„Versunkenes Dorf“ – oder Panikmache?

von Redaktion

Es war die Schock-Nachricht des Wochenendes: Aufgrund der heftigen Regenfälle soll ein ganzes Dorf bei Rosenheim „versunken“ sein. In Oberkaltbrunn kennt man so etwas allerdings bereits. Wie die Anwohner die Überschwemmungen erlebten und warum sie sich auch ein bisschen ärgern.

Rosenheim – Hinter Stefan Kumberger liegen unruhige Stunden. „Am vergangenen Samstag gab es schon eine wahnsinnige Anspannung – irgendwas zwischen Hoffen und Bangen“, sagt der Rosenheimer. Er wohnt mit seiner Familie in Oberkaltbrunn zwischen Pang und Westerndorf am Wasen. Das Dorf, das am Samstagabend plötzlich deutschlandweit bekannt wurde. Denn mehreren Medienberichten zufolge soll der Ortsteil „vom Hochwasser verschluckt“ worden sein. Ganz so schlimm ist es nicht gewesen, sagt Kumberger. Trotzdem seien die Wassermassen seinem und den Nachbarhäusern bedrohlich nahe gekommen – und das nicht zum ersten Mal.

Immer wieder
Hochwasser im Ort

Denn Hochwasser und Überschwemmungen gebe es in Oberkaltbrunn bei stärkeren Regenfällen immer wieder. „An diesem Wochenende war es aber nicht so dramatisch wie heuer im Juni, 2020 oder 2013“, betont Kumberger.

Damals seien die Fluten, die aus dem anliegenden Kaltenbach und dem Engergraben kommen, auch ins Haus gelaufen. Schäden von mehreren Zehntausend Euro seien die Folge gewesen. Das sei am Wochenende nicht passiert. „Dieses Mal waren wir vorbereitet – und hatten Glück und sind verschont worden“, sagt der 37-Jährige. Er steht vor seiner Haustür, die mit einer Metallplatte verriegelt ist. Um ihn herum liegen kniehoch aufgestapelte schwarze Sandsäcke. Nach wie vor prasselt der Regen auf die riesigen Pfützen, die überall auf seinem Grundstück zu sehen sind. „Zum Glück sind die Pegel inzwischen wieder etwas gesunken“, sagt der 37-Jährige. Auch das Wasser aus dem Bach hat sich wieder zurückgezogen. So machen ihm die anhaltenden Regenfälle am Montag keine großen Sorgen, sagt er.

Jahre mit schlimmeren
Überschwemmungen

Anders sei das noch am Samstag und den Tagen zuvor gewesen. Immer wieder habe Kumberger seit den ersten Extremwetterprognosen den Hochwassernachrichtendienst gecheckt. „Die Vorhersagen waren teilweise verheerend“, sagt er. Für den Kaltenbach sei zwischendurch die Rede von einem Pegel von über 3,50 Meter gewesen. „Wenn der über 2,50 Meter oder drei Meter steigt, wird es bei uns schon eng.“ Deshalb gab es Befürchtungen, dass es wieder genauso schlimm, wenn nicht sogar schlimmer als in den Jahren zuvor wird. Dementsprechend haben er und seine Familie sich gegen die drohenden Überschwemmungen gerüstet.

Zunächst seien „alle wichtigen Sachen“ in die oberen Stockwerke gebracht worden. „Danach haben wir mit Freunden überall die Sandsäcke verteilt und uns zwei Notstromaggregate besorgt, damit bei Bedarf die Pumpen Strom haben“, sagt Kumberger. Zudem sei im Garten ein kleiner Graben gebuddelt worden – damit die Fluten schneller abfließen können und nicht ins Haus strömen.

Reparaturen gerade
erst fertig geworden

Denn dort ist Kumberger gerade erst mit den Reparaturarbeiten vom vergangenen Hochwasser im Juni fertig geworden. „Wir mussten mal wieder die Fußböden austauschen, die Trocknungsgeräte haben wir gefühlt erst vor einer Woche weggeräumt“. Dementsprechend groß sei die Erleichterung gewesen, als das Wasser am Samstag wenige Meter vor dem Haus stehengeblieben ist. Aber, auch das betont der 37-Jährige: „Selbst wenn dann letzten Endes das Wasser nicht in der Bude ist, sind es trotzdem anstrengende und psychisch belastende Tage.“

Dass Oberkaltbrunn auf einmal so schnell „berühmt“ wurde, wundert Stefan Kumberger aber. „Das hat uns überrascht, weil wir hatten es schon schlimmer hier“, sagt der 37-Jährige. Viel mehr hätte er sich 2013 die Aufmerksamkeit gewünscht. „Dann wäre vielleicht auch etwas in Sachen Hochwasserschutz bei uns abgefallen.“ Ähnlich sieht das ein Nachbar von Kumberger, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

Anwohner verstehen
Medienrummel nicht

„Wir haben hier immer wieder Überschwemmungen und plötzlich melden sich Telefonnummern aus ganz Deutschland bei uns“, sagt er. Daher verstehe er die ganze Aufregung nicht, da man inzwischen auch entsprechend vorbereitet sei und die Feuerwehr den Anwohnern rund um die Uhr zur Seite steht. Das bestätigt auch Christian Baab, Pressesprecher der Stadt. „Die Anwohner wissen, dass bei solchen Regenfällen so etwas passieren kann“, sagt er. Daher seien die Entwicklungen am Wochenende „nichts Ungewöhnliches“ gewesen.

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