales und Jugend sein und die einzelnen Fachbereiche steuern.
Warum haben Sie sich für die Stelle in Rosenheim entschieden?
Weil ich hier einfach die meisten Fähigkeiten und Kenntnisse einbringen kann. Ich habe schon früher beim Landratsamt Ebersberg als Abteilungsleiter für Jugend, Familie und Demografie gearbeitet. Da war ich in Teilen schon in Themen involviert, die ich auch jetzt hier übernommen habe. Zudem habe ich nach einer neuen Herausforderung gesucht. Nun hat sich mir die Gelegenheit geboten, die soziale Entwicklung meiner Geburts- und langjährigen Heimatstadt prägend mitzugestalten. Das ist die Krönung meiner beruflichen Laufbahn.
Ihr Vorgänger war 33 Jahre im Amt. Gehen Sie seinen Weg weiter oder bringen Sie frischen Wind rein?
Mein Vorgänger Michael Keneder hinterlässt mir ein wohl bestelltes Aufgabenfeld und sehr motivierte Mitarbeiter. Und was die Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe betrifft, war seine Arbeit zielführend, zukunftsorientiert und richtungsweisend. Gerade diese Sozialraumorientierung war ein wesentlicher Beweggrund, warum ich mich in Rosenheim beworben habe, weil sie für ein gemeinschaftliches Handeln und eine gemeinsame Weiterentwicklung zum Wohle unserer Bürger steht.
Gibt es dennoch etwas, das Sie in Rosenheim unbedingt verändern möchten?
In Ebersberg haben wir vor einigen Wochen ein Kompetenzzentrum für Barrierefreiheit und Pflege eingeweiht. Das ist ein Pflegestützpunkt mit einer Wohnraumberatung und einer barrierefreien Musterwohnung. Dort kann sich jemand, der sich zum Thema Pflege Informationen einholen möchte, neben Auskünften zu Ansprüchen und Anträgen auch darüber informieren, wie er seine Wohnung ertüchtigen kann, sodass er dort trotz Einschränkungen wohnen bleiben kann. Und man kann barrierefreie Musterwohnungen besuchen. So ein Kompetenzzentrum wäre auch in Rosenheim schön. Aber man muss aufpassen, dass man nicht vorgefertigte Dinge mitbringt. Es ist immer wichtig, dass man sich vor Ort zusammen mit den Trägern einen Überblick verschafft und bedarfsgerecht entscheidet, was die Stadt braucht.
Was könnte die Stadt in Zukunft brauchen?
Dass man die Idee der Sozialraumorientierung auf den Bereich der Senioren ausweitet. Das bedeutet, dass man um die Senioren herum eine Art sorgende Gemeinschaft bildet und etabliert. Damit soll jeder möglichst lang in seinem gewohnten Lebensumfeld bleiben können und nicht auf eine stationäre Pflege angewiesen sein, bloß weil man eine Beeinträchtigung hat. Es ist mir wichtig, dass auch die Sozialraumträger und alle Spezialisten mitmachen, weil wir eine umfassende Expertise brauchen, damit wir die Senioren adäquat betreuen können.
Und wenn es zu Hause nicht mehr geht, reicht das Pflegeangebot in Rosenheim aus?
Die Pflegebedarfsplanung vom November 2023 weist einen Bedarf an Kurzzeitpflege- und Tagespflegeplätzen aus. Darüber hinaus werden Entlastungsmöglichkeiten für Angehörige pflegebedürftiger Menschen benötigt. Dafür müssen neue Fachkräfte gewonnen werden. Auf die allgemeinen Lösungsansätze, wie die Auflösung der Fachkraftquote, die Übertragung von mehr Kompetenzen auf Hilfs- und Assistenzkräfte oder die unbürokratische Anerkennung ausländischer Qualifikationen , haben wir als Stadt keinen Einfluss, da wir keine Pflegeeinrichtungen betreiben. Wo ich Einfluss nehmen möchte, ist, dass wir bezahlbaren Wohnraum für Fachkräfte in der Pflege finden. So kann es gelingen, dass Fachkräfte nach Rosenheim kommen. Und dann müssen wir die häusliche Versorgung stärken, also quartiersbezogene Versorgungsketten schaffen.
Einen Mangel gibt es auch bei Kita-Plätzen – haben Sie schon eine Lösung?
Wir werden mit Hochdruck die Kita-Neubau-Projekte vorantreiben, um bedarfsorientiert Kita-Plätze für die Eltern zur Verfügung stellen zu können. Und natürlich stehen wir auch mit allen Vermietern und Eigentümern in Bestandsgebäuden eng im Austausch, damit wir auch dort möglichst zeitnah Kita-Plätze generieren können.
Wo sollen neue Plätze entstehen?
Zum Beispiel sollen am Campus des Sportbunds in der Pürstlingstraße mit einem Hort und einer Kindergarten-Gruppe zusätzliche Kita-Plätze geschaffen werden. Der Hort in Pang wird um drei Gruppen aufgestockt, der Hort in Westerndorf um zwei Gruppen und an der Kinderkrippe in Aising wird ein Mehrzweckraum für eine Krippengruppe angebaut. Auch am Kindergarten Apostelkirche soll es mit einem Anbau Platz für zwei neue Kinderkrippengruppen geben. Dazu entstehen an der Baywa-Wiese eine Krippe und zwei Kindergarten-Gruppen. Und wir denken darüber nach, den Waldkindergarten um einen Bauwagen zu erweitern. Zudem bauen wir die Kindertagespflege aus.
Mehr Platz braucht es auch in den Grundschulen…
Den Bau einer dreizügigen Grundschule im Rosenheimer Norden hat die Stadt bewusst aufgegeben. Aus mehreren Gründen: Der Baubeginn war nicht absehbar und der Standort hätte an sich keine stadtweite Entlastung gebracht, da die Schule sehr weit im Norden des Stadtgebiets wäre und die 300 zusätzlichen Plätze erst im Endausbau bis 2030 benötigt werden. Vor dem Hintergrund wollen wir es anders machen. Wir schaffen an drei bestehenden Grundschulen zusätzliche Plätze. Wir beginnen jetzt an der Grundschule Pang, danach in Fürstätt und danach in Westerndorf. Dort bauen wir sukzessive jeweils einen Zug, das sind vier Jahrgangsstufen mit einer Klassenstärke von 25 Kindern, auf. Dazu wollen wir in den nächsten Jahren etwa 350 neue Ganztagesplätze im Grundschulbereich schaffen.
Interview: Julian Baumeister