„Sowas erlebt man nur im Ehrenamt“

von Redaktion

Johanniter berichten nach Ehrung über unvergessene Einsätze und Bewältigungs-Rituale

Rosenheim/Wasserburg – Bei der Ehrung in Rosenheim hat Bayerns Innenminister Joachim Herrmann zahlreiche Ehrenamtliche ausgezeichnet. Unter ihnen auch die Johanniter Markus Haindl (47) und Josef Huber (47) aus der Gemeinde Amerang. Im OVB-Gespräch erzählen sie von unvergesslichen Einsätzen und wieso es im Ehrenamt nicht nur darum geht, anderen zu helfen.

Während andere am Wochenende feiern, sind die Mitglieder der Johanniter unterwegs und helfen – da, wo Not am Mann ist. „Wir waren schon in ganz Deutschland“, erzählt Markus Haindl. Der 47-Jährige ist schon lange bei den Johannitern tätig, seit 2003 sogar hauptamtlich.

Selbstorganisation
ist wichtig

Trotzdem sei es schwierig, alle Aufgaben unter einen Hut zu bringen. „Tagsüber habe ich als Regionalleiter viele Termine. Dann kommt auch der Hausnotruf dazu oder Fahrdienste und natürlich die Verwaltung.“ Das Ehrenamt findet dann meist nur noch abends oder am Wochenende statt, so Haindl. Daran habe sich auch die Familie mittlerweile gewöhnt, wie er erklärt. „Wenn der Piepser geht, wissen schon alle, dass ich jetzt halt weg muss.“

„Ehrenamtlich bin ich eigentlich immer nur außerhalb der Arbeitszeit unterwegs“, erzählt auch Josef Huber. Mittlerweile wird es aber auch wegen der Familie bei ihm etwas weniger, so der 47-Jährige. Seine Frau habe er kennengelernt, als er bereits ehrenamtlich engagiert war. „Sie hat also schon gewusst, worauf sie sich einlässt“, schmunzelt Huber. In ihrer Zeit bei den Johannitern haben die beiden viel erlebt und werden auch ab und zu mit unschönen Situation konfrontiert. „Pöbeleien beschäftigen einen schon manchmal etwas länger“, erzählt Haindl. „Im Sanitätsdienst wird man auch ab und zu angegriffen. Meistens weil Menschen stark alkoholisiert sind.“ Das gehöre tatsächlich fast zum Alltagsgeschäft. „Aber es frustriert natürlich immer wieder.“ Huber kann das bestätigen. „Wir haben das natürlich auch erlebt.“ Er sagt aber, so schlimm wie es manch anderer Feuerwehrler oder Polizist schon erlebt habe, sei es bei ihm noch nicht gewesen.

Auch Kräfte der Johanniter werden mit schlimmen Einsätzen konfrontiert. Haindl ist sich sicher, dass der Fachbereich der psychosozialen Notversorgung, also das Kriseninterventionsteam, am härtesten auf die Probe gestellt werde. „Die kommen immer dann zum Einsatz, wenn zum Beispiel jemand aus der Familie verstorben ist“, so Haindl.

Die Mitglieder hätten bestimmte Rituale. „Manche ziehen an der Dienststelle ihre Dienstkleidung aus und damit ist das für sie symbolisch abgeschlossen. Andere gehen noch mal duschen.“ Für Haindl persönlich ist es wichtig, dass nach dem Dienst bei einem Getränk im Team darüber gesprochen werde. „Das gehört einfach zum Verarbeitungsprozess dazu“, betont er.

