Rosenheim – Vor Gran Canaria hat sich ein tragisches Unglück ereignet: Eine Frau, die wohl aus Rosenheim stammt, hat bei einem Haiangriff ihr Bein verloren und starb später an Bord eines Rettungshubschraubers. Christof Clausen betreibt seit fünf Jahren die Tauschschule „Orca Sport & Reisen“ in Rosenheim. Seit über 30 Jahren gibt es die Orca Dive Clubs mit mehreren Standorten in Ägypten, Bali, Mauritius und Sardinien. Auch Clausen ist ein leidenschaftlicher Taucher – und hat bereits den ein oder anderen Hai gesehen. Über seine Erfahrungen spricht er im OVB-Interview.
Sie tauchen seit über 29 Jahren. Was begeistert Sie an dem Sport?
Mich fasziniert, dass man in eine komplett andere Welt untertaucht. Das Leben im Meer wirkt immer sehr beruhigend auf mich und ist sehr schön anzusehen. Es sind ja nicht nur die großen Fische, sondern auch die vielen kleinen Dinge und bunten Farben, die man dort entdecken kann. Beispielsweise die ganzen Korallenriffe.
Was waren einige Ihrer schönsten Reisen?
Dazu gehört auf jeden Fall Ägypten, der Klassiker für uns Taucher. Dort gibt es auch immer wieder die Möglichkeit, an einer Tauchsafari teilzunehmen, bei der man sich eine Woche lang auf einem Boot befindet. Weltweit gibt es zahlreiche gute Orte, die sich fürs Tauchen anbieten.
Haben Sie während Ihrer Reisen auch schon mal einen Hai gesehen?
Natürlich. Als Taucher versucht man ganz bewusst, die Tiere zu sehen.
Warum?
Haie sind sehr majestätische Tiere. Sie haben fast keine natürlichen Feinde. Es ist faszinierend, sie im Meer zu beobachten. Zumal sie in der Regel auch eher scheu sind und flüchten, wenn sie einen Mensch sehen. Eine Ausnahme ist der Weißspitzen-Hochseehai. Der ist sehr neugierig. Da kann es während einer Tauchsafari schon einmal passieren, dass er einem sehr nahe kommt.
Hatten Sie noch nie Angst?
Ich war 17 Jahre alt, als ich zum ersten Mal einen Hai gesehen habe. Da hatte ich schon Angst und habe mich hinter meinem Guide versteckt. Aber damals habe ich auch gesehen, dass die Haie überhaupt nichts gemacht haben und einfach weiter geschwommen sind. Angst habe ich jetzt keine mehr, aber man ist natürlich immer noch sehr aufgeregt, wenn man einen Hai sieht.
Worauf muss man als Taucher achten, wenn man einem Hai unter Wasser begegnet?
Wann immer Hai-Unfälle passieren, analysieren wir die Vorfälle ganz genau und schauen, was schiefgelaufen sein könnte. Es ist wichtig, dass man dem Hai niemals den Rücken zudreht. Man sollte seine Augen immer auf den Hai gerichtet haben und sich mit dem Hai drehen.
Warum?
Hin und wieder kommt es vor, dass die Haie ihre Chance nutzen und zuzwicken. Aufgrund der messerscharfen Zähne kann da einiges kaputtgehen, gerade dann, wenn eine Arterie durchtrennt wird. Es ist deshalb auch wichtig, dass man immer in der Gruppe zusammenbleibt. An die wagen sich die Tiere nur selten. Häufig liegt die Schuld bei Hai-Unfällen, die während des Tauchens passieren, bei den Menschen. Haie sind Raubtiere. Aber: Wenn man sich richtig verhält, ist die Chance, dass etwas passiert, relativ gering.
Und doch kommt es immer wieder zu Unfällen.
Die passieren zum Teil vor allem an der Oberfläche. Also dann, wenn man nicht sieht, was im Meer passiert. Beim Tauchen kommen die Haie nicht plötzlich angeschossen und beißen zu. Aber wenn man beispielsweise schwimmt und nicht sieht, was unter einem passiert, kann es schon mal vorkommen, dass ein Hai zubeißt. Für das Tier ist es eine Art Testbiss, für uns Menschen endet dieser Biss in der Regel tödlich oder mit schweren gesundheitlichen Folgen. Aus diesem Grund bin ich lieber unter Wasser.
Wie verhält man sich, wenn der Hai direkt auf einen zukommt?
Man sollte nicht wahnsinnig viel rumstrampeln und versuchen, eine aufrechte Position einzunehmen und sich ruhig zu verhalten. Das ist natürlich immer leichter gesagt, als getan. Wenn der Hai auf einen zugeschwommen kommt, ist der erste Instinkt immer, die Flucht zu ergreifen. Trotz allem sollte man versuchen, die Ruhe zu bewahren. In einigen Fällen kann man auch die Nase des Hais nach unten drücken. Das ist er nicht gewohnt und er ergreift dann die Flucht.
Waren Sie schon einmal in einer brenzligen Situation?
Nein, zum Glück nicht. Aber ich muss auch sagen, dass ich vor Krokodilen mehr Angst habe, als vor Haien.
Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um überhaupt Haie sehen zu können?
Man muss einen Tauchschein haben. Ein bisschen Erfahrung schadet auch nicht. Interview: Anna Heise