Rosenheim – Es war eine Nachricht, die wohl dem ein oder anderen Autofahrer einen Schreck eingejagt hat. In Bayern sind im vergangenen Jahr die Autodiebstähle deutlich angestiegen. 2023 wurden dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zufolge fast 200 Autos mehr geklaut als im Jahr davor – insgesamt waren es im Freistaat fast 600 Stück. Das Bundeskriminalamt (BKA) spricht sogar von rund 16000 Autos, die in ganz Deutschland dauerhaft verschwunden sind.
Zahlen wenig
vergleichbar
Auch beim Polizeipräsidium Oberbayern Süd kennt man diese Zahlen. Wirklich zu vergleichen mit der Situation in und um Rosenheim seien sie aber nicht, sagt Pressesprecher Stefan Sonntag. Und das, obwohl es dem Polizisten zufolge dort 70 Fälle im Zusammenhang mit einem Autodiebstahl gegeben hat. Wirkliche Diebstähle von Autos, wie man sie sich vielleicht vorstellt, hätten dabei nur einen sehr geringen Anteil, betont der Pressesprecher.
Denn auch das Klauen von E-Scootern und die „unbefugte Ingebrauchnahme“ eines Autos landen zum Beispiel in der Statistik für Autodiebstähle. Das sind unter anderem Fälle, in denen ein Familienmitglied – meist nach einem Streit – den gemeinsamen Schlüssel nimmt und mit dem Auto davonfährt, erklärt Polizeihauptkommissar Robert Maurer. Auch diese Meldungen schlagen bei der Polizei zunächst als „Autodiebstahl“ auf – selbst wenn die Fahrzeuge wenig später ein paar Straßen weiter wieder auftauchen. Diese Fälle seien auch die häufigsten, sagt Maurer. Diebstähle, bei denen das Auto tatsächlich geklaut wurde, gab es in Rosenheim 2024 zwei – 2023 war es einer. Im Februar dieses Jahres brach ein unbekannter Täter in ein Geschäft in der Kufsteiner Straße ein, berichtet der Hauptkommissar. Dort stahl er zwei Fahrzeugschlüssel von zwei VW im Wert von rund 95000 Euro und entkam zunächst mit den beiden Autos. „Die Fahrzeuge konnten kurz danach aber wieder sichergestellt werden“, betont Maurer. Auch der Täter wurde geschnappt – im Umfeld des Autohauses. Im März verschwand dann ebenfalls ein VW – mit einem Wert von 3000 Euro – bei einem Autohändler in der Klepperstraße. Dem BKA zufolge werden Autos von Volkswagen auch mit Abstand am häufigsten gestohlen. Danach kommen Audi, Mercedes, BMW und Toyota. Auffällig sei allerdings, dass die Anzahl der Diebstähle bei höherpreisigen Marken zurückgegangenen ist und Autos von japanischen und südkoreanischen Herstellern wie Honda oder Hyundai „beliebter“ bei den Tätern wurden. Warum aber in Rosenheim weniger Fahrzeuge geklaut werden, obwohl Oberbayern und München zahlenmäßig an der Spitze stehen, konnten auch die beiden Polizisten nicht genau beantworten. Auch, wieso die Autodiebstähle überhaupt steigen, sei schwierig zu erklären. Eine mögliche Ursache liefert der ADAC. „Immer mehr moderne Fahrzeuge verfügen über ein sogenanntes Keyless-System, das teilweise auch zur Serienausstattung der Autos gehört. So ist es für Kriminelle leichter geworden, diese Fahrzeuge zu entwenden“, sagt Pressesprecherin Melanie Mikulla auf OVB-Anfrage.
Digitale Schlüssel
sind ein Problem
Bei diesem System erkennt das Auto per Funkverbindung den Schlüssel bereits, wenn sich der Fahrer in unmittelbarer Nähe befindet, erklärt die ADAC-Sprecherin. Auf diese Weise wird auch die Tür des Fahrzeugs entriegelt. „Dazu muss der Fahrer den Schlüssel nicht mal aus der Tasche nehmen“, sagt Mikulla. Auch der Motor lasse sich damit einfach per Knopfdruck starten, ohne dass dieser wie bei älteren Modellen im Zündschluss herumgedreht werden muss.
Das Problem: „Dieses Signal kann von Kriminellen verlängert werden“, sagt die ADAC-Sprecherin. Die Diebe müssten sich nur mit einem kleinen Gerät – der sogenannten Funkverlängerung – in der Nähe des Schlüssels und mit einem zweiten Gerät an der Autotür aufhalten. So sei es möglich, dass das Auto geöffnet werden und der Täter damit wegfahren kann, auch wenn der Schlüssel Hunderte von Metern vom Auto entfernt liegt. Auf diese Weise gebe es sogar Fälle, bei denen das Auto direkt vor dem Haus geklaut wird.
Weitverbreitete
Sicherheitslücken
Diese Sicherheitslücke sei weit verbreitet, sagt Mikulla. „Der ADAC hat mittlerweile knapp 700 Autos mit der Keyless-Funktion überprüft und konnte 90 Prozent der Fahrzeuge mittels einer Funkverlängerung öffnen und starten“, kritisiert die Sprecherin. Daher habe der Verein den Herstellern schon empfohlen, eine digitale Funktechnik zu verbauen. Diese sei wesentlich sicherer. Autofahrern werde empfohlen, in der Betriebsanleitung des Autos nachzusehen, ob sich das Keyless-System bei Bedarf deaktivieren lässt. Auch eine Garage oder das Aufbewahren der Funkschlüssel nicht in der Nähe von Außentüren, Außenwänden und Fenster könne helfen.