Alter Wirt „ein Fass ohne Boden“

von Redaktion

Es ist ein Thema, das die Rosenheimer bewegt: Jahrelang war der „Alte Wirt“ in Aising ein Treffpunkt für Alt und Jung. Seit Dezember 2013 hat das Wirtshaus geschlossen. Jetzt soll das Gebäude abgerissen werden. Welche Pläne es gibt – und wie es im Inneren des Hauses aussieht.

Rosenheim – Rosenheimer Bierspezialitäten gibt es im Gasthaus „Alter Wirt“ in Aising schon lange nicht mehr. Auch wenn das Schild mit der Aufschrift, das im Erdgeschoss des historischen Gebäudes von der Decke baumelt, einen anderen Eindruck vermittelt. Es ist ein Überbleibsel aus einer Zeit, in der die Gastronomie noch genutzt wurde – für Firmenfeiern, zum geselligen Beisammensein oder für Hochzeiten.

Charme über Jahre
verloren gegangen

Bei einem Rundgang durch das dreistöckige Gebäude wird schnell klar, dass von dem damaligen Charme nur noch wenig übrig geblieben ist. Von den Wänden bröckelt der Putz, auf dem Boden fehlen Fliesen und überall befindet sich morsches Holz.

Vorsichtig bahnt sich Roland Seidl einen Weg durch das Erdgeschoss. Das Vorstandsmitglied der „Meine Volksbank Raiffeisenbank“ hat gemeinsam mit Volksbank-Justizar Abuzar Erdogan, Architekt Ludwig Labonte sowie Michael Hinterseer und Christian Mühlberg von der Brauerei „Auerbräu“ zu einem Ortstermin eingeladen. Sie wollen offene Fragen klären und darüber informieren, wie es mit dem „Alten Wirt“ weitergehen soll.

Das Gebäude befindet sich seit vielen Jahren im Besitz von „Auerbräu“. Seit 2013 hat das Wirtshaus geschlossen. „Der zweite Fluchtweg hat gefehlt, aus diesem Grund mussten wir damals zusperren“, sagt Auerbräu-Pressesprecher Michael Hinterseer. Seitdem habe es den einen oder anderen Interessenten gegeben, der darüber nachgedacht hat, das Wirtshaus zu pachten. Es habe Konzepte gegeben, Ideen und Pläne. Daraus geworden ist in all den Jahren nichts. „Es rentiert sich wirtschaftlich einfach nicht“, sagt Christian Mühlberg.

Denn es fehlt nicht nur der zweite Fluchtweg, auch die Decke müsste ertüchtigt und die komplette Raumstruktur überarbeitet werden. Hinzu kommt, dass der Brandschutz nicht gegeben ist. Während die Brauerei also überlegte, wie es doch noch gelingen könnte, den „Alten Wirt“ zu erhalten, liefen auf dem Nachbargrundstück, das der „Meine Volksbank Raiffeisenbank“ gehört, Pläne für den Bau einer neuen Bankfiliale.

„Im Verlauf der Planungen hat sich die Frage nach der Zukunft des ‚Alten Wirts‘ geradezu aufgedrängt“, sagt Roland Seidl. Auch, weil ihm und seinen Kollegen eine ganzheitliche Entwicklung des Areals am Herzen liegt.

„Dadurch bietet sich die Chance, das ehemalige Dorfzentrums Aising wiederzubeleben“, fügt er hinzu. Kurzerhand suchte er das Gespräch mit Auerbräu. „Wir haben gemeinsam überlegt, was möglich wäre und was ins Ortsbild passen würde“, bestätigt Christian Mühlberg. Während er erzählt, spazieren die vier Männer durch das ehemalige Gasthaus. Vorbei an Gästetoiletten, Kühlräumen und der Küche. Auf dem Boden sieht man noch vereinzelte Leitungen, an den Wänden verblassen die Bilder, an denen sich einst die Gäste erfreut haben. „Auch wir sind schnell zu dem Schluss gekommen, dass sich ein Erhalt des Gebäudes nicht rentiert“, sagt Roland Seidl.

Stattdessen tüftelte er gemeinsam mit dem Architekten Ludwig Labonte an einer neuen Idee. Die ersten Zeichnungen und Pläne wurden in einer Bürgerversammlung im Frühjahr vorgestellt. Es folgten Gespräche mit Vertretern der Bank und etlichen Stadträten. „Wir befinden uns noch immer im Planungsstadium. Es gibt weder einen abgeschlossenen Kaufvertrag noch einen verbindlichen Zeitplan“, unterstreicht Seidl.

Trotzdem verrät er, was auf dem Grundstück passieren könnte. So soll das Wirtshaus abgerissen werden. Im Erdgeschoss des Neubaus sei eine Bankfiliale geplant. Im ersten Stock seien Büroräume vorstellbar. Zudem soll es wieder eine Gastronomie samt Biergarten geben. Geplant sei ein Veranstaltungsraum, Wohnraum sowie ein Nahversorger. Neue Parkplätze sollen geschaffen werden, höchstwahrscheinlich durch eine Tiefgarage. Ob letztendlich alles genauso umgesetzt wird, ist im Moment noch offen. Fest steht, dass sich die Nachricht von einem möglichen Abriss des „Alten Wirts“ wie ein Lauffeuer in Aising verbreitet hat. Banner wurden aufgestellt, eine Bürgerinitiative gegründet. „Wir nehmen die Kritik sehr ernst“, sagt Roland Seidl. Auch ihm sei es wichtig, etwas zu schaffen, das von den Bürgern als Begegnungs- und Wirtschaftsort genutzt werden könnten. So wie es einst der „Alte Wirt“ tat.

Dem Wunsch der Bevölkerung, dass ein Teil der Fassade stehen bleibt, wird man Architekt Ludwig Labonte jedoch nicht nachkommen können. „Das ist nicht realistisch und wäre ein Fass ohne Boden.“ Er erinnert nochmals an die schlechte Bausubstanz des Gebäudes, daran, dass Versuche, das Gebäude zu erhalten, in der Vergangenheit immer wieder gescheitert seien.

Chance muss genutzt
werden

„Es bringt nichts, wenn das Gebäude weitere zehn Jahre leer steht“, fügt Volksbank-Justiziar Abuzar Erdogan hinzu. Vielmehr müsse man die Chance nutzen, dass zwei Rosenheimer Unternehmen Interesse haben, etwas in Aising zu verändern. Auch, wenn diese geplante Veränderung bisher nicht bei allen Bürgern gut ankommt.

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