„Machen wir nicht gerne“

von Redaktion

Sparkurs in Bayern: Das Kabinett kürzt Gelder für Eltern und Pflegende. Warum Familiengeld und Pflegegeld künftig anders eingesetzt werden, warum es keine leichte Entscheidung war – und wen er als Schuldigen sieht, erklärt der Rosenheimer Landtagsabgeordnete Daniel Artmann gegenüber dem OVB.

Rosenheim – Schuldenbremse, Haushalt, Finanzen: In Berlin knipsten diese Streitthemen der Ampel-Koalition letztlich das Licht aus. Es geht ums Geld – nicht nur in der Bundesregierung. Auch in Bayern ist inzwischen Sparen angesagt. Am vergangenen Dienstag hat sich das Kabinett auf eine Neuverteilung beim Familien-, Krippen- und Pflegegeld geeinigt. Zum Nachteil von Eltern und Pflegebedürftigen, die erhalten künftig weniger direkte Zahlungen vom Freistaat. Das „umverteilte“ Geld soll schließlich in den Bau von Kindergärten, Krippen und in die Pflege investiert werden.

Statt Geld
bessere Strukturen

Was für Eltern, die damit weniger Geld auf dem Konto haben, eine schlechte Nachricht ist, wird von anderer Stelle befürwortet. „Damit kann zum Beispiel die Förderung der Kinderbetreuung ausgebaut und die Qualität von Pflege für die Betroffenen verbessert werden“, sagt Markus Pannermayr, Vorsitzender des Bayerischen Städtetags.

Auch beim Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste befürwortet man den Schritt. „Es ist oftmals nicht das Geld, das fehlt, sondern es sind die Strukturen der pflegerischen Versorgung“, sagt der bayerische Landesvorsitzende Kai A. Kasri. „Wer keinen Pflegedienst, keine Tagespflege oder kein Pflegeheim mehr findet, kann auch das bayerische Pflegegeld nicht ausgeben.“ Ein schwacher Trost für Betroffene. Aber: „Wir sind leider dazu gezwungen“, sagt der Rosenheimer Landtagsabgeordnete Daniel Artmann (CSU), der dort im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen sitzt. „Was wir jetzt machen, machen wir nicht gerne“, betont er. Dennoch: Der Wirtschaft gehe es derzeit nicht gut, weshalb man nun zum Handeln gezwungen sei. „Man wird sich künftig viele Dinge nicht mehr leisten können.“ So also auch das Familien- und Pflegegeld.

„Karren steckt ganz schön tief im Dreck“

Die Ursache sei laut Artmann „hausgemacht“ – und zwar in Berlin. Dort seien schlichtweg Dinge entschieden worden, die „nachhaltig unsere Wirtschaft geschwächt haben.“ Daher empfindet er auch den finalen Ampel-Bruch als zu spät. „Jetzt sind bereits so viele Dinge in die falsche Richtung gelaufen. Wenn wir in der neuen Bundesregierung sind, stehen wir vor großen Herausforderungen. Denn die Fehlentscheidungen der Ampel lassen sich leider nicht von heute auf morgen zurückdrehen.“ Artmann zufolge habe Lindner viel zu spät die Notbremse gezogen. „Der Karren steckt schon ganz schön tief im Dreck.“

Die wirtschaftlich schwierige Lage sehe man dem Landtagsabgeordneten zufolge nicht nur an großen Unternehmen wie Volkswagen, Audi oder BMW. Auch die regionalen Betriebe hätten damit zu kämpfen. Als Beispiel nennt Artmann den Stephanskirchner Bodenbelagshersteller Hamberger, der kürzlich erneut Stellen streichen musste. „Dadurch gehen auch die Steuereinnahmen zurück. Denn weniger Arbeitsplätze bedeuten auch weniger Lohnsteuer für die Kommunen.“ Und genau diese Gelder fehlen am Ende. „Wenn es der Wirtschaft nicht gut geht, ist der Staat zu Kürzungen gezwungen und auch der soziale Wohlstand leidet.“ So nun geschehen. SPD und Grüne hätten das Land an die Wand gefahren. „Jeder Tag früher, an dem dieser Spuk vorbei ist, ist ein guter Tag für Deutschland“, sagt Artmann.

All dem Unmut über die Ampel-Regierung zum Trotz müsse die bayerische Regierung jetzt handeln. Und zwar nicht nur beim Familien- und Pflegegeld. Auch beim Thema Asyl müsse man laut Artmann künftig einsparen. So sollen Kreisverwaltungsbehörden beispielsweise besonders teure Unterkünfte nachverhandeln. „Bei auslaufenden Verträgen müssen wir wieder zu marktüblichen Preisen kommen“, fordert Artmann. Dadurch, dass der Freistaat – anders als in anderen Bundesländern – die Kosten für die Unterkunft komplett übernimmt, hätten manche Kommunen schlichtweg gar nicht mehr verhandelt. Es war schließlich nicht „ihr eigenes Geld.“

Artmann fordert Bürgergeld-Aus

Von der künftigen Bundesregierung erwartet der CSU-Politiker auch eine grundlegende Änderung beim Thema soziale Sicherung. Konkret: Die Abschaffung des Bürgergelds in seiner heutigen Form. Dieses schaffe „völlig falsche Anreize“ – auch für Migranten. „Der Sozialstaat ist für die da, die nicht mehr arbeiten können oder aufgrund von Behinderungen oder Krankheiten noch nie arbeiten konnten“, sagt Artmann. „Aber nicht für die, die nicht arbeiten wollen.“ Deutschland brauche insgesamt Arbeitskräfte, nicht nur Fachkräfte.

Sich jetzt auf die Themen Wirtschaft und Migration zu konzentrieren, sei wichtig. Bei den Wahlen in den USA hätten diese Donald Trump den Sieg gebracht. Doch sollte man jetzt auch hierzulande eine Schiene wie Trump fahren, nur um Wählerstimmen zu sammeln? „Nein, wir müssen ehrliche Sachpolitik machen“, sagt Artmann. Die Themen, die die Menschen wirklich bewegen, seien Wirtschaft, finanzielle Sicherheit und Migration. „Deswegen muss man auch die Dinge, die nicht richtig laufen, klar benennen“, ist Artmann überzeugt.

Optimistischer Blick auf Bundestagswahl

Auf die kommende Bundestagswahl, die voraussichtlich am 23. Februar stattfinden wird, blickt der Rosenheimer Landtagsabgeordnete optimistisch. „Im Moment sind die Umfragen gut. Ich habe schon den Eindruck, dass die Menschen erkannt haben, dass die Union sie am besten aus der Krise führen kann.“

Was ist das Familiengeld?

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