Rosenheim – Zu einem Stadtgespräch zum Thema „Theater für junges Publikum als Motor für die demokratische Belebung einer Stadt“ hatte das Junge Theater Rosenheim eingeladen. Als Gäste auf dem Podium waren der städtische Kulturreferent Wolfgang Hauck, die Landtagsabgeordnete und kulturpolitische Sprecherin Sanne Kurz (Bündnis 90/Die Grünen), Susanne Schemschies, Leiterin Junges Gärtnerplatztheater München, Thomas Schwarzer vom Deutschen Bühnenverein, Landesverband Bayern, Jens Köhler, Regionaldirektor von meine Volksbank-Raiffeisenbank, Sabine Konrad, Sozialarbeiterin an der Michael-Ende-Mittelschule Raubling mit Schülern, Eva Beham von der Integrierten Stadtentwicklung (ISEK) Rosenheim und Andreas Schwankl, Vorsitzender des Jungen Theaters Rosenheim. Moderiert wurde das Gespräch von Andrea Hailer, Vorsitzende des Kulturforums Rosenheim.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ging es gleich um die Kultur und das Theater als Herzstück einer Gesellschaft. Susanne Schemschies und Thomas Schwarzer verdeutlichten, wie eindrücklich das Erlebnis Bühne gesellschaftsrelevante Themen vermitteln und welchen Einfluss Bühnenerfahrung auf junge Menschen haben kann.
Regisseurin Florentine Klepper betonte die soziale Komponente, die durch eine enge Zusammenarbeit mit Schulen und Bildungseinrichtungen wie „FiTZ“ entstehen könne. Für Eva Beham ist Theater auch zuhören und auf verschiedene Perspektiven eingehen. Etwas, das sie sich in ihrer Arbeit als Stadtentwicklerin behalten will.
Dass Theater mehr ist als Text auswendig lernen, bestätigt Sabine Konrad. Sie hat mit ihren Schülern an einem Projekt des JTR teilgenommen und sieht diese Arbeit als einen großen Schritt der Persönlichkeitsentwicklung. Das bestätigen auch ihre beiden Schüler, die – nach Vorbehalten – beim Schreiben und Vortragen eigener Texte voll in die kreative Arbeit eingestiegen sind und daraus Selbstvertrauen ziehen konnten.
Im zweiten Teil der Diskussion ging es dann um einen der Knackpunkte der Kultur: die Finanzierung. Auch wenn alle Diskussionsteilnehmer die Wichtigkeit von Kultur und Theater, vor allem für Kinder und Jugendliche, zu Beginn der Diskussion hervorhoben, ist die Realität dennoch die, dass sich viele Projekte nur mit Hilfe von massiver Förderung oder Sponsoring bewältigen lassen. JTR-Gründungsmitglied Benedikt Zimmermann warf ein, dass die Einnahmen nicht, wie bei populären Unterhaltungsformaten, die Arbeitsleistung decken könnten, insbesondere, wenn das Angebot niedrigschwellig sein soll. Daher gibt es zum einen unterstützende Kräfte wie die Raiffeisenbank Rosenheim, die Kunst und Kultur im Raum Rosenheim fördert, zum anderen musste beispielsweise die JTR-Produktion „Ich werde, hoffe ich… die Tagebücher der Anne Frank und Elisabeth Block“ trotz vieler Förderanfragen ohne Budget produziert werden. Ein Großteil der nicht zu unterschätzenden Verwaltungstätigkeiten müsse ehrenamtlich bewerkstelligt werden.
Worin liegt diese Diskrepanz? Dabei kam das Gespräch auf die historisch gewachsenen Förderstrukturen in Rosenheim, die bisher nie auf professionelles Theater ausgerichtet waren. Wie Sanne Kurz hinwies, leisten sich andere Städte Bayerns mit gleicher Größe ein Stadttheater, Rosenheim nicht. Kulturreferent Wolfgang Hauck verwies auf das Kuko, die Stadtgalerie und die Stadtbibliothek als drei herausstechende Kulturinstitutionen der Stadt und die Realität, dass der Rosenheimer Haushalt eben nicht alles schaffen könnte. Zugleich wurde der Kulturetat durch die neu geschaffenen Kulturrichtlinien deutlich erhöht. Außerdem biete das sehr spezielle Fördernetz in Rosenheim mit stadtnahen Stiftungen große Möglichkeiten. Durch diese konnten in der Vergangenheit etwa 20 Prozent der Fördermittel des JTR gedeckt werden. Etwa 70 Prozent holten die Theatermacher über den Bund und Land in die Stadt.
Teil dieser Realität ist aber auch, dass die Kultur in den Förderstrukturen nicht der einzige Bereich ist, der berücksichtigt werden muss. Als Beispiel wurde der Sport genannt, was kurz zu eifrigen Debatten führte, in denen die soziale Stärke der beiden Disziplinen diskutiert und Ehrenamt und professionelles Schaffen differenziert wurden.
Thomas Schwarzer fasste zusammen, letztlich müsse der politische Wille und deshalb auch der Wille der Rosenheimer Bürger da sein. Das Schlusswort hielt Schwankl: „Es ist nicht so, dass wir nicht von unserer Arbeit leben können, wir können es nur hier nicht. Das Potenzial wäre da.“