Leserforum

Nach Bürgerentscheid: Diskussion um Biotonne geht weiter

von Redaktion

Zur Berichterstattung über den Bürgerentscheid zur Biotonne und die Reaktionen darauf in Form von Leserbriefen zum Thema (Lokalseiten):

Nun ist es amtlich: Die Wahlbeteiligung lag bei 48 Prozent, das Quorum wurde deutlich überschritten. 72 Prozent der Wähler stimmten mit ‚Nein‘ gegen die Einführung der Biotonne und somit für die Beibehaltung des Bringsystems. Dies ist eine demokratische Bürgerentscheidung.

Das System mit den Wertstoffinseln hat sich in der Stadt Rosenheim bewährt. Es ist ein Ergebnis des damaligen Volksentscheides „Das bessere Müllkonzept“. Jetzt ist es jedoch an der Zeit, das System zu verbessern. Ziel ist eine höhere Erfassungsquote, eine bessere Verwertung der organischen Abfälle, eine höhere Reinheit der gesammelten Wertstoffe sowie eine weitere Dezentralisierung und eine höhere Dichte der Standorte für Grüngut-Sammelcontainer. Hierbei gibt es noch viel zu tun.

Dies kann nur mit einer proaktiven Vorgehensweise der Stadt Rosenheim erreicht werden. Das bedeutet verstärkte Information und Aufklärung, vor allem auch an und um die Wertstoffinseln, sowie entsprechende Kontrollen und damit verbundene Bußmaßnahmen gegen Personen, die mutwillig oder fahrlässig Müll rechtswidrig abladen. Müllsünder müssen konsequent verfolgt werden.

Die Stadt Rosenheim bietet ein breit gefächertes Angebot mit Bring- und Abholsystemen im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Damit diese Angebote noch mehr angenommen werden, bedarf es großer Anstrengungen. Vor allem ist ein Mentalitätswandel in möglichst allen Kreisen der Bevölkerung notwendig. Müllvermeidung und das Bewusstsein für Kreislaufwirtschaft müssen in die Köpfe der Menschen gelangen.

Fritz G. Schott

Rosenheim

Man muss sich schon wundern, warum sich die Rosenheimer mit Händen und Füßen gegen eine Biotonne wehren. Das jetzt beschlossene Bringsystem wird nicht funktionieren. Die Bürger, die sich vor dem Gestank der Biotonne fürchten, werden sicher nicht den Biomüll in ihrer Küche sammeln, um ihn dann wöchentlich am Container zu entsorgen. Folglich wird der Biomüll weiterhin in der Restmülltonne entsorgt. Die Restmüllmenge bleibt gleich. Das Entsorgungssystem mit Containern und neuem Abholfahrzeug bringt zusätzliche Kosten ohne Mehrwert. Die Kosten pro Tonne Biomüll werden in Folge deutlich höher sein als bei der verschmähten Biotonne. Dazu gibt es zukünftig im Stadtrat hoffentlich eine Anfrage an die Verwaltung.

Absurd wird es, wenn jetzt Stadtrat Weigel in Leserbriefen „bizarre Unwahrheiten“ unterstellt werden. Die Haltung von Herrn Weigel entspricht genau dem von der Stadtverwaltung präferierten Vorschlag aus der Voruntersuchung. Nachlesen kann man das alles in den öffentlich zugänglichen Protokollen der Stadtratssitzungen. Zitat aus VO/2021/ 0349: „Aus Sicht der Verwaltung ist daher die Einführung einer verpflichtenden Biotonne entsprechend Variante 1.1 am wirtschaftlichsten und am sinnvollsten.“ Aber auf die Grünen eindreschen ist sicher einfacher und hat sich sowieso als neuer Volkssport etabliert. Informieren ist da nur hinderlich.

Im Übrigen ist das Kreislaufwirtschaftsgesetz eindeutig: Der Biomüll muss getrennt gesammelt werden. Wer schon einmal außerhalb Rosenheims gelebt hat, weiß, dass das System Biotonne dort recht gut funktioniert. Wie kann es also sein, dass andere Kommunen das für Rosenheim Unmögliche schaffen? Man kommt sich hier vor wie in einem gallischen Dorf.

