„Glückskatze“ löst Polizeieinsatz aus

von Redaktion

Christa H. füttert seit Jahren Streuner in der Region. Beim morgendlichen Spaziergang fand sie eine kranke trächtige Katze, der sie sofort helfen wollte. Dass sie damit einen Polizeieinsatz auslösen würde, hätte sie wohl nie gedacht.

Rosenheim/Bad Aibling – Christa H. ahnte nicht, was an diesem bislang ruhigen Tag noch auf sie zukommen wird. Die Frau, die ihren vollständigen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, saß gerade daheim an ihrem Schreibtisch. Plötzlich habe es an der Tür geklingelt. Als Christa H. die Tür öffnete, sei sie erschrocken. Vier Polizisten mit Schutzweste und Waffen standen vor ihr. Mit einem Durchsuchungsbefehl verschafften sie sich Zutritt in die Wohnung. Der Grund: Christa H. soll eine Katze geklaut haben.

Seit Jahren für die
Streuner im Einsatz

„Vier Polizisten für eine Katze und ihre beiden Jungen, fand ich etwas übertrieben“, sagt Christa H. am Telefon. Der Schock sitze immer noch tief. Den Vorwurf, dass sie die Katzen gestohlen haben soll, kann sie nicht nachvollziehen. „Ich wollte doch nur helfen“, sagt sie.

Seit einigen Jahren füttert Christa H. Streuner rund um Bad Aibling. „Ich gehe jeden Morgen eine Runde spazieren und nehme etwas Trocken- oder Nassfutter von meinen Katzen für die Streuner mit“, sagt sie. Das habe sie auch Anfang April getan. Bei ihrem täglichen Spaziergang sei ihr wiederholt eine gefleckte Katze aufgefallen, die zur Rasse „Glückskatze“ zählt. Christa H. vermutete, dass die Katze krank sei, denn sie habe schwer geatmet. „Ich habe selber drei Katzen, ich sehe, wenn es einer nicht gut geht“, sagt sie. Christa H. habe auch erkannt, dass die Katze trächtig war. Sie informierte den Tierschutzverein Rosenheim und das Veterinäramt und brachte die Katze zum Tierarzt.

„Dort konnte bei der Katze weder eine Markierung noch ein Chip oder ein Halsband festgestellt werden, die auf einen Besitzer hindeuten. Wir vermuteten deshalb, dass die Katze herrenlos ist“, sagt Christa H. Daraufhin wurde das Tier dem Tierschutzverein Rosenheim als Fundtier gemeldet. „Die Katze war in einem schlechten Zustand“, erinnert sich Christa H. Das Tier habe schlechte Zähne und ein Magen-Darm-Problem gehabt. Der Tierarzt habe den Verdacht gehabt, dass die Katze Polypen haben könne. Dabei handelt es sich um eine gutartige fleischartige Masse, die aus der Nase und den Ohren austritt. Zudem konnte der Tierarzt eine Schwangerschaft bestätigen.

Bis zur Entbindung seien es nur noch zwei Wochen gewesen. Weil der Platz im Tierheim im April und Mai in der Regel begrenzt ist, entschied sich Christa H. dazu, die Katze mit nach Hause zu nehmen. Wenige Wochen später bekam die Katze ihre beiden Jungen. Seither sind zwei Monate vergangen. Während der gesamten Zeit habe sie mit dem Tierschutzverein Rosenheim in Kontakt gestanden. Vor allem mit der ehrenamtlichen Mitarbeiterin Anna T., die ebenfalls lieber anonym bleiben möchte.

Und dann sei plötzlich alles aus dem Ruder gelaufen. „Ein Freund hat ohne Absprache ein Foto von den Tieren ins Internet gestellt“, erinnert sich Christa H. Dabei sei der Besitzer der Katze auf das Foto aufmerksam geworden und meldete sich. Christa H. und Anna T. seien jedoch skeptisch gewesen. „Die Katze hatte nichts an sich, was auf einen Besitzer hindeutete“, sagt Christa H. „Und dann ging der Terror los.“

Die beiden Frauen wollten sich erst einmal ein Bild vom „angeblichen Besitzer“ machen. Dieser wollte seine Katze sofort abholen. „Aber das ging nicht so einfach“, sagt Anna T. Sie wollte auf Nummer sicher gehen, da die Katze nach wie vor ärztliche Versorgung brauchte und Antibiotika nehmen musste. „Ich sagte ihm, dass er nachweisen muss, dass das seine Katze ist“, sagt Anna T.

