Promis, Power und Ingwer-Schnaps

von Redaktion

Renate Seebacher ist eine Herbstfest-Legende: Seit mehr als 20 Jahren arbeitet sie als Bedienung in der Box 1 der Auerbräu-Festhalle. Im OVB plaudert sie aus dem Nähkästchen, was sie in dieser Zeit auf der Wiesn so alles erlebt hat und wie sie die „Strapazen“ stemmt.

Rosenheim – Ein bisschen aufgeregt ist Renate Seebacher jedes Jahr aufs Neue. Und das, obwohl die Frau aus Bad Feilnbach diesen „einen besonderen Tag“ schon oft erlebt hat. „Am ersten Wiesn-Samstag bin ich immer nervös – auch nach über 22 Jahren“, sagt Seebacher.

Sie sitzt an einem der mit grün-weißen Tischdecken eingedeckten Biertische der Box 1 in der Auerbräu-Festhalle – dort, wo sie seit 20 Jahren bedient. Es liegt der Duft von Grillhendl, Backfisch und Pommes in der Luft. Da sich die Zahl der Besucher gerade in Grenzen hält, hat Seebacher für einen kurzen Moment Pause. Eigentlich ist es ihr aber lieber, wenn es mehr zugeht. „Diese Stimmung, dieser Rummel, das ist genau meins.“

Per Zufall auf
das Herbstfest

Entstanden sei ihre Begeisterung für die Arbeit auf dem Herbstfest schon früh. „Das erste Mal bedient habe ich, da war ich gerade 21 Jahre alt“, sagt Seebacher. Allerdings sei sie zufällig dazu gekommen – Erfahrung in der Gastronomie habe sie damals nicht gehabt. Eine Arbeitskollegin in ihrem damaligen Beruf habe sie spontan zu einem „riesigen Patronatsfest“ mitgenommen. Das „Problem“: „Davor habe ich noch nie einen Masskrug getragen“, sagt Seebacher und lacht. Und plötzlich habe sie zehn Stück auf einmal tragen müssen, wofür jede Menge Power nötig ist. „Sie haben mir nur kurz gezeigt, wie man die Masskrüge zusammenstellt, bevor man sie hochheben kann. Und dann hieß es nur: Jetzt lauf“, erzählt die Bad Feilnbacherin.

Nach dem Schleppen
fix und fertig

Spaß habe ihr das Bierkrugschleppen aber auf Anhieb gemacht. Auch wenn sie danach fix und fertig gewesen sei. Fast im ganzen Körper habe sie einen Muskelkater gehabt.

Das ist auch heute noch so, erzählt sie. „An den ersten Herbstfest-Tagen kommt man am Morgen kaum aus dem Bett“, erklärt die Bedienung. Dabei ist sie vor halb 1 in der Nacht nie im Bett und steht meist ab 11 Uhr schon wieder in der Festhalle. Das ist es ihr aber wert.

„Die Herbstfest-Zeit ist für mich ein bisschen wie Urlaub“, schwärmt Seebacher. Während der Wiesn könne sie zu Hause alles stehen und liegen lassen und sich nur auf das Herbstfest konzentrieren. Die 16 Tage auf der Loretowiese sind der Bad Feilnbacherin aber noch nicht genug. Seebacher bedient auch auf anderen Festen in der Region, wie in Oberaudorf oder Bruckmühl. Und seit dem vergangenen Jahr auch auf dem Oktoberfest. „Das ist aber schon krass“, sagt sie. Nicht zu vergleichen mit Rosenheim. „Bei uns ist es noch gemütlich und familiär, dort bist du für viele nur eine Nummer und einige reden gar nicht mit dir.“ Zudem sei ein Großteil der Gäste auf dem Oktoberfest dauernd betrunken. Daher will sie in München auch nach diesem Jahr wieder aufhören.

Probleme mit Besuchern gibt es allerdings – wenn auch selten – auch beim Herbstfest. Von Vorwürfen, dass die Gäste beim Geld beschissen werden, über eine persönliche Beschwerde-E-Mail, weil es Diskussionen über den Verzehr von mitgebrachten Speisen gab, hat sie schon viel erlebt. „Wenn einem etwas unterstellt wird, das überhaupt nicht stimmt, ist das schon brutal“, sagt Seebacher. Ansonsten nimmt sie die meisten Bemerkungen der Gäste und andere unangenehme Dinge meist einfach hin. Außer: „Wenn dir jemand an den Hintern fasst oder handgreiflich wird, geht das gar nicht“, betont sie.

Ein respektvolles Miteinander ist für die Bad Feilnbacherin das Wichtigste. Sie achtet immer darauf, dass es den Gästen gut geht. Wenn – vor allem junge – Besucher stark betrunken sind, schaut sie zum Beispiel darauf, dass es für sie kein Bier mehr gibt. „Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich selber drei Kinder habe und als Mama nicht will, dass sie total besoffen sind“, sagt Seebacher.

In der Box muss sie auf viele Dinge achten

Allerdings muss sie im Boxen-Bereich noch auf andere Dinge achten, wie sie erzählt. „Man muss schneller sein und auch öfter laufen, damit der Tisch gemeinsam essen kann“, erklärt die Bedienung. Zudem sollen das Essen und das Bier perfekt aussehen, wenn es bei den Wiesn-Besuchern ankommt. Schließlich sitzen dort unter anderem die Ehrengäste der Brauerei – und manchmal auch die ein oder andere bekannte Persönlichkeit.

„Der Söder, der Aiwanger oder die Ilse Aigner waren schon da“, zählt Seebacher die Promis auf, die sie schon bedient hat. Diese seien aber eher distanziert gewesen und hätten weniger das Gespräch gesucht. Ansonsten waren auch schon Profisportler, wie etwa Skispringer, bei ihr in der Box. „Ich erkenne die meisten aber sowieso nicht“, sagt Seebacher und lacht. Zudem mache es für sie keinen Unterschied, ob jemand berühmt ist oder nicht. „Mensch ist Mensch. Ich schaue, dass alle gleich und gut bedient werden.“ Dem will Renate Seebacher auch in Zukunft treu bleiben. Denn Aufhören mit der Arbeit auf dem Herbstfest will sie so schnell nicht. Und damit die Bad Feilnbacherin die 16 Tage gesund übersteht und am letzten Wiesn-Tag immer noch die gute Laune wie am ersten hat, hat sie ein kleines Geheimnis: „Wir trinken an jedem Morgen, bevor es losgeht, einen Ingwer-Schnaps.“

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