Rosenheim – Manchmal träumt Michael Miritsch davon, wie es wäre, wenn ihm die Dachgeschosswohnung in dem Gebäude in der Münchener Straße 4 gehören würde. Er würde seinen Schreibtisch in die Nähe des Fensters stellen, genau an die Stelle, die es ihm ermöglicht, dass er während der Arbeit immer wieder einen Blick über die Dächer Rosenheims werfen kann.
Der Rosenheimer Architekt ist nicht der Einzige an diesem Nachmittag, der sich ausmalt, wie es wäre, in das denkmalgeschützte Gillitzer-Haus in der kleinen Fußgängerzone zu ziehen. Seit 2014 befindet sich das viergeschossige Haus aus dem Jahr 1894/95 im Besitz der Stadt – vererbt von der Rosenheimerin Franziska Huber. 2019 sprachen sich die Stadträte dafür aus, dass das Gebäude saniert und umgebaut werden soll. Seit 2023 laufen die Arbeiten, jetzt wurde das Richtfest gefeiert.
5,8 Millionen Euro
wurden investiert
„Dieses Fest markiert einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Vollendung dieses Projekts unter Denkmalschutz“, sagte Gabriele Leicht, Dritte Bürgermeisterin der Stadt. Sie erinnerte daran, dass es sich bei dem Haus um das einzige Haus des historischen Gillitzer-Blocks handelt, das bis heute nahezu vollständig erhalten ist.
Insgesamt investierte die Stadt 5,8 Millionen Euro. Die komplette Haustechnik wurde erneuert, das Gebäude an Fernwärme und Fernkälte angeschlossen. Zudem waren etliche Maßnahmen notwendig, um den Brandschutz zu erfüllen. Die Arbeiter mussten Wände entnehmen, um die Wohnungszuschnitte zu verbessern und den Dachstuhl zu sanieren. Zudem sei man gerade dabei, das Dachgeschoss zu einer Wohnung mit Dachterrasse auszubauen.
„Auch wenn es nicht möglich war, das Gebäude komplett barrierefrei umzubauen, wird ein Aufzug eingebaut“, erklärt Gabriele Leicht. Sie bedankte sich bei den Bauarbeitern und Handwerkern, die „trotz der Herausforderungen und Widrigkeiten des Bauprozesses unermüdlich und mit großem Einsatz gearbeitet haben“.
Es sind diese Widrigkeiten, auf die Architekt Michael Miritsch auch während seiner Rede einging. „Das Bauvorhaben wäre fast zum Erliegen gekommen“, sagt er. Durch Zufall habe man sich gleich zu Beginn um den Dachstuhl gekümmert – nur um festzustellen, dass dieser vollkommen verfault war. „Da herrschte blankes Entsetzen“, erinnerte sich der Architekt. Er vermutet, dass eine „falsche handwerkliche Ausführung“ der Grund gewesen ist.
Es folgten massive Sanierungen und aufwendige Neuplanungen. „Nur durch ein intensives Miteinander konnte es gelingen, dass es weder zu einer Kostenexplosion noch zu einer Verzögerung im Bauablauf gekommen ist“, sagt Miritsch. Während er spricht, lädt er die ersten Gäste zu einer Führung durch das Haus ein. Er führt vorbei an alten Wandbildern, steigt die Treppe hinauf. Immer wieder bleibt er stehen, zeigt auf alte Türen und Elemente des Treppenhauses.
Enge Toiletten
und Alkoven
Noch gut erinnert sich der Architekt aus Rosenheim an den damaligen Zustand des Hauses. So seien bereits während der Entstehungszeit des Hauses die Grundrisse geändert worden. So hätten sich auf jeder Etage zwei Wohnungen befunden – obwohl diese eigentlich nur für eine Wohnung ausgelegt waren. Das habe zu schrägen Wänden geführt und Türen, die zum Teil aus der Halterung gefallen sind. Er erzählt von den sogenannten Alkoven, die er vorgefunden hat – also Schlafnischen, in denen die gesamte Familie zusammenkam, teils ohne Beleuchtung. Zur Toilette ging es lediglich über einen schmalen, langen Gang. „Das war alles nicht mehr wirklich zeitgemäß“, sagt er.
Gemeinsam mit den Mitarbeitern der Denkmalschutzbehörde wurde so überlegt, wie es gelingen könnte, das Gebäude so zu gestalten, dass es die modernen Anforderungen erfüllt – ohne den Charme von damals zu zerstören. Entstanden sind fünf Wohnungen und zwei Gewerbeeinheiten im Erdgeschoss. In den Wohnungen befindet sich neben alten Kachelöfen auch Parkett, das über 100 Jahre alt ist. „Wir haben es aufgearbeitet, sodass es auch noch für weitere 100 Jahre hält“, sagt Michael Miritsch.
Er zeigt auf die Stuckleisten und erzählt, dass beschlossen wurde, die fehlenden Teile nicht beispielsweise durch Kunststoff ersetzen zu lassen. Stattdessen werde alles so belassen, wie es ist. Läuft alles nach Plan, soll das Gebäude im kommenden Jahr vermietet werden. „Unser Stadtbild und unsere Fußgängerzone werden dadurch weiter aufgewertet“, sagt Gabriele Leicht.