Rosenheim – Es sind deutliche Worte, die Oberbürgermeister Andreas März findet. „Bei dieser Aktion handelt es sich um Augenwischerei“, sagt er auf OVB-Anfrage. Grund für seinen Unmut ist ein Antrag der Deutschen Umwelthilfe. Die Organisation hat in vielen deutschen Städten höhere Parkgebühren und Parkbeschränkungen für SUV-Fahrzeuge gefordert. Neben Halle und Leipzig hat es auch Rosenheim auf die Liste geschafft.
„Übermotorisierte
Stadtpanzer“
„Insgesamt 35 Menschen aus Rosenheim haben uns mitgeteilt, dass in der Stadt besonders dringend Maßnahmen gegen immer mehr und immer größere Autos ergriffen werden müssen“, sagt Robin Kulpa, stellvertretender Leiter für Verkehr und Luftreinhaltung bei der Deutschen Umwelthilfe. Somit gehöre Rosenheim zu den 150 Städten, die am häufigsten genannt wurden.
Kulpa erinnert daran, dass öffentlicher Raum in den Städten nur begrenzt zur Verfügung stehe und aktuell äußerst ungerecht verteilt sei.
„In Berlin sind nur drei Prozent der Verkehrsflächen für Fahrräder vorgesehen, aber 58 Prozent für Autos. Davon 19 Prozent allein für parkende Autos“, sagt der stellvertretende Leiter. Der SUV-Anteil steige seit Jahren stetig. Waren es 2013 nur knapp sechs Prozent bei den Neuzulassungen, seien es 2023 schon knapp 40 Prozent gewesen. „Übermotorisierte Stadtpanzer vor unserer Haustür sind längst ein alltäglicher Anblick geworden“, sagt Kulpa.
Er kritisiert, dass für die Fahrzeuge, die oft deutlich breiter als 180 Zentimeter und länger als fünf Meter sind, ein einzelner Parkplatz oft nicht ausreicht. „Somit nimmt dieses Auto auf der Straße mehr als zehn Quadratmeter Platz ein. Das ist doppelt so viel Platz, wie ein Kleinwagen benötigt“, ergänzt Kulpa. Weil der SUV-Trend auch für Umwelt und Klima drastische Folgen hat, hat die Deutsche Umwelthilfe beschlossen, aktiv zu werden. Sie fordert nicht nur höhere Parkgebühren für „überdimensionierte Fahrzeuge“, sondern auch die „konsequente Kontrolle und Ahndung von missbräuchlichem Parken über die markierte Fläche hinaus“ – etwa durch Bußgeld oder Abschleppen.
Aber genau davon hält Oberbürgermeister Andreas März wenig. Aus mehreren Gründen. „Die Idee der Deutschen Umwelthilfe ist in meinen Augen hochgradig unsozial und würde gerade Familien mit mehreren Kindern, die auf ein größeres Auto angewiesen sind, massiv benachteiligen“, sagt er auf OVB-Anfrage. Zudem erinnert er daran, dass in Rosenheim keine Parkverhältnisse wie in einer Millionenstadt wie Paris vorherrschen und im Stadtgebiet 21 öffentliche Parkhäuser und Parkplätze zur Verfügung stehen. Es sind Argumente, die Robin Kulpa so nicht stehen lassen will. Auch, weil andere Städte ihm zufolge bereits aktiv geworden sind. „Wir sehen, dass viele Städte etwas gegen den Trend zu immer mehr und immer größeren Autos unternehmen wollen“, sagt er.
So hätte beispielsweise Aachen angekündigt, nach Fahrzeuggröße gestaffelte Gebühren für Bewohnerparkausweise zu verlangen. „In vielen Städten sind Diskussionen in Gang gekommen, und wir sind optimistisch, dass hier noch viele weitere Städte unseren Anregungen folgen werden“, zeigt sich der stellvertretende Leiter für Verkehr und Luftreinhaltung bei der Deutschen Umwelthilfe überzeugt.
Keine
Antragsberechtigung
Zumindest in Rosenheim scheint man vorerst nichts anders machen zu wollen. „Die Deutsche Umwelthilfe kann so viele öffentlichkeitswirksame Anträge stellen, wie sie möchte, am Ende ist sie nach der bayerischen Gemeindeordnung nicht antragsberechtigt“, unterstreicht Oberbürgermeister März.
Das bestätigt auch Matthias Simon, Pressesprecher des Bayerischen Gemeindetags. Gemeinden und Städte könnten ihm zufolge auf den Antrag reagieren, ob sie die enthaltenen Forderungen jedoch umsetzen, sei ihnen überlassen.
Geht es nach der Deutschen Umwelthilfe, braucht es ohnehin erst einmal Veränderungen an anderer Stelle. „Die Bayerische Staatsregierung hält ihre Kommunen an der kurzen Linie“, sagt Robin Kulpa. So gebe es sowohl für die Gebühren von Bewohnerparkausweisen als auch für Kurzzeitparkgebühren viel zu niedrige Obergrenzen. „Wir fordern daher die Bayerische Staatsregierung auf, die Obergrenzen für Parkgebühren abzuschaffen, damit Städte selbst über ihre verkehrliche und städtebauliche Entwicklung entscheiden können“, ergänzt Kulpa.