Rosenheim – Elf Mädchen stehen in ihren Zauberumhängen auf der Bühne. Als die Melodie von „Harry Potter“ anfängt, beginnen sie zu tanzen. Sie bewegen sich im Takt, machen Purzelbäume und schlagen Räder. Das Publikum blickt gespannt auf die Bühne. Es kommt zum Höhepunkt: Die Ballerinas bilden einen großen Turm. Dann ist alles vorbei. Die Zuschauer klatschen und jubeln begeistert.
Vom „Dance Star“
bis „Danza Mundial“
Für die elf Tänzerinnen aus Rosenheim war es etwas Besonderes, an der Ballett-Weltmeisterschaft in den Niederlanden teilzunehmen. Eine von ihnen ist Marie Linner (9), die zusammen mit ihren Freundinnen auf der Bühne stand. Sie erinnert sich, wie aufgeregt sie war. „Da waren etwa 1000 Leute“, sagt sie. Linner tanzt schon, seit sie ein Kleinkind ist, im Ballettforum Rosenheim. „Meine Eltern waren mal Faschingsprinz und -prinzessin, also hat mich das Tanzen schon immer interessiert“, sagt die Neunjährige. Schließlich nahmen sie und ihre Mittänzerinnen an Wettbewerben teil, darunter „Dance Star“ in Zell am See und nun die Weltmeisterschaft „Danza Mundial“ in den Niederlanden.
Um dort mitmachen zu können, mussten Marie Linner und ihre Freundinnen einen Vorentscheid in München gewinnen. Nachdem sie diese Hürde gemeistert hatten, nahmen sie die neunstündige Fahrt ins niederländische Venlo auf sich.
Und der Aufwand hat sich gelohnt: Linner und ihre Tanzkameradinnen wurden Weltmeisterinnen. „Einige von uns sind in Tränen ausgebrochen“, sagt Linner.
Dieser Sieg war hart erkämpft: „Manche Mädels haben freiwillig zwölf Stunden in der Woche trainiert – sogar am Wochenende“, sagt Marianne Bröder, Inhaberin und Trainerin des Ballettforums Rosenheim. Dieser Ehrgeiz war nicht immer selbstverständlich gewesen. „Ich wollte schon lange vor Corona mit meinen Schülerinnen an Wettbewerben teilnehmen“, sagt Bröder. Aber nicht alle Eltern waren damals von der Idee begeistert. „Sie waren der Meinung, dass ihre Kinder keine Primaballerinas werden müssen“, sagt sie. Viele ihrer Schülerinnen hätten nach Corona mit dem Ballett aufgehört. Das Üben zu Hause während des Lockdowns habe ihnen nicht gefallen. „Nur noch die, die wirklich gut werden wollen, sind geblieben“, erinnert sich Bröder.
In Venlo führten die Rosenheimer Nachwuchsballerinas eine Choreografie zum Titellied von „Harry Potter“ auf, die sie seit September einstudierten. „Die Mädchen wollten einen Harry- Potter-Tanz“, sagt Bröder. So kaufte die Ballettlehrerin ihren Schülerinnen Umhänge aus einem Kostümladen und erschuf die Choreografie.
„Die Aufführung der Mädchen war rundum stimmig und gut“, sagt die Münchner Ballettlehrerin Korinna Söhn, die den „Danza Mundial“ veranstaltet. Bewertet werden bei dem Wettbewerb die Technik, die Ausführung, die Choreografie, die Musik und die Ausstrahlung der Mädchen. Die Gruppe aus Rosenheim erreichte die volle Punktzahl in allen fünf Kategorien. Sehr zur Freude von Tanzschülerin und Teilnehmerin Svea Schmittfranz (11). „Ballett war immer mein größter Traum“, sagt sie. Seit sie der Ballettschule beigetreten ist, sei sie viel selbstbewusster geworden. „Ich war früher sehr schüchtern, aber die Freunde, die ich hier gefunden habe, haben mir geholfen.“ Seitdem habe sie auch kein Lampenfieber mehr. Dass die Mädchen zusammenhalten, bestätigt auch Tanzschülerin Annika Knop (11). „Wir sind wie eine Familie“, sagt sie.
Schon viele
Autogrammwünsche
Nicht nur die Mädchen freuen sich über den Sieg. Auch Freunde und Familien sind begeistert von der Leistung der jungen Ballerinas. „Meine Freunde haben mich nach Autogrammen gefragt“, sagt Annika Knop stolz. Auch Marie Linner ist unter ihren Freunden ein kleiner Star. „Sie fragen mich immer, ob ich ihnen Ballettübungen vorzeigen kann“, sagt sie.