Andreas van Eyken

Rosenheim

Die aktuelle Container-Lösung ist ein teurer Kompromiss. Der ursprüngliche Vorschlag der Grünen wäre für die Stadt wesentlich günstiger gewesen. In den vergangenen Leserbriefen wurden bedauerlicherweise einige falsche Informationen verbreitet. Meiner Ansicht nach sollten sich auch Leserbriefautoren gut informieren und nicht nur polemische Angriffe formulieren. Daher möchte ich folgende Fakten klarstellen:

Am 28. Oktober 2022 haben die Grünen im Umweltausschuss vorgeschlagen, die Biotonne im Wechsel mit der Restmülltonne zu leeren. Laut Stadtverwaltung hätte dies jährliche Zusatzkosten von etwa 4300 Euro verursacht. Dieser Vorschlag wurde jedoch von CSU, SPD und Freien Wählern abgelehnt. Stattdessen wurde ein Kompromiss gefunden, der eine wöchentliche Leerung der Biotonne vorsieht. Dieser Kompromiss wurde einstimmig, auch mit den Stimmen von CSU, SPD und Freien Wählern, angenommen.

Diese drei Parteien sind somit für die teurere Variante verantwortlich, die durch einen Bürgerentscheid nun abgelehnt wurde. Die neue Regelung, die auf einem Vorschlag des Seniorenbeirats basiert, erfordert die Anschaffung von etwa 11 neuen Containern, einem zusätzlichen Abholfahrzeug sowie Personal und Reinigungsmaßnahmen. Dies wird die Bürger voraussichtlich deutlich mehr kosten als der ursprüngliche Vorschlag der Grünen.

Vadim Justus

Rosenheim

Als haarsträubend kann tatsächlich der Umgang mit Fakten bezeichnet werden. Im Juli 2021 und Herbst 2022 wurde im Stadtrat durchgerechnet, in welchen Varianten die Einführung einer Biotonne mit unterschiedlichen Taktungen von Abholung im Wechsel mit Restmüll erfolgen könnte (siehe Niederschrift VO/ 2021/0349 und VO/2022/ 0472). Die Grünen befürworteten die kostengünstigere Lösung, stimmten allerdings der von den anderen Fraktionen bevorzugten wöchentlichen Leerung zu. Der Antrag des Seniorenbeirats gegen die Einführung einer verpflichtenden Biotonne wurde abgelehnt, weil er von falschen Annahmen ausging: Bioabfall kann nicht einfach in vorhandenen Grüngutcontainern gesammelt werden. Dazu gab es Beschlüsse des Umweltausschusses vom 21. Juli 2021 und 4. Juli 2022.

Dass letztlich doch ein Bürgerentscheid zur Biotonne durchgesetzt wurde, zur Entscheidung für ein Holsystem (Biotonne am Wohngebäude) oder das Bringsystem (Sammlung an Wertstoffinseln), ist ein wertvoller Teil unserer Demokratie. Die Informationstaktik durch die Stadt ließ dafür an Transparenz zu wünschen übrig. Ein Antrag der Grünen vom 9. Mai 2023 mit dem Ziel einer breiten Informationskampagne für Bürger wurde im Stadtrat abgelehnt.

Stattdessen konterkariert die CSU ihre eigenen Beschlüsse mit einem Flugblatt, das keine sachlichen Informationen enthielt, aber die Biotonne am Wohngebäude als teures Hölleninstrument der Grünen dämonisierte. Kein Argument, ausschlaggebend für eigene Stadtratsbeschlüsse pro Biotonne, wurde dargelegt, zum Beispiel, dass mit Biotonne am Haus deutlich höhere Sammelmengen erzielt werden, damit eine Biogasanlage rentabel betrieben oder wertvoller Humus gewonnen werden kann.

Es wird sich zeigen, wie teuer dieses Experiment am Ende für Rosenheim wird.

Claudia Schütz

Rosenheim