Rosenheim – Barbara Rother liegen Vögel am Herzen. „Immer wieder höre ich, dass es weniger Gartenvögel gibt und die Freigängerkatzen daran schuld sind“, sagt sie. Doch sie vermutet, dass es einen weiteren Grund für das Verschwinden der Vögel gibt: Bürger und Mitarbeiter der Stadt würden ihre Hecken zu oft schneiden. „Die Hecke wird gerüttelt und die Küken fallen aus den Nestern. Da blutet mir das Herz“, sagt sie. Aus diesem Grund würde sich Rother wünschen, dass die Menschen ihre Hecken erst im Herbst oder Winter schneiden – und nicht schon im Sommer.
Katzen als
größeres Problem
Markus Erlwein, Sprecher des Landesverbands für Vogelschutz in Bayern (LBV), sieht im Heckenschnitt hingegen keine Gefahr für Jungvögel. „Grundsätzlich gibt es nicht den einen Grund, weshalb es weniger Gartenvögel gibt. Da kommen immer mehrere Faktoren zusammen“, sagt er. Nur wenige Vogelarten – wie Amsel oder Rotkehlchen – würden in einer Hecke brüten. Andere Vogelarten brüten in Wandnischen, unter Hausdächern und auf Bäumen. Im August brüten Amsel, Stieglitz, Grünfink, Haussperling, Feldsperling, Zaunkönig, Türkentaube und Ringeltaube.
Allerdings stimmt er Rother zu, dass die Hecken für Vögel wichtig sind. Wenn auch aus anderen Gründen. „Gerade für Vögel, die flügge werden, können Hecken ein gutes Versteck vor den Katzen sein.“ Diese Jungvögel können meist noch nicht gut fliegen und neigen dazu, am Boden unter ihrem Nest herumzuhüpfen. Dadurch wären sie leichte Beute für die Katzen. „Die Freigängerkatzen sind definitiv ein größeres Problem“, sagt Erlwein. Der Jagdinstinkt der Katzen motiviert sie, mit ihrer Beute zu spielen, egal ob die Katze satt ist oder nicht. „Eine Katze ist nun mal ein Raubtier“, sagt Rainer Auer, Vorsitzender vom Bund Naturschutz Rosenheim. Er kann aus eigener Erfahrung bestätigen, dass die Vögel bevorzugt dort leben, wo wenig Katzenbesitzer wohnen. Neben den Katzen sieht Auer allerdings noch ein großes Problem. Nämlich die fehlenden Büsche und Bäume auf den Feldern. Diese bieten laut Auer den Vögeln Schutz und Nahrung. Das Heckenschneiden in der Stadt sieht er allerdings nicht als Problem. „Im öffentlichen Raum müssen die Hecken gestutzt werden, sonst wachsen sie bis Oktober über die Verkehrsschilder“, sagt er. Wenn die Hecken drohen, über die Schilder zu wachsen, ist das laut Christian Baab, Pressesprecher der Stadt Rosenheim, die einzige Ausnahme, weshalb manche Hecken in der Vogelschutzzeit von März bis Oktober beschnitten werden. „Das sind aber Einzelfälle“, sagt er auf OVB-Anfrage. Außerhalb dieser Zeiten werden die Hecken bis zu zweimal jährlich geschnitten. „Bevor Hecken geschnitten werden, untersucht die Stadtgärtnerei die Hecke auf Vogelnester“, sagt Baab. Sollten Nester gefunden werden, wird das Schneiden verschoben.
Tipps für
Vogelfreunde
Wer Vögeln helfen will, dem rät Rainer Auer, im eigenen Garten heimische Beerensträucher zu pflanzen. Dadurch hätten die Vögel nicht nur ein Versteck vor den Katzen, sondern auch eine Futterquelle. Markus Erlwein appelliert zum „Mut zur Wiese und Mut zur Faulheit“. „Deutsche Gärten sind oft überordentlich“, sagt er. Dabei sei es für die Natur und damit auch für die Vögel besser, wenn die Bäume und Büsche in Ruhe gelassen werden.