Rosenheim – In wenigen Wochen ist es vorbei. Nach vielen Jahren schließt Ende September die Prinzregenten-Apotheke ihre Türen. Damit macht nach der Rathaus-Apotheke bereits die zweite Apotheke in prominenter Lage in Rosenheim innerhalb eines Jahres zu. Viel ist über die Geschäftsaufgabe bisher nicht bekannt. Lediglich ein Schild an der Tür weist darauf hin, dass seit August kürzere Öffnungszeiten gelten. Auch die Inhaberin will sich auf OVB-Anfrage nicht zu Einzelheiten äußern. Nur, dass sie aufhört, bestätigte sie kurz.
Rückgang zuletzt
immer dramatischer
„Wir haben im Grunde seit vielen Jahren ein Apotheken-Sterben“, sagt Florian Nagele, Pressesprecher vom Bayerischen Apothekerverband für Rosenheim und selbst Inhaber einer Apotheke unter anderem in Kolbermoor. Zuletzt sei der Rückgang immer dramatischer geworden. Er spricht von mehreren Hundert Apotheken, die 2023 deutschlandweit weggefallen sind. Bestätigen kann das die Bayerische Landesapothekerkammer (BLAK). Allein in Bayern haben im vergangenen Jahr rund 100 Apotheken geschlossen, teilt eine Sprecherin der BLAK mit. Derzeit gebe es im Freistaat noch etwas mehr als 2700 Apotheken – vor zehn Jahren waren es noch weit über 3200. „Das ist damit der niedrigste Stand seit den 80er-Jahren“, sagt Nagele.
Das macht sich auch bei der Apothekendichte bemerkbar. Während der EU-Durchschnitt bei 32 Apotheken pro 100000 Einwohner liegt, kommt Bayern auf 21. Rosenheim liegt mit seinen 22 Apotheken, die Ende 2023 bei der BLAK gemeldet waren, leicht über dem Schnitt – noch zumindest. Denn Florian Nagele ist sich sicher: Es werden auch im Stadtgebiet weitere Schließungen kommen. „Die Standorte mit einem guten Umfeld, in dem es zum Beispiel viele Fußgänger oder Ärzte gibt, werden sich schon etablieren. Aber die kleineren Standorte wird es treffen“, befürchtet der Apotheker. Dennoch, auch das sagt der Pharmazeut, sei die Versorgungslage in Rosenheim im Moment noch „einigermaßen gut und ausreichend“ – anders als in ländlichen Gebieten. „Bisher sehe ich nicht die Gefahr einer Verschlechterung bei der Versorgung der Bürger in der Stadt.“
Trotzdem haben die Schließungen der Apotheken schon Folgen für die Kunden. „Die Menschen müssen viel weitere Wege zur nächsten Apotheke auf sich nehmen“, sagt Nagele. So wie nun in der Prinzregentenstraße. Die nächsten Apotheken sind die Christkönig-Apotheke, die Lessing-Apotheke oder die beiden am Bahnhof. Ansonsten muss man in die Innenstadt. Gerade für Ältere, Kranke und Menschen, die schlecht zu Fuß sind, nicht unproblematisch.
Zudem müssten sich die Kunden auf längere Wartezeiten in den Apotheken einstellen, sagt Markus Bauer, Inhaber der Alten Apotheke und der Römerapotheke. „Auch die Auswahl ist dann nicht mehr die gleiche, wenn es irgendwann nur noch ein paar Apotheken in der Stadt gibt“, gibt der Apotheker zu Bedenken. Dazu komme eine Verschiebung bei den Not- und Nachtdiensten, da die Dienste der schließenden Apotheke von den anderen übernommen werden müssen, sagt Bauer.
Warum die Situation so ist, dafür gebe es mehrere Gründe. „Das Hauptproblem und oftmals die Ursache für die Schließungen ist natürlich die Wirtschaftlichkeit“, sagt Nagele. Seit 2013 habe es – trotz mehrfacher Proteste – keine Anpassung der Vergütung für rezeptpflichtige Arzneimittelpackungen gegeben. „Diese Vergütung macht 80 Prozent unseres Umsatzes aus“, sagt Nagele.
Nach wie vor erhalten die Apotheken pro abgegebener Packung 8,35 Euro. Davon müsse allerdings noch der Abschlag für die Krankenkassen abgezogen werden, der im Gegensatz schon erhöht wurde. „Wir haben aber gleichzeitig Erhöhungen bei Personal-, Strom- und anderen Nebenkosten“, kritisiert Nagele.
Hinzu kommen die umstrittenen Pläne für ein Apotheken-Reformgesetz von Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Diese sehen unter anderem vor, dass es Apotheken ohne Apotheker geben soll. Heißt: Anders als bisher muss nicht rund um die Uhr ein Apotheker im Laden sein.
Umstrittene
Reformpläne
Deren Aufgaben wie die Abgabe von Betäubungsmittel, Beratung von Patientengruppen, die eine große Vielzahl an Arzneimitteln brauchen oder die Herstellung individueller Rezepturen dürfen dann auch Pharmazeutisch-Technische-Assistenten (PTA) übernehmen. In der Praxis sei das jedoch kaum umsetzbar. Zudem hat die Berufsvertretung der PTA bereits mitgeteilt, dass PTA nach ihrer „jetzigen Ausbildung weder in der Lage noch willens sind, eine Arzneimittelabgabestelle zu leiten“.
So gehe die Idee hinter der Reform, das Apotheken-Sterben zu bremsen, nach hinten los, sagt Florian Nagele. Viel mehr werde es Apotheker davon abschrecken, eine Apotheke zu eröffnen oder irgendwo die Nachfolge anzutreten. Damit werde das Sterben vorerst weitergehen.