Vom Restaurantleiter missbraucht?

von Redaktion

Alkohol, Bewusstlosigkeit, ein unklares Video: Eine Rosenheimerin verdächtigt einen 61-jährigen Restaurantleiter, sie missbraucht zu haben. Ein anonymer Hinweis alarmiert die Polizei. Jetzt ist ein Urteil gefallen.

Rosenheim/Kolbermoor – Dem Angeklagten, einem 61-jährigen Restaurantleiter, warf die Staatsanwaltschaft vor, das Tatopfer, einen weiblichen Gast, mittels Drogen willenlos gemacht und sexuell belästigt zu haben. Eine weitere Frau, eine Mieterin in seinem Anwesen, habe er beleidigt und mit dem Tode bedroht.

45 Minuten
lang bewusstlos

Im November 2023 bekam die Polizei ein anonymes Schreiben, laut dessen der Leiter eines Rosenheimer Nachtlokals einen weiblichen Gast im Juni desselben Jahres mit K.-o.-Tropfen willenlos gemacht und sexuell belästigt habe. Auch wenn das Pamphlet voller Rechtschreibfehler steckte, musste die Polizei dem doch nachgehen.

Nachdem die betroffene 32-jährige Hausfrau aus Kolbermoor von der Polizei befragt worden war, gab sie an, dass sie in dieser Nacht wohl tatsächlich sehr betrunken gewesen sei. Darüber hinaus sei sie über einen Zeitraum von etwa 45 Minuten ohne Bewusstsein gewesen. Als sie wieder zu sich gekommen war, hätte sie sich gefühlt, als seien ihr unangenehme Dinge sexueller Art widerfahren. Es habe sie zumindest auch erstaunt, dass ihre Hose geöffnet gewesen sei, ohne dass es dafür eine Erklärung gegeben habe. An Details könne sie sich nicht erinnern.

Eine Bekannte, die in dem Lokal früher tätig gewesen sei, habe sie darauf hingewiesen, dass es in dem Raum eine Video-Überwachung gebe und sie diese Aufzeichnungen gesichert habe.

Angeblich sei sie nackt auf dem Fußboden im Lokal gelegen. Aussagen von Dritten, in einem anderen Lokal hätte sie erklärt, der Angeklagte würde ihr einen Führerschein finanzieren, widersprach sie heftig.

Sie habe ohnehin bis heute keinen Führerschein. Im Übrigen habe sie die früher getätigte Anzeige gegen den Angeklagten zurückgezogen.

Die Aufnahmen wurden der Polizei übergeben und bei der Verhandlung vorgeführt. Es handelte sich um kurze Teilaufzeichnungen. Dabei wurde deutlich, dass die Frau zunächst – offensichtlich volltrunken – in dem Lokal am Fußboden sitzt und mit einem Hund spielt. In einem weiteren Ausschnitt liegt dieselbe Frau am Fußboden.

Der Angeklagte richtet sie auf, um ihr etwas zu trinken zu geben. Im nächsten Videoteil dreht der Angeklagte an der Kamera und hebt anschließend die Frau auf eine Sitzbank außerhalb des Sichtwinkels der Kamera.

Er selbst setzt sich auf dieselbe Bank – allerdings ebenfalls außerhalb des Aufnahmebereiches. Nach geraumer Zeit steht die Frau schließlich auf und geht schwankend aus dem Sichtfeld der Kamera. Ein Bekannter von ihr, den sie telefonisch darum bittet, abgeholt zu werden, berichtet, dass er von der Frau weiß, dass diese unter Alkoholeinfluss hysterisch und aggressiv wird. Er gehe deshalb auch abends mit ihr nicht mehr aus.

Als er sie an dem Abend schließlich in Rosenheim am Busbahnhof angetroffen habe, hätte sie ihn gar nicht erkannt. Dabei habe sie von einer Vergewaltigung erzählt.

Ob das realistisch oder ihrer Fantasie entsprungen war, könne er nicht beurteilen. Er wisse aber, dass sie in diesem Zustand Fantasie und Wirklichkeit durchaus verwechseln könne. Die Polizeibeamte zeigten sich im Zeugenstand überzeugt, es habe einen strafbaren Vorfall gegeben. Die Tatsache, dass der Aufnahmewinkel der Kamera vom Angeklagten verdreht worden sei, und dass er angesichts des Zustandes der Frau keinerlei Hilfe geholt habe, weise auf einen aktiven Missbrauch an der Frau hin.

Eine 51-jährige ehemalige Mieterin berichtete, sie habe den Angeklagten angezeigt, weil er sie heftigst beleidigt und bedroht habe. Sie war Mieterin in einem Haus, wo er als Hausverwalter tätig war.

Nachdem sie sich bei ihm über unhaltbare Zustände in ihrer Wohnung beschwert hatte, sei er in ihre Räume eingedrungen und habe sie dabei eben beleidigt und mit dem Tode bedroht. Noch am selben Tag hatte sie Anzeige deswegen erstattet. Die forensische Gutachterin Frau Prof. Dr. Gisela Kopp berichtete, dass in den Haaren des Tatopfers Drogen wie sogenannte K.-o.-Tropfen nicht nachweisbar waren. Einzig ein rezeptfreies Beruhigungsmittel konnte gefunden werden. Dieses sei aber über einen längeren Zeitraum hinweg eingenommen worden. Allerdings seien in kolorierten Haaren wie bei dieser Probandin derlei Rückstände schwerlich nachweisbar.

Angeklagter ist
polizeibekannt

Dass der Angeklagte zu solch unangemessenem Verhalten in der Lage ist, belegen 21 Einträge seit 1990 im Bundeszentralregister, wo alle Verurteilungen der Bundesbürger registriert werden. Darunter eine Reihe von einschlägigen Straftaten. Der Staatsanwalt zeigte sich davon überzeugt, dass sich der Sachverhalt so wie angeklagt zugetragen hat. Er beantragte, den Angeklagten zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und acht Monaten zu verurteilen. Der Verteidiger wies diese Vorhaltungen in Bausch und Bogen zurück. Es handle sich dabei um böswillig behauptete oder traumatisch in der betrunkenen Einbildung fantasierte Erlebnisse. Er beantragte, seinen Mandanten freizusprechen. Das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richterin Isabella Hubert schloss sich größtenteils der Sichtweise der Staatsanwaltschaft an und verurteilte den Restaurantfachmann zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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