Rotlichtmilieu: Rosenheim bleibt Hochburg

von Redaktion

Rosenheim gilt nach wie vor als Hochburg der Prostitution. Seit zwei Jahren steigt die Anzahl der Sex-Arbeiterinnen in der Stadt sogar. Die Dunkelziffer könnte allerdings noch höher sein. Woher ein Großteil der Frauen kommt und wie die Polizei die Rotlicht-Szene einschätzt.

Rosenheim – Es ist eine Nachricht, die für Aufsehen gesorgt hat. Die Zahl der gemeldeten Prostituierten ist bayernweit um über zehn Prozent pro Jahr gestiegen. Im vergangenen Jahr waren bis zum Stichtag am 31. Dezember 4968 im Prostitutionsgewerbe tätige Personen gemeldet, teilt das Bayerische Landesamt für Statistik mit. Im Vorjahr waren es noch 4508. Auch in Rosenheim gibt es Veränderungen im Rotlichtmilieu – mit steigender Tendenz.

158 Ausweise
ausgestellt

So sollen Ende 2023 163 Prostituierte in der Stadt gemeldet gewesen sein. Im Jahr davor waren es zwölf weniger, 2021 sogar nur 134. Vor Corona gab es allerdings noch 194 Prostituierte in Rosenheim. Zum Vergleich: In München sind momentan 1729 Personen – zuvor waren es 1594 – gemeldet, damit ist dort über ein Drittel aller in Bayern erfassten Prostituierten tätig. In Ingolstadt mit rund 142000 Einwohnern sind hingegen nur 158 Sex-Arbeiterinnen registriert. Dort waren es 2022 noch 185 Personen.

Inzwischen hat sich die Anzahl der Prostituierten auch in Rosenheim verändert. Derzeit seien 158 Ausweise zur Ausübung von Prostitution ausgestellt worden, teilt der städtische Pressesprecher Christian Baab auf OVB-Anfrage mit. Der Unterschied zwischen den Zahlen der Stadt und des Landesamts für Statistik komme dadurch zustande, dass die Ausweise nach zwei Jahren ablaufen und unterschiedliche Stichtage herangezogen werden, erklärt der Pressesprecher.

Warum es wieder mehr Sex-Arbeiterinnen gibt, hat für Birgit Gottwald allen voran einen Grund. Die Gründerin des Rosenheimer Vereins „Hagar Ministry“, über den Prostituierte Hilfe erhalten, glaubt, dass viele Frauen, die aufgrund von Corona wieder in ihre Heimatländer zurückgegangen sind und einen Ausstieg versucht haben, nun wieder zurückkommen. Das liege insbesondere an den geringen Verdienstmöglichkeiten in einigen der Herkunftsländer. „Mit Prostitution ist in unserem Land leichter und schneller Geld verdient“, sagt Gottwald.

Zudem könne es sein, dass die Polizeikontrollen zugenommen haben, „sodass die Prostituierten unter verstärktem Druck stehen, sich anzumelden“.

Wie ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd auf Anfrage mitteilt, werden in Rosenheim in Zusammenarbeit mit der Stadt und der Polizei regelmäßig Rotlichtkontrollen zur Überwachung der Einhaltung der Vorgaben nach dem Prostituiertenschutzgesetz durchgeführt. Ein Verstoß wegen der Ausübung verbotener Prostitution habe dabei 2023 nicht festgestellt werden können.

Vereinzelte Polizeieinsätze im Rosenheimer Rotlichtmilieu – derzeit werden der Verwaltung zufolge neun Bordelle in der Stadt betrieben – gebe es dennoch. „Meist sind das Unstimmigkeiten bezüglich der Bezahlung oder verbale Streitigkeiten“, sagt Polizeihauptkommissar Robert Maurer. Selten komme es auch vor, dass eine Frau von einem Mann körperlich angegangen oder dass etwas gestohlen wird. „Zusammenfassend sind die Einsätze aber niederschwellig und unproblematisch“, sagt Maurer.

Dass es ausschließlich in diesen Bordellen Prostitution gibt, schließt Birgit Gottwald allerdings aus. Daher sei auch die Dunkelziffer der Prostituierten, die in Rosenheim arbeiten, vermutlich deutlich höher als die bekannten 158 Personen. „Diejenigen, die in den Hotels und Ferienwohnungen arbeiten, sind sicher nicht angemeldet“, sagt Gottwald. Das sei schließlich verboten. „Dennoch geschieht es – auch in unserer Stadt“, sagt die Vereinsgründerin.

Ein Großteil der Frauen komme dabei aus Rumänien. Der Rest der Sex-Arbeiterinnen sei meist aus anderen osteuropäischen Ländern, Lateinamerika und Thailand. Ein geringer Teil sei aus Afrika oder China. Und noch geringer sei der Anteil an Deutschen – Frauen aus der Region seien so gut wie gar nicht unter den Prostituierten.

„Wir haben bei unserer Arbeit bisher nur eine kennengelernt“, sagt Gottwald, die mit ihrem Verein die Sex-Arbeiterinnen öfters in den Einrichtungen besucht und Unterstützung anbietet. Wie das Landesamt für Statistik mitteilt, sind die meisten – 76,7 Prozent – der in Bayern tätigen Prostituierten zwischen 21 und 45 Jahre alt. 3,3 Prozent sind zwischen 18 und 21 Jahre alt. 20 Prozent sind älter als 45 Jahre.

Keine
Obergrenze

Dass tatsächlich auch alle der in Rosenheim gemeldeten Prostituierten in der Stadt arbeiten, könne hingegen nicht nachgewiesen werden. Mit den ausgestellten Ausweisen könnten die Frauen bundesweit tätig sein und seien daher „in der Regel nur kurze Zeit in Rosenheim“, sagt Christian Baab. Eine Obergrenze für die Ausweise gebe es nicht.

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