90-Jähriger wird Opfer einer Betrügerin

von Redaktion

Horst B. aus Rosenheim (Name von der Redaktion geändert) ist ein hilfsbereiter Mensch. Diese Eigenschaft ist ihm nun zum Verhängnis geworden. Er wurde Opfer einer fiesen Betrugsmasche und verlor einen hohen vierstelligen Betrag. Jetzt erzählt er seine Geschichte.

Rosenheim – Für Horst B. war sofort klar, dass er seine Geschichte erzählt. „Ich war ein wenig naiv“, sagt der 90-jährige Mann aus Rosenheim. Er heißt eigentlich anders, aber es ist ihm wichtig, anonym zu bleiben. Aus Sorge, dass Betrüger erneut auf ihn aufmerksam werden. So wie vor einigen Tagen, als ihn eine junge Frau auf der Straße anspricht. Sie ist schlank, hat schwarze Haare und ist um die 40 Jahre alt. Ihr Deutsch sei gut gewesen, einen Akzent hört er trotzdem raus.

Drohende
Wohnungslosigkeit

Sie sei verzweifelt gewesen, habe von ihren drei Kindern erzählt und der Wohnung, die sie sich mit ihrem Mann teilt. „Er hat ihr damit gedroht, sie rauszuschmeißen, wenn sie ihm nicht eine vierstellige Summe bezahlt“, erinnert sich Horst B. Er habe sie ans Sozialamt verwiesen, ihr den Ratschlag gegeben, sich an die Kirche zu wenden. „Sie hat gesagt, dass sie überall abgewiesen wurde“, sagt der Rosenheimer.

Die Frau habe ihn gefragt, ob er ihr nicht Geld leihen könnte. 3800 Euro, die sie ihm in Raten zurückzahlen will. Zudem habe sie angeboten, ihn im Haushalt zu unterstützen. „Das wollte ich aber nicht“, sagt Horst B. Helfen will er trotzdem. Auch, weil er so erzogen wurde.

Kurz habe er darüber nachgedacht, was wäre, wenn die Geschichte der Frau nicht stimmt. Wenn sie sich alles nur ausgedacht hat, um an sein Geld zu kommen. „Aber sie war so überzeugend. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass sich jemand so etwas ausdenkt“, sagt er. Also geht Horst B. zur Bank, hebt 3800 Euro ab und übergibt sie an die Frau.

Nicht, ohne vorher alles schriftlich festzuhalten. Auf einem Stück Papier schreibt er auf, dass er ihr Geld geliehen hat. Er ergänzt, um wie viel Geld es sich gehandelt hat und, dass die Frau zugestimmt hat, ihm die komplette Summe zurückzuzahlen. Beide unterschreiben auf dem Schriftstück. Horst B. ist zufrieden – und 3800 Euro ärmer. „Ich hätte es mir nicht verzeihen können, wenn ich ihr nicht geholfen hätte“, sagt er.

Er geht nach Hause. Einige Tage vergehen. Plötzlich habe es an seiner Haustür geklingelt. Davor stand die Frau. Wie sie an seine Adresse gelangt ist, daran kann sich der 90-Jährige nicht mehr genau erinnern. Möglicherweise habe er sie ihr gegeben, vielleicht habe sie ihn beim ersten Mal aber auch nach Hause begleitet. Feststeht, dass sie ihn erneut nach Geld fragt. Erst sei Horst B. standhaft geblieben, habe ihr gesagt, dass sie kein Geld mehr von ihm bekomme.

Doch dann habe die junge Frau ihm das Telefon ans Ohr gehalten. Er habe Kinderschreie gehört. „Ich war in diesem Moment davon überzeugt, dass alles stimmt, was sie sagt. Es hat sich so ehrlich angehört“, sagt er. Zudem wisse er, wie es sich anfühlt, wenn man in Not ist. Kurz erzählt er von seiner Kindheit. Seine Familie sei arm gewesen, das Geld habe kaum ausgereicht, um alle zu ernähren. Trotzdem seien sie irgendwie durchgekommen.

Er wird leise, versucht kurz, sich zu sammeln. Er habe es nicht über sich gebracht, die Frau wegzuschicken. Also gibt er ihr erneut Geld. Tage später steht sie wieder vor seiner Tür, erzählt ihm, dass ihre Tante an Krebs erkrankt ist. Sie brauche eine Spritze, die sie jedoch im Voraus bezahlen muss. Horst B. denkt nicht lange nach. Er geht zur Bank, will erneut Geld abheben. „Die Frau hat vor der Bank auf mich gewartet“, erinnert sich der 90-Jährige.

Am Schalter seien die Mitarbeiter der Bank dann stutzig gewesen. Zu oft sei Horst B. in den vergangenen Tagen in der Filiale gewesen, um höhere Summen abzuheben. Sie sprechen ihn an, erfahren Bruchstücke der Geschichte. Eine Mitarbeiterin läuft nach draußen, fotografiert die Frau und verständigt die Polizei. „Innerhalb von zehn Minuten waren sie vor Ort“, sagt der Senior. Die Frau war zu diesem Zeitpunkt schon über alle Berge.

Anzeige bei der
Polizei erstattet

Er habe Anzeige erstattet, der Polizei alle Details erzählt. „Ich war zu unvorsichtig und viel zu gutgläubig“, sagt er. Daran, dass er sein Geld jemals wiedersieht, glaubt er nicht. Aber er hat sich vorgenommen, vorsichtiger zu sein. Unterkriegen lässt er sich trotz allem nicht. „Auch wenn ich nicht verstehen kann, wie man jemanden absichtlich so hinters Licht führen kann.“

Die Polizei hat die Ermittlungen wegen Betrugs aufgenommen. Zeugen und weitere Geschädigte werden gebeten, sich mit der Rosenheimer Polizei unter Telefon 08031/200-2200 in Verbindung zu setzen.

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