Schnaps-Diebestour durch Rosenheim

von Redaktion

Rund 65 geklaute Alkohol-Flaschen – Videomaterial überführt drei Männer

Rosenheim – Garmisch, München, Rosenheim und retour – im Herbst vergangenen Jahres waren zwei Georgier und ein Ukrainer auf Diebestour. Das Ziel: flaschenweise Hochprozentiges von namhaften Herstellern. Nun mussten sich die drei Männer vor dem Rosenheimer Schöffengericht verantworten. Kopf der Gruppe war ein 33-jähriger Mann aus Georgien. Er wurde beschuldigt, bereits am 28. September in einem Einkaufsmarkt in Großweil (Landkreis Garmisch-Partenkirchen) zwölf Flaschen Whiskey und Cognac im Wert von rund 400 Euro in seinen Rucksack gepackt zu haben, ohne die Ware zu bezahlen. Danach sollen sich die drei Angeklagten zusammengetan haben, um arbeitsteilig nach gleichem Muster Diebstähle zu begehen.

Bandenmäßige
Absprache

So sah es zumindest die Staatsanwaltschaft. Sie ging von einer bandenmäßigen Absprache in sechs tatmehrheitlichen Fällen aus. Die Angeklagten hatten dies jedoch vehement bestritten. Fakt war, dass die drei Männer mit dem VW Golf des Ukrainers am 9. und 10. Oktober von Garmisch-Partenkirchen aus auf Beutezug im Landkreis Rosenheim mit Stopps in Frasdorf, Prien, Rimsting und Amerang unterwegs waren.

Dabei sollen sie sich zum Teil gemeinsam in den Lebensmittelmärkten aufgehalten haben. Teilweise war der 33-Jährige aber allein. Das belegen Videoaufnahmen von den Überwachungskameras.

Ursprünglich wurden den Angeklagten auch noch Diebstähle in Halfing und Bad Endorf mit 37 beziehungsweise elf Flaschen Spirituosen mit einem Gesamtwert von rund 1320 Euro angelastet. Nachdem es in beiden Fällen keine Tatzeugen und keine Videoaufnahmen gegeben hatte, wurden die beiden Anklagepunkte im Hinblick auf die ohnehin zu erwartende Strafe eingestellt.

Auch die Anzahl der gestohlenen hochpreisigen Spirituosen, die laut Staatsanwältin Bichlmair in entsprechenden Kreisen ein gängiges Zahlungs- und Tauschmittel seien, musste korrigiert werden. Letztendlich ging es so „nur“ um geklaute 65 Flaschen, die auf den Videos mitgezählt werden konnten.

Insgesamt drei lange und herausfordernde Sitzungstage hat das Schöffengericht schließlich für die Wahrheitsfindung gebraucht. Das lag zum einen daran, dass Verteidigerin Retschkemann den ersten Verhandlungstag platzen ließ, weil sie im Vorfeld keine Gelegenheit hatte, die Videos mit ihrem Mandanten anzusehen, und zum anderen an einer aufwendigen Beweisaufnahme, die weitere zwei Sitzungstage erforderte.

Letztlich hatten die Angeklagten genau die Tatvorwürfe eingeräumt, die durch die Videos und das Auffinden entsprechender Waren nachzuweisen waren. Bandenmäßiges oder gemeinschaftliches Handeln bestritten sie aber weiterhin. Der 50-jährige Ukrainer gab allerdings zu, eine Kaffeemaschine und Socken gestohlen zu haben. Ansonsten habe er den 33-Jährigen – aus einer Gefälligkeit – gefahren und nur im Auto gewartet. Der 38-jährige dritte Angeklagte wollte nur aus Langeweile mitgefahren sein.

Auf den Aufnahmen der Überwachungskameras war tatsächlich vor allem der 33-Jährige zu sehen, der mit einem Einkaufswagen durch die Spirituosenabteilungen fuhr, dabei nach und nach Flaschen in seinen Rucksack packte und die zugehörigen Verpackungen wieder in den Regalen verschwinden ließ. Der 38-Jährige war in dem Video nur kurz zu sehen, ohne dass er dabei jedoch etwas entwendet hat. Alle drei gemeinsam waren auf keinem Video zu sehen.

Das Trio war schließlich in Frasdorf gestoppt worden. Der Geschäftsführer eines Einkaufsmarkts hatte den 33-Jährigen beim erneuten Betreten anhand vorheriger Videoaufzeichnungen erkannt und mit einem zufällig anwesenden Polizeibeamten die Verfolgung aufgenommen. Dabei konnte auch der 38-jährige Georgier festgenommen werden, der angeblich zufällig in der Nähe des Einkaufsmarkts eine Toilette gesucht hatte.

Bei der Wohnungsdurchsuchung in Garmisch wurde bei dem Mann allerdings eine Vielzahl diverser Spirituosen sichergestellt. Außerdem hatte er auch auf seinem Handy Bilder mit jeder Menge Schnapsflaschen gepostet. Staatsanwältin Bichlmair war davon überzeugt, dass die drei Angeklagten gemeinsame Sache gemacht und somit bandenmäßig gehandelt haben. Die beiden Georgier und der Ukrainer seien gezielt losgefahren, um in großem Stil Alkohol zu stehlen. Die Dunkelziffer der Diebstähle sei wahrscheinlich noch höher.

Zugunsten der beiden 38- und 50-jährigen Angeklagten wurde gewertet, dass sie bisher polizeilich noch nicht in Erscheinung getreten sind. Beide hatten sich zudem einige Monate in Untersuchungshaft befunden. Für sie wurde eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten beantragt. Für den 33-Jährigen, der mehrfach vorbestraft sei und über eine Menge krimineller Energie verfüge, wurde wegen Diebstahls und schweren Bandendiebstahls eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten vorgeschlagen.

Die Verteidigerinnen des Georgiers, Sommer und Retschkemann, sahen jedoch keinen bandenmäßigen Diebstahl. Bei der Festnahme sei der Ukrainer nicht dabei gewesen. Für eine Bande brauche es aber mindestens drei Personen. Daher stehe die Forderung der Staatsanwältin in keiner Relation zur Tat, bemängelten die Verteidigerinnen. Sie beantragten für ihren Mandanten eine Freiheitsstrafe wegen gewerbsmäßigen Diebstahls zwischen zwei Jahren und drei und zwei Jahren und neun Monaten.

Überzogenes
Strafmaß?

Auch Verteidiger Nico Werning fand das Strafmaß für seinen 38-jährigen Mandanten überzogen. Er sei nur einmal in einem Markt dabei gewesen. Es gebe außer einem Video keinen objektiven Tatbeweis. Er sei nur Beifahrer gewesen, das könne allenfalls als Beihilfe gewertet werden, fand der Verteidiger und plädierte für eine Bewährungsstrafe von einem Jahr. Verteidiger Alexander Kohut beantragte für den 50-jährigen Ukrainer eine Bewährungsstrafe von maximal einem Jahr. Sein Mandant sei geständig gewesen und der Schaden sei gering. Er sei nicht vorbestraft und habe eine gute Sozialprognose.

Das Schöffengericht mit der Vorsitzenden Richterin Hubert sah den Tatvorwurf des bandenmäßigen Diebstahls ebenfalls nicht zweifelsfrei bestätigt. Es verurteilte den 33-jährigen Georgier wegen fünf Diebstählen in besonders schwerem Fall zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten. Sein 38-jähriger Landsmann und der Ukrainer erhielten wegen Beihilfe in vier Fällen Bewährungsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten. Damit lag das Strafmaß deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die bereits Einspruch gegen das Urteil eingelegt hat.

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