Rosenheim – In den vergangenen Wochen hat Claudia Schütz zahlreiche E-Mails geschrieben. An die Kirche, die Stadtverwaltung und etliche Stadträte. Gebracht hat es nichts. Die drei Hainbuchen am Hang zum Alten Friedhof an der Aisinger Kirche sind im Frühjahr gefällt worden. Zum Unverständnis von Claudia Schütz. Denn Gründe für die Fällung habe es ihrer Meinung nach keine gegeben.
Keine Anzeichen
für morsche Bäume
„Es gab keine Anzeichen dafür, dass die Bäume verkehrsgefährdend morsch gewesen wären“, sagt die Innenarchitektin aus Rosenheim auf OVB-Anfrage. Umso mehr habe sie das Vorgehen irritiert – und die Begründung. So mussten die Bäume gefällt werden, weil die Wurzeln die Standfestigkeit der historischen Friedhofsmauer gefährdet hatten, hieß es vonseiten der Kirche.
Fehlendes Gutachten
zur Friedhofsmauer
Das Problem: Ein Gutachten über die Standfestigkeit der Friedhofsmauer gibt es nicht. „In meinem ganzen mehr als 40-jährigen Berufsleben wurde vor der Durchführung von Maßnahmen ein Gutachten erstellt, mit einer genauen Untersuchung, wo das Problem liegt, damit es dann fach- und sachgerecht behoben werden kann“, sagt die Innenarchitektin. Zudem gebe es im Normalfall einen Sanierungs- und Terminplan. „All das gibt es nicht“, kritisiert sie. Stattdessen hat es am 23. Oktober 2023 einen Ortstermin mit der Umweltfachkraft der Stadt Rosenheim gegeben. Das bestätigte ein Sprecher des Erzbischöflichen Ordinariats München auf OVB-Anfrage. Im Rahmen dessen wurde ihm zufolge unter anderem bestätigt, dass die Wurzelstöcke der circa 30 Jahre alten Bäume die Friedhofsmauer nachhaltig angehoben und beschädigt haben. „Da die Bäume rechtzeitig gefällt wurden, bevor ihr Wurzelwerk größere Schäden an der Mauer anrichten konnte, gibt es auch keine Pläne für eine Sanierung der Mauer“, sagt der Sprecher auf OVB-Anfrage. Er unterstreicht nochmals, dass die Entscheidung zur Fällung der Bäume in enger Abstimmung mit der Stadt Rosenheim getroffen worden sei. In einem entsprechenden Bescheid wurde auch die genaue Anzahl der Ersatzpflanzungen geregelt. „Als Ersatz sollen fünf neue heimische Laubbäume entlang des Hanges gepflanzt werden“, bestätigt Michael Wiesheu, der stellvertretende Pressesprecher der Stadt Rosenheim. Doch eigentlich war die Vorgabe eine andere. So hat eine Nachfrage von Grünen-Stadträtin Daniela Dieckhoff in der jüngsten Sitzung des Umweltausschusses ergeben, dass eine Fällung der drei Bäume an Bedingungen geknüpft war. Vereinbart war, dass sich die Kirche erst um die Ersatzpflanzungen kümmert und anschließend die alten Bäume über einen Zeitraum von drei Jahren gefällt werden können. „Tatsächlich wurden jedoch in 2024 die drei Altbäume ohne Ersatzpflanzung gefällt“, teilte die Stadt während der Sitzung mit. Daraufhin hatte man Kontakt zur Kirchenverwaltung aufgenommen und vereinbart, dass zur nächstmöglichen Pflanzzeit – also etwa im Herbst 2024 – die fehlenden fünf Ersatzbäume nachzupflanzen sind.
Ähnlicher Fall liegt
zehn Jahre zurück
Dass sich die Kirche an die Neupflanzungen nicht immer zu halten scheint, zeigt ein Blick in die Vergangenheit. Und auch die Begründung von damals lässt aufhorchen. „Bereits vor zehn Jahren wurde die Hecke radikal entfernt. Das passierte mit dem Hinweis auf die Standfestigkeit der Mauer“, sagt Claudia Schütz. An der Mauer sei aber seitdem nichts gemacht worden. Und auch eine Nachpflanzung hat bisher nicht stattgefunden – und das, obwohl die Fällung fast zehn Jahre zurückliegt.
Vertrauen
schwer erschüttert
Die Kirche scheint darüber nicht Bescheid zu wissen. „Weitere Baumfällungen und eventuell ausstehende Ersatzpflanzungen sind uns nicht bekannt“, sagt der Sprecher auf OVB-Anfrage. Ungläubig über diese Antwort zeigt sich Claudia Schütz. „Mein Vertrauen ist schwer erschüttert. Ich behalte mir die Prüfung juristischer Schritte vor“, sagt sie.