Beim Kriseninterventionsteam seien sie beide aber nicht. „Ich habe beim Aufbau mitgeholfen“, erklärt Haindl. Das Team bestehe aus ausgewählten Menschen, die vor allem psychisch stabil sind. „Für mich persönlich wäre das nichts“, so Haindl. Er sei beispielsweise für den Hausnotrufdienst zuständig und habe dadurch eher die ältere Gesellschaft zu versorgen. „Da überwiegt zu 90 Prozent das Positive“, betont Haindl. „Die sind oft so dankbar, das macht einfach Spaß.“

Was auch immer positiv im Gedächtnis bleibe, seien größere Einsätze, bei denen man weiter weg ist. „2002 waren wir zum Beispiel drei Tage mit dem Bevölkerungsschutz in Dresden. Oder beim Bombenfund in Augsburg, 2016“, erinnert sich Haindl. Auch bei Hochwasser sind die Johanniter im Einsatz. „Manchmal kommt man dann gar nicht mehr heim und schläft mit den Rettungsdienstlern in den Autos, irgendwo am Flughafen. Sowas erlebt man nur im Ehrenamt.“

Aber auch Sanitätsdienste, wenn andere feiern, machen Spaß, so Haindl. „Wenn man dann auf die aufpasst, erlebt man schon lustige Dinge“, erzählt er. Huber ist der gleichen Meinung. Er erinnert sich noch genau an den Einsatz bei Sängerin Adele, die im August in München aufgetreten war. „Das ist einfach total interessant“, sagt Huber.

Die beiden Johanniter kennen sich schon lange. Haindl und Huber stammen beide aus der Gemeinde Amerang und sind im Alter von 16 Jahren in die Feuerwehr eingetreten. „Tatsächlich habe ich die Johanniter das erste Mal auf dem Ameranger Dorffest getroffen“, erzählt Haindl. Dort habe er dann auch den Kontakt aufgebaut.

Nach seiner Arbeit bei der Telekom sei er im April 1997 im Rahmen des Zivildienstes für 13 Monate zu den Johannitern gegangen. „Da habe ich meine ersten Ausbildungen bekommen“, erinnert sich Haindl. Als er 1998 wieder zur Telekom zurückkehrt, ist er ausgebildeter Rettungssanitäter. Trotz seines Vollzeitjobs bleibt das Ehrenamt.

„Ich habe neben meinem Beruf viel bei den Johannitern aufgebaut“, erzählt Haindl. Damals hätten sie etwa den Hausnotrufdienst und den Fahrdienst ins Leben gerufen. „Irgendwann ist das zu groß geworden und die Johanniter haben gesagt, wir brauchen einen Hauptamtlichen.“ Haindl bewirbt sich auf die Stelle und ist seit 21 Jahren vollberuflich für die Johanniter da – mittlerweile als Regionalleiter Oberbayern Südost.

Huber hingegen ist sicher, dass Haindl „schuld“ an seinem Ehrenamt ist. „Er hat mich damals gefragt, ob ein Sanitätshelferkurs nichts für mich wäre“, erzählt Huber. Anfangs sei er nicht so begeistert gewesen, dann habe es ihm aber Spaß gemacht. „Mit den Leuten hat es einfach gepasst. Und so bin ich irgendwie da hängen geblieben“, erinnert er sich. Auch Huber ist ausgebildeter Rettungssanitäter. „Das habe ich neben dem Studium gemacht, bevor es mit dem Arbeitsleben losgegangen ist“, erklärt er.

Haindl hilft auch bei der Hundestaffel aus. „Meistens geht der Piepser um 23.30 Uhr, wenn es kalt ist und regnet“, lacht er. Dann sei man schon mal vier, fünf Stunden irgendwo draußen in den Wäldern unterwegs. „Aber weil das Team passt, ist immer Freude dabei.“

Haindl und Huber sind schon 25 Jahre dabei. Zum Dank wurden sie nun von Bayerns Innenminister, Joachim Herrmann geehrt. „Ein bisschen stolz ist man schon“, sagen die beiden Ameranger. „Man macht es aber nicht, damit man so ein Abzeichen bekommt, sondern weil es Spaß macht“, meint Haindl. „Trotzdem ist es natürlich schön, wenn es anerkannt wird“, fügt Huber hinzu.

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