Nach Kritik am Ganser-Auftritt: Jetzt sprechen die Stadträte

von Redaktion

„Falscher Wissenschaftler“ und „Spalter“ – Aber: „Auch einem Verschwörungstheoretiker kann man Meinung nicht verbieten“

Rosenheim – Dieser Besuch sorgt für Wirbel. Und für sehr unterschiedliche Meinungen. Wir haben bei den Rosenheimer Stadträten nachgefragt.

Robert Multrus, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler/UP: „Grundsätzlich lehnen wir jede Art von Hetze und die Verbreitung extremistischer Ansichten, sei es politischer oder religiöser Art ab. Wir finden die Veranstaltung mit Daniele Ganser im Kuko daher wenig erfreulich. Wir sehen jedoch, dass das Kuko als öffentlicher Veranstaltungsort, auch wenn Träger die Stadt Rosenheim ist, verpflichtet ist, alle Veranstaltungen durchzuführen, soweit dabei keine verfassungswidrigen Inhalte verbreitet oder strafrechtlich relevante Handlungen begangen werden. Wichtig ist für uns dabei vor allem, dass wir in einem freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat leben, in dem es zulässig ist, unbequeme und den Auffassungen einer großen Mehrheit nicht entsprechende Meinungen frei zu äußern. Dies ist ein hohes Gut, auf das wir stolz sein sollten und das wir mit Blick auch auf gar nicht so weit entfernte Nachbarschaft bewahren sollten.

Vor diesem Hintergrund sehen wir keine Grundlage, derartige Veranstaltungen zu verbieten. Es würde sich in der Konsequenz dann auch die Frage stellen, wer, wo und wie die Grenzen zieht, was zulässig oder vertretbar sein soll und was nicht, soweit der von Verfassung und Strafrecht vorgegebene Rahmen gewahrt bleibt. Verbote innerhalb dieses Rahmens führen zu Zensur.

Auch diese hat es in unserem Land schon gegeben und sollte es nie wieder geben. Eine starke Demokratie und überzeugtes Einstehen für unseren Rechtsstaat können solche Veranstaltungen vertragen.

Sonja Gintenreiter und Peter Rutz, Fraktionsvorsitzende der Grünen: „Die Stadt hat zwar keine Rechtsgrundlage die Veranstaltung zu verhindern, aber sie muss sich positionieren. Auch einem Verschwörungstheoretiker wie Herrn Ganser kann man seine Meinung nicht verbieten. Aber zur Meinungsfreiheit gehört auch das Recht der Gegenrede.

Wir betonen, dass wir inhaltlich völlig anderer Ansicht als Herr Ganser sind und die bei ähnlichen Veranstaltungen gefallenen Äußerungen und Einschätzungen für nur schwer hinnehmbar halten. Wir haben volles Verständnis für die Menschen, die diese Inhalte nicht akzeptieren und dagegen auch demonstrieren wollen.“

Herbert Borrmann, Fraktionsvorsitzender der CSU: „Den Auftritt des Verschwörungstheoretikers Daniele Ganser sehe ich mehr als kritisch. Mit solchen Auftritten werden leichtgläubige Menschen bewusst mit Falschinformationen gesteuert. Unter dem Deckmantel angeblicher Wissenschaftlichkeit verbreitet Ganser seit Jahren Verschwörungsmythen und macht damit ein gutes Geschäft. Daniele Ganser inszeniert sich fälschlicherweise als Wissenschaftler.

Dies darf er leider auch nach Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der der Veranstalter ein Recht auf Zugang zu öffentlichen Einrichtungen hat. Daher sehe ich keine rechtlichen Möglichkeiten, die Veranstaltung im Kuko zu verbieten. 

Entsprechende Prozesse hat Ganser gewonnen. Die eingehende Prüfung des Kuko begrüße ich, die Gründe für die Durchführung sind nachvollziehbar. Die von Herrn Ganser veröffentlichten Äußerungen müssen weiterhin massiv kritisiert werden und sind definitiv ein Angriff auf unsere Demokratie.“

Andreas Kohlberger, Fraktionsvorsitzender der AfD: „Wollen wir die Demokratie einer kleinen Gruppierung von Meinungsfremden überlassen oder leben wir in einer wirklichen Demokratie? Ich hatte Herrn Ganser in Bad Aibling angesehen und damit beweist man wirklich Demokratie, denn andere Meinung zu hören, aber selbst Entscheidungen zu treffen, ist meine Devise. Das ist Demokratie.

 Im Übrigen ist es die Aufgabe des Kultur- und Kongresszentrums darüber zu entscheiden, wer eine Bühne bekommt und nicht die einer kleiner verwirrten Gruppierung.“

Abuzar Erdogan, Fraktionsvorsitzender der SPD: „Daniele Ganser ist niemand, der einen Beitrag zum politischen Diskurs leistet. Es handelt sich um einen Verschwörungstheoretiker mit kruden Theorien. Ich halte es in diesem Zusammenhang mit dem Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, Herrn Ludwig Spaenle (CSU): Auch in einem demokratischen Staat, in dem die Meinungsfreiheit ein hohes Gut darstellt, müssen die demokratischen Räume verteidigt werden. Verschwörungsideologen verfolgten nur das eine Ziel, die Gesellschaft zu spalten, um schlussendlich die Demokratie zu zerstören. Daher bin ich der Meinung, dass eine städtische Einrichtung solchen Verschwörungstheoretikern keine Bühne bieten sollte, auf der sie mit antiwestlichen Thesen auch noch Geld verdienen.“ hei

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