Bezahlkarte in der Kritik

von Redaktion

Die neue Bezahlkarte für Asylbewerber sorgt für Diskussionsstoff. Sie soll verhindern, dass geflüchtete Menschen einen Teil der 460 Euro, die ihnen im Monat zustehen, in die Heimat schicken. Deshalb können mit der Karte monatlich maximal 50 Euro abgehoben werden. Ein Konzept, das nicht jedem gefällt.

Rosenheim – Es sind deutliche Worte, die Ates Gürpinar findet, wenn man ihn nach seiner Meinung über die Bezahlkarte fragt. „Eine Bezahlkarte für Menschen, die hier Schutz suchen, ist eine Schikane und billigster Populismus auf dem Rücken der Schwächsten“, sagt der Rosenheimer Bundestagsabgeordnete der Linken auf OVB-Anfrage. Statt Probleme zu lösen, stelle sie Betroffene vor viele Probleme.

Nur ein kleines Taschengeld in bar

Um den Unmut des Politikers zu verstehen, muss man einen Blick in die Vergangenheit werfen. Monatelang gab es Krach im Bundestag um die Bezahlkarte für Asylbewerber. Im Frühjahr einigte sich die Koalition schließlich darauf, dass Asylsuchende nur ein kleines Taschengeld in bar bekommen.

Der Großteil der staatlichen Leistungen sollte ihnen stattdessen in Form eines Guthabens auf eine Chipkarte geladen werden. Überweisungen ins Ausland an Freunde und Familie sollen damit unterbunden werden.

„Die bayerische Bezahlkarte wurde zur Bekämpfung von Schlepperkriminalität und illegaler Migration eingeführt“, sagt eine Sprecherin des Innenministeriums auf OVB-Anfrage. Parteiübergreifend haben sich ihr zufolge alle Länder auf die Einführung einer Bezahlkarte geeinigt, mit der man im Monat lediglich 50 Euro bar abheben kann. „Der Betrag deckt nämlich nur die Bedarfe ab, bei denen die Leistungsberechtigten in Geschäften einkaufen oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen, die Kartenzahlungen noch nicht oder nicht akzeptieren“, sagt die Sprecherin.

Sollte ein begründeter Einzelfall vorliegen, bei dem zwingend mehr Bargeld benötigt wird, etwa für medizinisch notwendige Spezialnahrung, die nur bar bezahlt werden kann, ist dies laut der Sprecherin des Innenministeriums ausnahmsweise möglich. „Das bayerische Bezahlkartensystem funktioniert“, ergänzt die Sprecherin.

Doch diese Meinung teilen weder Ates Gürpinar noch die Mitglieder des neu gegründeten Kollektivs „Bezahlkartentausch Rosenheim“, das sich aus dem Offenen Antifaschisten Plenum sowie dem Rosenheimer Kreisverband der Partei „Die Linke“ zusammensetzt. „Bezahlkarten sind nicht nur ein weiteres Symbol einer autoritären Entwicklung in der Politik, sondern schränken auch massiv die persönlichen Freiheiten der Geflüchteten ein und tragen zu einer Stigmatisierung dieser bei“, teilt das Kollektiv in einer Pressemitteilung mit.

Aus diesem Grund haben sie eine Tauschkampagne ins Leben gerufen. Geflüchtete, die im Besitz einer Bezahlkarte sind, gehen beispielsweise in einen Supermarkt und kaufen dort einen Gutschein, zum Beispiel für 50 Euro. Diesen Gutschein bringen sie zu einem der Tauschorte. Dort wird der Gutschein gegen Bargeld getauscht. „Wir geben den Geflüchteten die Möglichkeit, das Bezahlkartensystem legal zu umgehen“, heißt es vonseiten des Kollektivs. Über die Tauschkampagne weiß man auch im Innenministerium Bescheid. „Die Bevölkerung hat verstanden, dass wir Schlepperkriminalität bekämpfen und illegale Migration begrenzen müssen“, sagt die Sprecherin des Innenministeriums. Aus diesem Grund glaubt sie nicht daran, dass Menschen dauerhaft bereit sein werden, solche Gutscheine abzukaufen. „Bei diesen Tricks ist nicht von einer relevanten Umgehung des Bargeldlimits auszugehen“, fügt sie hinzu.

Oberbürgermeister:
„Ein Bärendienst“

Ähnlich äußert sich Oberbürgermeister Andreas März, wenn auch mit deutlicheren Worten. „Die Aktion wird genau das Gegenteil erreichen: Der Umtausch von Gutscheinen in Bargeld wird Vorbehalte gegen Flüchtlinge nur stärken und damit erweisen sowohl ‚Die Linke‘ als auch die Extremisten allen Integrationsbemühungen einen Bärendienst“, sagt er auf OVB-Anfrage.

Zumindest Katharina Grote vom Bayerischen Flüchtlingsbeirat sieht das komplett anders. Sie bezeichnet die Bezahlkarte als „Symbolpolitik“, die für Betroffene eine „große Belastung“ darstellt und sie vor Probleme bei der Integration stellt. „Die Bezahlkarte wird nicht dazu führen, dass weniger Geflüchtete nach Deutschland kommen“, ergänzt Grote. So würde ein Großteil der Menschen nicht aufgrund der Sozialleistungen fliehen, sondern wegen kriegerischer Auseinandersetzung und der Tatsache, dass sie in ihren Herkunftsländern nicht sicher leben können.

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