Rosenheim – In neuem Glanz erstrahlen jetzt zwei geschichtsträchtige Gebäude am Ludwigsplatz. Anton Heindl, Metzgermeister und ehemaliger Rosenheimer Bürgermeister, hat dem „Stemplinger-Haus“ mit der Hausnummer 10 und dem „Metzger-Haus“ (Hausnummer 11) einen neuen Anstrich verpassen und die Fassade auf Vordermann bringen lassen.
Das „Stemplinger-Haus“ trug bis zum Jahr 1761 die Hausnummer 194. Die zwei wuchtigen und bis heute erhaltenen Arkadenbögen deuten darauf hin, dass dieses Haus den großen Stadtbrand 1642 überstanden hat. 1907 erwarb der Maler und Dichter Karl Stemplinger das Anwesen. Er betrieb ein Geschäft mit Borten und Preziosen, also allerlei Kostbarkeiten. In den 1930er-Jahren gab es dort ein jüdisches Modegeschäft und nach dem Krieg eröffnete im Haus 10 der Laden „Lilli-Kleider“.
Die zahlreichen Besitzer wechseln über die Jahrhunderte
1954 erwarb die Metzgerfamilie Heindl das Gebäude und vergrößerte den damals zu klein gewordenen Fachbetrieb. Seit 1642, also über 300 Jahre lang, wurde – sogar urkundlich nachweisbar – im „Metzger-Haus“ am Ludwigsplatz 11 das Fleischer-Handwerk betrieben. Erster Besitzer war die Familie Judt aus Saalfelden am Steinernen Meer, die das Marktrecht erworben hatte und ein Geschäft mit Produktion eröffnete.
Über die Jahrhunderte hinweg wechselte dieses Gebäude mehrmals den Besitzer bis es 1920 an Anton und Therese Heindl überging. Bis heute ist das Gebäude somit in Familienbesitz. Nachdem die vierte Generation sich beruflich anders orientiert hat, wurde die Metzgerei Heindl nach 89 Jahren an die Münchener Traditionsmetzgerei „Vinzenz Murr“ verpachtet. Seit 2018 beherbergt dieses altehrwürdige Gebäude einen hochwertigen Feinkostgemüseladen mit gepflegter Gastronomie.
Die Pächterfamilie Wölk – mit eigener Gärtnerei samt Gemüseanbau in Großkarolinenfeld – firmiert unter dem Namen „Agrar 80/20“ und bietet neben hochwertigen Köstlichkeiten auch heimisches und südländisches Gemüse, zahlreiche exotische Früchte, Feinkostspezialitäten, edle Weine und dazu einen ausgewogenen Mittagstisch samt Kaffee und Kuchen an.
Feinschmecker von damals und heute schätzen diesen Ort
Der Küchenchef verwendet viele frische Lebensmittel aus dem hauseigenen Sortiment und setzt so die überwiegend vegetarischen – teils sogar veganen – Gerichte gekonnt in Szene.
Doch was ist von der alten Metzgerei geblieben? „Ein historischer Ausleger, auch Nasenschild genannt, mit einem vergoldeten Schwein und dem Schriftzug darunter, dass in diesem historischen Gebäude seit 1647 erlesene Fleisch- und Wurst angeboten wurden“, so Anton Heindl im Gespräch mit unserer Zeitung.
Zu Fleisch und Wurst passen schließlich feines Gemüse, besonderes Obst und edle Weine sehr gut. „Denn Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“, ist der ehemalige Bürgermeister überzeugt.
Martin Aerzbäck