Rosenheim – Es war eine grausige Entdeckung, die Reimund Eberlein auf einer seiner letzten Radtouren durch Rosenheim machen musste. Morgens gegen 9 Uhr sah er kürzlich auf der Miesbacher Straße zwischen dem Kaufland und der Mangfallstraße mitten auf der Straße eine große Blutlache. Die Schleifspuren führten von der Stelle weg ins Gebüsch im Straßengraben. „Dort lag dann ein toter Rehbock“, sagt Eberlein. Der Rentner ist sich sicher: Das Tier wurde bei einem Unfall getötet. Schließlich sei das Reh noch leicht warm gewesen und habe aus dem Maul geblutet. So ein Unfall sei dort aber nicht zum ersten Mal passiert.
Mehrere tote Tiere
auf der Straße
„Allein in den vergangenen Wochen lagen da zwei tote Rehe und ein Hase“, sagt Eberlein. Immer im gleichen Bereich der Miesbacher Straße – ungefähr dort, wo die Brücke kurz vor der Einmündung in die Aisinger Straße über den Kaltenbach führt. „Das ist mitten im Stadtgebiet“, sagt Eberlein. Er vermutet, dass die Tiere auf der gegenüberliegenden Wiese nach Nahrung suchen und beim Wechseln der Straßenseite von den Fahrzeugen erfasst werden. „Wahrscheinlich in der Nacht“, sagt Eberlein.
Da der Rosenheimer von einer Unfallflucht ausging, meldete er den Fund der Polizei, die den Vorfall aufnahm. Einen Anstieg der Wildunfälle auf der Miesbacher Straße kann dort allerdings nicht festgestellt werden, teilt Hauptkommissar Robert Maurer auf OVB-Anfrage mit. In den vergangenen zwölf Monaten gab es auf der Strecke zwischen Kaufland und dem Schwaiger Kreisel drei Unfälle mit Rehen. In den drei Jahren davor seien es sieben, sechs und zwei Stück gewesen.
42 Wildunfälle
in Rosenheim
Ansonsten sind Wildunfälle im Stadtgebiet aufgrund der dichten Bebauung sehr selten, sagt Maurer. Bisher habe es in diesem Jahr 26 Stück im Stadtgebiet gegeben. 2023 waren es 42. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum ereigneten sich allein auf den drei Verbindungsstraßen nach und von Riedering 35 Wildunfälle. Das sei auch die Stelle mit den meisten Unfällen im Zuständigkeitsbereich der Rosenheimer Polizei, berichtet der Hauptkommissar.
In der Stadt komme es am häufigsten auf Straßen, die an ein Waldgebiet angrenzen, wie zu Beispiel der Brannenburger Straße bei Pang oder der Verbindungsstraße nach Großkarolinenfeld/Schechen zu Kollisionen mit Wild. Rund die Hälfte der Tiere überlebt die Unfälle nicht, sagt Maurer. Daher wünscht sich Reimund Eberlein, dass auch im Stadtgebiet mehr für den Schutz der Tiere getan wird. Sein Vorschlag: Die schwarzweißen Leitpfosten, die in regelmäßigen Abständen am Straßenrand stehen, mit blauen Reflektoren zu versehen. Das könnte die Zahl der Unfälle reduzieren, sagt der Rentner.
Reflektoren helfen
nur bedingt
Dass diese Maßnahme helfen könnte, bestätigt Ramona Fehringer, Expertin für Wildunfälle beim Jagdverband Bayern. „Die Reflektoren wirken erfahrungsgemäß in den ersten ein, zwei Jahren durchaus“, sagt Fehringer. Bei den Reflektoren wird das Licht der heranfahrenden Autos in Richtung der Fläche neben der Straße reflektiert. So soll das Wild glauben, dass das Fahrzeug von vorne kommt und in der Wiese oder am Waldrand stehen bleiben, erklärt die Wild-Expertin. Dieser Effekt verringere sich aber nach einiger Zeit, da sich die Tiere an die Lichtreflexion gewöhnen und als nichts mehr „Fremdes“ ansehen. Dadurch seien die Rehe wieder weniger vorsichtig.
Helfen könnte auch ein Wildschutzzaun. Allerdings sei es „sehr schwierig“, den ganzen Bereich entlang der Miesbacher Straße einzuzäunen, sagt Christoph Zillmer, der für die Hegemeinschaft – dem Zusammenschluss der Jagdausübungsberechtigten mehrerer benachbarter Reviere – Rosenheim zuständig ist. Zudem sei es üblich, erst über Wildschutzmaßnahmen nachzudenken, wenn es auf der Strecke regelmäßig zu fünf oder mehr Wildunfällen komme.
Keine Maßnahmen
zum Schutz geplant
Zillmer sagt aber auch, dass es im Bereich der Brücke über den Kaltenbach öfter zu Wildwechsel kommt. „Die Rehe ziehen da an der Kalten entlang“, sagt er. Daher könnten auch dauerhafte Verkehrsschilder, die vor der Gefahr waren, eine Option sein. Wie Christian Baab, Pressesprecher der Stadt Rosenheim mitteilt, gebe es jedoch dafür aufgrund der geringen Anzahl an Wildunfällen „keine Notwendigkeit“. Für Ramona Fehringer gibt es sowieso eine viel „effektivere“ Maßnahme: „Wenn man an diesen Stellen langsamer fährt, könnte man sehr viel verhindern.“