Herbstfest-Hochzeit vor 65 Jahren

von Redaktion

Dirndl und Lederhosen statt Brautkleid und Frack: Gertraud und Josef Leitner aus Rosenheim haben 1959 auf dem Herbstfest geheiratet. Das Glück währt bis heute. Wie die Liebe zur Wiesn die beiden verbindet und warum sie auch heute noch zusammenhalten.

Rosenheim – Gertraud (88) und Josef Leitner (86) sitzen in ihrer Bauernstube um den Esstisch. Ein Teil der Familie und Nachbarn haben sich zur Brotzeit bei ihnen versammelt. Es wird geratscht, getrunken und gelacht.

Auch Oberbürgermeister Andreas März ist dabei, überreicht Blumen und Glückwünsche der Stadt. 65 Jahre hat das Ehepaar Leitner jetzt zusammen verbracht. Und auch heute noch merkt man die Liebe, die die beiden miteinander verbindet.

Zweimal
auf die Wiesn

An den Tag der Hochzeit kann Josef Leitner sich noch gut erinnern. Im schönsten Bayrisch erzählt er, wie er sein „Muckerl“, wie er Gertraud nennt, am Wiesn-Anzapftag 1959 geheiratet hat. „Zuerst sind wir auf die Wiesn gegangen, mit dem Trachtenverband. Dann haben wir geheiratet und gleich danach ging’s nochmal auf die Wiesn“, sagt er und lacht. Die beiden hatten sich beim Trachtenverband kennengelernt. Deshalb stand am Hochzeitstag schon gleich fest, was beide tragen würden: Josef kam in Lederhosen, Gertraud im Dirndl.

Josef Leitner kommt aus Lauterbach, Gertraud Leitner ist Rosenheimerin. Zusammen zogen die beiden in die Kastenau und bauten dort ihr Haus. „Das ist eine der schönsten Erinnerungen“, sagt Josef Leitner. 62 Jahre leben die beiden nun dort. „Wir haben hier alles, was wir brauchen. Der Bäcker und die Kirche sind gleich in der Nähe“, sagt Gertraud Leitner. Bis zur Rente haben beide allerdings nicht viel Zeit in dem Haus verbringen können – sie arbeiteten den ganzen Tag. Gertraud bei Kathrein, Josef bei der Stadt.

Ihr einziger Sohn wurde tagsüber von Gertraud Leitners Mutter betreut. „Abends hab ich dann gekocht, Wäsche gewaschen und mich um den Sohn gekümmert“, sagt Gertraud.

Auch jetzt, wo beide längst in Rente sind, ist eine Sache in Gertrauds Alltag gleich geblieben: „Ich bin den meisten Tag über mit dem Haushalt beschäftigt.“ Josef Leitner dagegen kämpft gegen einen Tumor. Er braucht Hilfe bei den Kleinigkeiten des Alltags. Für Gertraud ist es selbstverständlich, ihren Mann zu unterstützen. Zeit für Hobbys oder gemeinsame Aktivitäten bleibe da nicht viel.

Trotzdem halten die Leitners zusammen. Ihr Geheimnis? „Wir streiten nicht. Wenn uns was nicht passt, reden wir darüber und lassen es dann gut sein“, sagt Gertraud Leitner. Bei allen Höhen und Tiefen ihres Ehelebens hätten die beiden noch nie an die Trennung gedacht. „Wir geben nicht so einfach auf. Lieber reißen wir uns zusammen und arbeiten gemeinsam an der Ehe, als uns zu trennen“, sagt Josef Leitner. „Wir tun einander gut, das ist auch ganz wichtig“, sagt Gertraud.

Trotz aller Arbeit kam auch die gemeinsame Freizeit nicht zu kurz. Die beiden fuhren gern in den Urlaub und auch das Herbstfest war fester Bestandteil in ihrem Leben.

„Nach der Arbeit sind wir auf die Wiesn gegangen. Muckerl hat dabei immer auf mich aufgepasst“, sagt Josef lachend. „Der Sepp, der wollte nicht mehr heim, dem hat es so Spaß gemacht“, sagt Gertraud. Ihren eisernen Hochzeitstag feiern die beiden allerdings nicht auf dem Herbstfest. „Wir waren schon seit drei Jahren nicht mehr auf der Wiesn. Mein Tumor hat mir leider den Spaß daran verdorben“, sagt Josef Leitner. „Und wenn der Sepp nicht mag, mag ich auch nicht“, sagt Gertraud.

Stattdessen verbringen die beiden den Feiertag mit Familie und Freunden in der Kirche. „Und danach gehen wir zum Happinger Hof, wo ich mir ein Bier bestelle“, sagt Josef Leitner und freut sich.

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