Rosenheim – Günter Eberle hat keine Lust mehr, nur tatenlos herumzusitzen. Seit anderthalb Jahren lebt er in Rosenheim. Davor war er in Baden-Württemberg, Berlin und Sachsen. Er fährt gerne und häufig mit dem Bus, auch, weil er seit einer Operation im August auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen ist. Umso größer ist sein Unmut über die Situation in der Stadt. Die Busse würden nicht oft genug fahren, zu selten am Samstag und am Sonntag überhaupt nicht.
Regelmäßiger
Stadtverkehr am
Wochenende
„Es muss einfach etwas getan werden“, sagt er am Telefon. Aus diesem Grund hat er eine Online-Petition gestartet. Seine Forderung: ein regelmäßiger Stadtbusverkehr am Wochenende. „Es gibt viele Rosenheimer, die auf den Stadtbus angewiesen sind, um in die Innenstadt zu gelangen“, sagt er. Und meint damit auch sich selbst. Denn um zu seiner Reha zu kommen, muss er mit dem Bus fahren. Ein Vorhaben, das nicht immer reibungslos funktioniert.
Aus diesem Grund soll – wenn es nach Günter Eberle geht – an Samstagen alle 30 Minuten ein Bus fahren, an Sonntagen alle 60 Minuten. „Dies ist unerlässlich für die Belebung der Innenstadt“, unterstreicht er. Doch statt einer Taktverdichtung soll der seit Februar 2023 gültige, ausgedünnte Notfahrplan des Stadtverkehrs zum neuen Standardprogramm werden. Dafür hatten sich die Mitglieder des Verkehrsausschusses einstimmig ausgesprochen.
Anstelle also wie früher alle 15 beziehungsweise 30 Minuten soll der Bus an Samstagen künftig nur noch einmal pro Stunde fahren. An Sonn- und Feiertagen sollen die Fahrzeuge zudem weiterhin den gesamten Tag über im Depot stehen bleiben. Für Eberle ein Unding. Seine Petition soll jetzt, so hofft er, zu einem Umdenken führen. 96 Bürger haben bereits ihre Unterschrift unter die Petition gesetzt, weitere sollen folgen. Dafür will Günter Eberle sorgen. Er will Flyer drucken, Plakate an verschiedenen Standorten aufhängen. „Wir machen weiter“, verspricht er.
Unterstützung gibt es von den Rosenheimer Grünen. Zumindest in einem Punkt. In einem Antrag an Oberbürgermeister Andreas März (CSU) fordern sie die Einführung eines Busverkehrs an den verkaufsoffenen Sonntagen – und zwar viermal im Jahr, jeweils zwischen 11 und 18 Uhr. „Die verkaufsoffenen Sonntage locken zahlreiche Bürger in die Stadt“, heißt es vonseiten der Fraktion. Neben dem Marktgeschehen hätten auch zahlreiche Einzelhändler ihre Geschäfte geöffnet.
Das Problem: Bisher findet an diesen Tagen kein Busbetrieb statt. „Die Einführung eines Busverkehrs bietet den Bürgern zum einen die Möglichkeit, entspannt in die Stadt zu gelangen, darüber hinaus würde das zusätzliche Angebot auch einen Anreiz schaffen, den Busverkehr zu nutzen“, sagt Grünen-Fraktionsvorsitzende Sonja Gintenreiter.
Unterstützung gibt es von der neuen Citymanagerin Kathrin Schrubar. „Ich finde den Antrag gut und würde die Umsetzung als Bereicherung für die Rosenheimer und eine positive Entwicklung für den Einzelhandel bewerten“, sagt sie auf OVB-Anfrage. Sie macht aber auch deutlich, dass sie davon ausgeht, dass es generell an Sonntagen keinen Busverkehr geben wird, da die Auslastung zu gering ist. „An verkaufsoffenen Sonntagen kann ich mir aber sehr gut vorstellen, dass mehr als genug potenzielle Passagiere vorhanden wären“, fügt sie hinzu.
Sie schlägt vor, auch das nähere Umland mit einzubeziehen und über Shopping-Shuttles nachzudenken, die an Sonntagen zu bestimmten Uhrzeiten unterwegs sind. „Wichtig wäre aber dafür zu sorgen, dass das Angebot durch passende Werbemaßnahmen bei den potenziellen Nutzern auch ankommt“, sagt sie.
Ob es tatsächlich einen Busverkehr an den vier verkaufsoffenen Sonntagen in Rosenheim geben wird, soll in einem der kommenden Ausschüsse besprochen werden. Mehr scheint aber mit Blick auf die Finanzen nicht drin zu sein. So hatte Oberbürgermeister März erst vor einigen Wochen deutlich gemacht, dass man die Wirtschaftlichkeit nicht aus den Augen verlieren dürfte. Das sei auch ein Grund dafür, warum der Fahrplan und die Betriebszeiten angepasst werden müssten.
„Wir müssen uns überlegen, wo der Euro seine größte Wirkung hat“, sagte er. Und das sei eben nicht am frühen Morgen oder am späten Abend. Stattdessen müsse der Fokus auf den Kernzeiten liegen. Dass der ÖPNV generell nicht so schlecht sei wie dargestellt, unterstreicht Christian Baab, Pressesprecher der Stadt Rosenheim. So lag die Ausfallquote im September ihm zufolge bei 0,13 Prozent. Heißt: Von insgesamt 14498 Linien fielen 20 aus. Wegen Staus, Unfällen oder kurzfristiger Krankheit.
„Die Verspätungsquote ab zehn Minuten liegt unter einem Prozent“, sagt er. Auch hier seien Staus die Hauptursache. Zudem unterstreicht er, warum es durchaus sinnvoll sei, die Betriebszeiten anzupassen. So würde der durchschnittliche Fahrgastanteil der Nachtbusse bei 0,6 Prozent liegen. „Wir fahren eigentlich nur heiße Luft spazieren“, sagte Tobias Weiß, Geschäftsführer des Rosenheimer Stadtverkehrs, bereits vor einigen Wochen.
Vonseiten des Münchener Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV) läuft derzeit eine Fahrgastbefragung. Sogenannte Befragungsteams sind sowohl unter der Woche als auch an Samstagen unterwegs. Sie befragen die Fahrgäste zu ihrem Reiseweg und der Art des genutzten Tickets. Bei Tages-, Zeit- oder Abokarten wird zusätzlich gefragt, wie häufig der Fahrschein genutzt wird.
Auswertung
frühestens ab
Juli 2025
„Eine Auswertung der Daten wird nach Abschluss der Befragung – also frühestens ab Juli 2025 – erfolgen und erfahrungsgemäß einige Monate dauern“, sagt MVV-Pressesprecherin Sonja Schneider. Die Verkehrserhebung werde deshalb durchgeführt, um die Fahrgeldeinnahmen innerhalb des MVV gerecht zwischen den verschiedenen Verkehrsunternehmen im Verbundgebiet zu verteilen.