Sie habe dem Anrufer gesagt, dass sie sich mit dem Veterinäramt in Rosenheim in Verbindung setzen wird und dieses sich dann bei ihm melden würde. Noch am selben Abend habe sich Anna T. ein Beleg der Tierärztin geben lassen, in welchem Zustand die Katze gefunden wurde und wie ihr aktuelles Wohlbefinden ist. Am Abend leitete sie dieses Dokument an das Veterinäramt weiter. „Am nächsten Morgen bekam ich die Nachricht, dass vier Polizisten vor dem Haus von Christa H. standen und die Katzen holen wollten“, sagt Anna T.

Das Erlebnis sei für beide Frauen ein Schock gewesen. Verstehen können sie das Ganze immer noch nicht. „Wir haben uns schon gefragt, wie schnell dieser Durchsuchungsbefehl ausgehändigt wurde und warum vier Polizisten in ganzer Montur kommen mussten“, sagt Anna T. Eine weitere Frage sei für sie auch noch offen: „Wie konnte der Mann beweisen, dass es seine Katze ist und warum hat er diesen Beweis uns nicht einfach vorgelegt? Dann hätten wir das in Ruhe klären können.“

An den Fall kann sich Sebastian Thurnhuber, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Brannenburg, noch gut erinnern. Der Durchsuchungsbefehl sei klar gerechtfertigt gewesen, denn es habe sich um eine Straftat gehandelt. „Es lag ein Diebstahl vor, denn nach dem Gesetz ist die Katze eine Sache und wurde dem Besitzer gestohlen“, erklärt er.

Eine Frau sei mit ihren beiden Kindern auf die Polizeiwache in Bad Aibling gekommen und habe von dem Diebstahl berichtet. „Wir mussten schnell darauf reagieren, denn die Katze wurde im Internet zum Verkauf angeboten“, sagt Thurnhuber. Jeder hätte die Katze kaufen können, obwohl sie bereits einen Besitzer hat. „Deshalb hatte die Polizei den Durchsuchungsbeschluss schnell zur Hand“, sagt Thurnhuber.

Für ihn sei dieser Fall unbegreiflich. „Es handelt sich bei der Katze um einen Freigänger. Sie verbringt also viel Zeit in der Natur und kommt nicht jeden Abend nach Hause“, sagt Thurnhuber.

Außerdem sei die Katze mit 13 Jahren in einem „respektablem Alter“. Es sei also nicht ganz ungewöhnlich, dass sie gesundheitlich nicht mehr ganz fit ist. „Nun fordert die Frau von dem Besitzer das Geld für die Tierarztkosten zurück“, sagt er. Der Besitzer habe nicht um diese Behandlung gebeten. Deshalb sehe Thurnhuber geringe Chancen auf einen Erfolg für Christa H. Zudem bekam sie eine Anzeige wegen Diebstahls.

Schutzweste und
Waffe sind Vorschrift

Das Vorgehen der Polizei sei laut Thurnhuber richtig verlaufen. „Das Tragen einer Schutzweste und einer Dienstwaffe ist für Polizeibeamten in Deutschland Vorschrift“, sagt er. Andere Waffen habe es bei diesem Einsatz nicht gegeben. Thurnhuber betont, dass es löblich sei, sich für den Tierschutz einzusetzen. „Aber man kann nicht einfach eine fremde Katze mitnehmen und sie in seinem Keller einsperren“, sagt Thurnhuber.

Eine Behauptung, die Christa H. so nicht stehen lassen möchte. „Ich habe nicht einmal ein Keller. Die beiden Jungen schliefen in meinem Schlafzimmer und die Katzenmama ist den Polizisten an der Haustür entgegengelaufen“, sagt Christa H. Trotz der Anzeige wegen Diebstahls, möchte sie sich auch in Zukunft um die Streuner in Bad Aibling kümmern.

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