Schwierige Suche nach der Wahrheit

von Redaktion

Rosenheimer (27) wegen mehrerer Straftaten vor Gericht – Zwei verschiedene Urteile

Rosenheim – Die Wahrheitsfindung war kompliziert. Ein Grund dafür war, dass bei einem Vorfall immer wieder neue Zeugen benannt wurden und deren Aussagen deutlich voneinander abwichen. So brauchte es am Ende drei Verhandlungstage vor dem Schöffengericht am Amtsgericht in Rosenheim, ehe das Urteil fiel.

Fakt war, dass der 27-jährige Angeklagte aus Rosenheim bei den Tatvorwürfen unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen deutlich neben der Spur war. Dementsprechend musste er sich wegen einer ganzen Litanei an Punkten aus zwei Anklagen verantworten. In einem ersten Tatkomplex soll er einen 37-jährigen Rosenheimer in Whatsapp Nachrichten mit den Worten: „Ich stech dich ab“ und „Ich hau dich kaputt, du Hurensohn“ bedroht haben.

Verletzungen
im Gesicht

Bei der folgenden Auseinandersetzung soll er ihm Pfefferspray ins Gesicht gesprüht, ihn geschubst und mit Tritten gegen das Gesicht attackiert haben. Der Geschädigte erlitt dabei Schwellungen, Hämatome und ein geplatztes Trommelfell. An die genauen Geschehnisse konnte sich der 37-Jährige auch aufgrund seiner eigenen Alkoholisierung nicht mehr erinnern. Er wusste nur noch, dass er die Freundin des Angeklagten am späten Abend im Taxi mitgenommen und zu ihrer Wohnung gebracht habe. Auf dem Rückweg habe er die Whatsapp Nachrichten des Angeklagten bekommen, deshalb sei er noch mal zurückgefahren, um mit ihm zu reden.

Doch der habe ihn gleich an der Tür mit Pfefferspray attackiert. Er habe nichts mehr gesehen und nur noch die Tritte gespürt. Ob die vom Angeklagten kamen, vermochte der 37-Jährige nicht mehr zu sagen. Zu einem späteren Zeitpunkt habe ihm die Freundin des Angeklagten erzählt, dass ihn auch ein anderer getreten haben könnte. Doch wer getreten hatte, konnte im Rahmen der Beweisaufnahme vor Gericht nicht geklärt werden, denn keiner der Zeugen hatte Tritte beobachtet.

In zwei weiteren Anklagepunkten soll der Angeklagte einem minderjährigen Griesstätter 0,21 Gramm Amphetamin und 2,73 Gramm Marihuana zum Preis von 60 Euro verkauft und in seiner Wohnung 26,54 Marihuana aufbewahrt haben. Die Drogen sollen auch zum Weiterverkauf bestimmt gewesen sein. In der zweiten Anklage wurde der Rosenheimer noch beschuldigt, zwei Bauarbeiter beleidigt und attackiert zu haben. Zunächst habe der Angeklagte eine halb volle Bierdose und anschließend einen faustgroßen Stein auf seinen Kollegen geworfen haben, bestätigte einer der Bauarbeiter vor Gericht.

Als der 49-jährige Mann den Angeklagten daraufhin festhalten wollte, habe der ihm einen Faustschlag versetzt. Der Kollege sei von der Bierdose im Nacken und vom Stein an der Hüfte getroffen worden. Weder er noch sein Kollege hätten jedoch bei dem Vorfall gröbere Verletzungen erlitten. Eine Einladung der Oma des Angeklagten zum Kaffee im Nachgang habe er abgelehnt, sagte der 49-Jährige.

Über seinen Verteidiger Harald Baumgärtl räumte der Angeklagte die Tatvorwürfe bis auf die Tritte gegen den Kopf des 37-jährigen Rosenheimers weitgehend ein.

Auch den Faustschlag ins Gesicht des Bauarbeiters bestritt er. Sein Mandant habe dem Mann jedoch eine Ohrfeige gegeben, so der Verteidiger. Der Angeklagte leide unter Depressionen und Angstzuständen und nehme Medikamente in größerer Menge. In der Kombination mit Alkohol sei dies ein Problem. Da sei es für ihn schwierig, Sachverhalte zu erfassen.

Im Fall des 37-Jährigen sei Eifersucht im Spiel gewesen. Der Angeklagte habe das Gefühl gehabt, dass der Rosenheimer seine Lebensgefährtin angemacht habe. Er habe die Fassung verloren, doch er habe den Rosenheimer nie getreten. Zum Tatvorwurf des Handels mit Betäubungsmittel sagte Baumgärtl, sein Mandant habe nicht gewusst, dass es sich dabei um einen Minderjährigen gehandelt habe. Er habe 26,54 Gramm Marihuana besessen, aber es gebe keinen Hinweis auf einen Handel, zumal eine Haaranalyse einen hohen Eigenkonsum bescheinigt habe. Zudem sei der Besitz nach neuer Rechtslage rechtmäßig. Deshalb beantragte er in diesem Fall Freispruch.

Im Übrigen hielt er für die erste Anklage unter Einbeziehung eines früheren Urteils gegen den Mann eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten Tat- und Schuld angemessen. In puncto der zweiten Anklage sei eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr ausreichend. Zudem sei die Strafe in beiden Fällen zur Bewährung auszusetzen. Staatsanwältin Stock forderte hingegen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten und eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten ohne Bewährung, sowie die Einziehung des Wertersatzes von 60 Euro.

Haftstrafe für
den Angeklagten

Das Schöffengericht blieb im Strafmaß unter dem Antrag. Das Gericht sei nur überzeugt vom Einsatz des Pfeffersprays durch den Angeklagten, aber nicht von den Tritten, hieß es in der Urteilsbegründung von Richterin Isabella Hubert. So wurde gegen den Angeklagten eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verhängt.

Wegen der weiter abgeurteilten gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung in zwei tateinheitlichen Fällen – die beiden Bauarbeiter – wurde der Angeklagte daneben zu einer weiteren Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Eine Strafaussetzung komme dabei allein schon wegen der Höhe des Strafmaßes nicht infrage. Eine positive Sozialprognose fehlt zudem.

Laut medizinischem Gutachter liegt beim Angeklagten eine Polytoxikomanie mit Schwerpunkt Cannabis und Opiate, aber keine Persönlichkeitsstörung vor. Von einer Suchtproblematik wolle der Angeklagte jedoch nichts wissen. Die Motivation für eine Therapie fehle, deshalb habe eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wenig Erfolgsaussichten. Unbehandelt werde er aber wohl weiterhin Straftaten begehen, sagte der Facharzt.

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