Rosenheim – Die Resonanz könnte unterschiedlicher nicht ausfallen. Während sich zahlreiche Menschen den Termin am morgigen Sonntag dick im Kalender eingetragen haben, setzen andere alles daran, dass der geplante Auftritt des selbst ernannten Friedensforschers Daniele Ganser doch noch abgesagt wird. Dieser gilt, so sagt es Dr. Ludwig Spaenle, Antisemitismusbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung, „zu den unverbesserlichen Akteuren der verschwörungsideologischen Szene im deutschsprachigen Raum“.
„Verschwörungsideologien erscheinen zunächst harmlos, lassen aber ihre oft antisemitisch und rechtsextremistisch geprägten Erzählungen unter harmlos scheinenden Friedens-, Gesundheits- und Naturbotschaften in unsere Demokratie einsickern“, heißt es deshalb von Vertretern des Rosenheimer Bündnisses „No AfD Rosenheim“. Sie haben sich mit 16 kirchlichen, gewerkschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Gruppen – darunter die Linke, die SPD Kolbermoor, Verdi-Ortsverein Rosenheim sowie ‚Omas gegen Rechts‘ – zusammengetan und einen offenen Brief an Oberbürgermeister Andreas März, Florian Englert, Geschäftsführer der Veranstaltungs- und Kongress GmbH sowie alle Aufsichtsratsmitglieder verfasst. Der Tenor: Das Kuko müsse als demokratischer Raum geschützt werden.
„Wir finden es unverantwortlich, dass im Kuko gefährlichen und antidemokratisch agierenden Demagogen völlig kritiklos und unkommentiert Räume für die Präsentation ihrer Ideologien zur Verfügung gestellt werden“, heißt es in dem offenen Brief. Die Unterzeichner fordern deshalb, dass die Veranstaltung abgesagt wird und das Kuko mit einer Satzung ausgestattet wird, die es erlaubt, „mit entsprechenden Benutzerordnungen, Hausrecht und Ausschlussklauseln demokratiefeindliche Veranstaltungen abzulehnen“.
Doch zumindest Ersteres scheint alles andere als einfach. Das hatte Florian Englert bereits in der Vergangenheit mehr als deutlich gemacht. „Beim Kuko handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung der Stadt Rosenheim, welche dem gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben der Stadt Rosenheim gewidmet ist“, sagte er auf OVB-Anfrage. Aufgrund dieser Konstellation sei die VKR bei der Bearbeitung von Veranstaltungsanfragen an das öffentliche Recht, insbesondere die Grundrechte der anfragenden Veranstalter gebunden. Heißt: Wenn die angefragten Räumlichkeiten nicht anderweitig vergeben sind, die Personenkapazität nicht überschritten wird und bei der Veranstaltung keine verfassungsfeindlichen oder strafrechtlich relevanten Inhalte zu befürchten sind, können keine Absagen erteilt werden.
Das unterstreichen auch die Vertreter des Aufsichtsrats der Veranstaltungs- und Kongress GmbH. „Der Aufsichtsrat distanziert sich klar vom Auftritt Daniele Gansers im Rosenheimer Kuko“, heißt es in einer Stellungnahme. Gleichzeitig müsse man sich jedoch an die rechtlichen Grundlagen halten. Auch sie weisen darauf hin, dass die Auswahl der Veranstaltungen den Vorgaben des Grundgesetzes unterliegt – mit Recht auf Meinungsfreiheit, Chancengleichheit, Handlungsfreiheit sowie der freien Berufsausübung.
„Unter diesen Voraussetzungen ist es der VKR nicht möglich, den Auftritt Daniele Gansers zu untersagen“, heißt es.
Man verstehe und teile jedoch die Kritik an der Veranstaltung, teilt der Aufsichtsrat mit. „Wir können aber nicht den Boden des Grundgesetzes verlassen, um eine unliebsame Veranstaltung zu verhindern“, heißt es weiter.
Ohne Protest wird die Veranstaltung aller Voraussicht nach aber nicht ablaufen. So hat sich bereits eine Gegenveranstaltung angekündigt. Unter dem Motto „Rosenheim gegen Verschwörungsideologien“ wird das Bündnis gegen Verschwörungsideologie, mit Unterstützung des Bündnisses gegen rechte Hetze am Sonntag, 3. November, ab 17.30 Uhr im Salingarten stehen und die Besucher der Veranstaltung für „die Gefahr sensibilisieren, die von Verschwörungsideologien für die Demokratie ausgehen“.
„Die Rosenheimer Polizeiinspektion ist an diesem Tag entsprechend im Einsatz“, bestätigt Hauptkommissar und Einsatzleiter Robert Maurer. Die Mitarbeiter werden von Beamten des Einsatzzuges aus Bad Aibling unterstützt. Vor einigen Tagen habe es ein Kooperationsgespräch zwischen Veranstalter, Ordnungsamt und Polizei gegeben – „mit einem positiven Ergebnis“, wie Maurer betont.
Anna Heise