Rosenheim – Wenn Werner Hermann (83) in der Mandelschüssel rührt, riecht es im Wagen nach Zucker und Karamell. Hermann schüttet Zucker und Zimt in die Schüssel. „Mehr braucht es nicht“, sagt der Rosenheimer. Seine Stimme ist ruhig, konzentriert rührt er mit einem Holzlöffel in der Schüssel. Ein Elektromotor unterstützt ihn. „Beim Mandelrühren muss es schnell gehen, sonst verbrennt der Zucker und ich muss wieder von vorn anfangen“, sagt er.
Noch gut kann er sich an das erste Mal erinnern, als er Mandeln gebrannt hat. „Ich war zehn Jahre alt und hatte noch zarte Hände“, sagt er. Damals gab es noch keine Maschinen. „Das war harte Arbeit, ich hatte oft Schwielen an den Händen“, sagt er. Ausgemacht habe es ihm nichts, auch, weil er es nicht anders kannte. Bereits sein Vater war leidenschaftlicher Schausteller, verkaufte neben Mandeln auch Eis und Maronen. „Für mich war klar, dass ich das Geschäft übernehme“, sagt Werner Hermann. Eis und Maroni gibt es bei ihm schon seit 50 Jahren nicht mehr. Eis verkauft sich nur im Sommer, Maroni nur im Winter. „Und beide sind sehr aufwändig herzustellen“, sagt er. So fokussierte er sich auf Mandeln und verkauft sie in ganz Bayern. Das Herumreisen stört ihn dabei kaum. „Meine Frau schimpft manchmal, weil ich so selten zu Hause bin“, sagt er und lacht. Hermann ist bereits als Kind viel mit seiner Familie herumgezogen. Damals habe er sich an das Leben als reisender Schausteller erst noch gewöhnen müssen. „Es war als Bub schwer, die Freunde zurückzulassen“, sagt er.
Umso mehr schätze er die Kunden, die zu Freunden geworden sind. „Manche der Kinder, die damals Mandeln gekauft haben, haben jetzt selber Kinder“, sagt er. Trotz all den Veränderungen über die vergangenen Jahrzehnte ist sein Tagesablauf gleich geblieben. „Ich stehe hier und brenne von elf Uhr bis um 23.30 Uhr Mandeln“, sagt er. Nur hin und wieder genehmige er sich ein Bier. Wie auf der Feier zum 100-jährigen Bestehen des Familiengeschäfts. „Wir hatten eine kleine, bescheidene Feier“, sagt er. Das Geheimnis, wie Hermanns Mandelbrennerei trotz vier weiterer Konkurrenten so lange im Geschäft ist? „Natürlich die gute Ware“, sagt Hermann. „Und die Fähigkeit, zu sparen.“ Ein bescheidener Lebensstil erlaubt es Hermann, Geld für schlechte Zeiten zurückzulegen. Wie etwa während der Corona-Pandemie. Er habe sich nur mit Mühe über Wasser halten können, verkaufte seine Mandeln in der Rosenheimer Fußgängerzone. Doch seine Brennerei überlebte.
Ein langsamer
Generationenwechsel
Auch mit über 80 Jahren denkt Werner Hermann nicht an den Ruhestand. Trotzdem will er etwas kürzertreten. In seiner Freizeit bastelt er gern an Fahrzeugen. Seine drei Mandelwagen repariert er oft selbst. Währenddessen übernimmt sein Sohn Alexander mehr und mehr die Geschäftsleitung. Trotzdem bedeutet das keine Pause für Hermann. „Erst mal geht es nach Bad Feilnbach, dann nach Freilassing und danach komme ich zum Rosenheimer Christkindlmarkt“, sagt er.