„Es war Liebe auf den ersten Blick“

von Redaktion

Buchbinderin Bettina Maier über ihre Arbeit – Anfertigung des Goldenen Buches

Rosenheim – Für Bettina Maier war es ein ganz besonderer Auftrag. Die 53-jährige Buchbindermeisterin durfte das neue Goldene Buch der Stadt Rosenheim gestalten. „Es war für mich eine Ehre, dass ich das für meine eigene Stadt machen durfte“, sagt Maier. Mit großem Eifer ging sie an ihre Arbeit, die sie so sehr liebt. Auf das Ergebnis ist die Rosenheimerin sichtlich stolz, auch wenn es einige Herausforderungen gab.

Auftrag über neun
Monate hingezogen

Der Buchdeckel des Goldenen Buches besteht aus weißen Pergament und die Seiten aus Büttenpapier. Dieses Papier wird mit einem Sieb aus einem wannenförmigen Gefäß geschöpft. Auf der Vorderseite befindet sich das Wappen der Stadt sowie der Schriftzug „Goldenes Buch der Stadt Rosenheim“, welche mit vergoldetem Silber überzogen wurde. Die Kassette, in der das Buch aufbewahrt wird, ist mit einem roten Leder überzogen. Für die gesamte Fertigung hat Maier drei bis vier Wochen Arbeitszeit gebraucht. Doch aufgrund einiger Komplikationen habe sich der Auftrag fast über ein dreiviertel Jahr gezogen.

Sowohl das Leder als auch das Pergament musste Maier extra bestellen. Zwar habe sie reichlich Material auf Vorrat, aber die gewünschte Farbe und Größe seien nicht dabei gewesen. „Schließlich ist das Goldene Buch wesentlich größer als die Bücher, die ich für gewöhnlich bearbeite“, sagt Maier. Die gewünschte Ware bekam die Rosenheimerin von einem Händler aus dem Nahen Osten. Doch aufgrund der aktuellen Lage dort musste Maier zwei Monate auf ihre Bestellung warten.

Auch der vergoldete Schriftzug hat der Buchbindermeisterin viel Arbeit gekostet. Die hauseigene Schriftart hat an einigen Stellen sehr feine Linien, dadurch sei es schwer gewesen, sie mit einem Laser auszuschneiden. „Meine ersten Versuche sind gescheitert“, sagt Maier. Millimeter für Millimeter vergrößerte sie die Schrift, bis es endlich passte. Erst dann konnte sie das Buch mit dem weißen Pergament überziehen.

Zum Schluss fehlte nur noch das Wappen der Stadt. Dieses wurde von einer Goldschmiede hergestellt. Die dreidimensionale Rose musste Maier anschließend nur noch in den Einband mit einem Kleber einbetten. Als das Buch endlich fertig war, konnte Maier endlich erleichtert aufatmen. „Es gab schon Momente, wo ich das Buch nicht mehr sehen konnte und prokrastiniert habe“, sagt Maier und lacht. Dennoch sei sie froh, dass sie dieses Projekt angegangen ist. „Ich finde, dass das Ergebnis sehr schön geworden ist“, sagt sie.

Dass die 53-Jährige mal Buchbinderin für Einzel- und Sonderfertigung werden würde, hätte sie nie gedacht. Nachdem Bettina Maier das Abitur abgeschlossen hatte, wollte sie zunächst studieren. Doch welcher Studiengang, das wusste sie nicht. „Zuerst habe ich an Geschichte oder Archäologie überlegt, aber das hat einfach nicht gepasst“, sagt sie.

Irgendwann sei sie dann auf das Thema Restauration gekommen. Für diesen Studiengang musste man vorher ein Handwerk erlernen. Maier entschied sich für den Beruf des Buchbinders. Nach nur wenigen Tagen in der Ausbildung sei sie begeistert gewesen: „Ich würde sagen, es war Liebe auf den ersten Blick“. 2000 gründete sie dann ihre eigene Werkstatt „Pappenstil“ in Rosenheim. Zunächst am Esstisch in ihrer eigenen Wohnung und später in der Herzog-Otto-Straße.

Bettina Maier liebt, was sie tut. Dass das Handwerk immer wieder um Nachwuchs kämpft, sei für sie unbegreiflich. „Ich glaube, dass der Beruf des Buchbinders einfach zu unbekannt ist“, schätzt sie die Lage ein. Doch ein handwerklicher Beruf sei sehr vielschichtig. Man erhalte Einblicke in viele unterschiedliche Bereiche, wie zum Beispiel in die Buchhaltung oder lernt den Umgang mit Kunden und Lieferanten kennen. „Im Handwerk erschaffen wir etwas durch unsere eigenen Hände und das ist das Besondere an diesen Berufen.“

Dass die Wahl für die Gestaltung des neuen Goldene Buches auf sie fiel, hing ebenfalls davon ab, dass der Beruf des Buchbinders so selten sei. „Ich war die Einzige, die sowas im Rosenheimer Umkreis anbietet“, sagt Maier.

Das bestätigt auch die Stadt Rosenheim. Bei der Vergabe des Auftrags habe man viele Kriterien berücksichtigen müssen. „Bei unseren Recherchen wurde klar, dass es fast keine Buchbindereien gibt, die handwerklich in der Lage sind, diese zu erfüllen“, sagt Michael Wiesheu, stellvertretender Pressesprecher der Stadt. Doch für Bettina Maier war das kein Problem und die Stadt Rosenheim freute sich über die „sehr gute Zusammenarbeit“.

Erster Eintrag:
Olympiasiegerin

„Das neue Goldene Buch ist ein Meisterwerk der traditionellen Handwerkskunst, das bei wichtigen offiziellen Empfängen die Stadt Rosenheim würdig präsentiert“, sagt Wiesheu. Der erste Eintrag ist auch schon bekannt: Die zweimalige Doppel-Olympiasiegerin und gebürtige Rosenheimerin Jessica von Bredow-Werndl wird sich am heutigen Montag in das Goldene Buch eintragen.

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