Kaum einer hält sich an Sperrung

von Redaktion

Neue Fußgängerzone – Straße mitten in Rosenheim für Autos tabu

Rosenheim – Etwas irritiert schaut der Fahrer des weißen Ford, als sich Oberkommissarin Tamina Schelter vor sein Auto stellt. Er kurbelt die Scheibe runter, wirft einen Blick in den Rückspiegel. Einer Schuld bewusst ist er sich nicht. „Sie befinden sich in einer Fußgängerzone“, sagt Schelter, zeigt auf die Schilder, welche Mitarbeiter der Stadtverwaltung vor einigen Tagen aufgestellt haben.

Freie Fahrt nur für Busse und Radler

Während Busse und Radfahrer weiterhin freie Fahrt haben, ist der Bereich in der Münchener Straße von der Abzweigung Gillitzerstraße bis zur Abzweigung Salinstraße seit Dienstag, 10. Dezember, als Fußgängerzone ausgewiesen – vorerst für ein Jahr. „Dieser Verkehrsversuch wird den Bereich in der Münchener Straße entlang des Salingartens massiv aufwerten“, ist Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März überzeugt.

„Seit Jahren fahre
ich diese Strecke“

Um die Fußgängerzone auch baulich hervorzuheben, wurden insgesamt vier Pflanztröge aufgestellt und sechs Fahrradständer installiert. Das Problem: Noch halten sich die wenigsten Autofahrer an die neue Regel. „Seit Jahren fahre ich diese Strecke“, rechtfertigt sich der Fahrer des weißen Ford. Er habe nicht auf die Schilder geachtet, auch an den Pflanztrögen habe er sich nicht gestört.

Tamina Schelter hört zu, dann fordert sie ihn freundlich dazu auf, die Fußgängerzone zu umfahren. Nur wenige Sekunden später hält sie den Fahrer eines roten Fiat aus Wasserburg an. Auch ihm erklärt sie die Regel, er nickt, zeigt auf sein Navi, das ihn durch die Münchener Straße führt. „Das hatten wir in letzter Zeit tatsächlich öfter. Das Navi kennt die neue Fußgängerzone noch nicht und die Autofahrer achten nicht auf die Beschilderung“, sagt die Polizistin.

Während sie noch mit dem Mann spricht, hat ihr Kollege, Hauptkommissar Robert Maurer, bereits das nächste Auto angehalten. Die Fahrerin des blauen Kia entschuldigt sich, gibt an, von der neuen Regel nichts gewusst zu haben. Schon seit Jahren komme sie nach Rosenheim zum Einkaufen. Dass die Münchener Straße plötzlich zur Fußgängerzone geworden ist, habe sie übersehen.

Auch sie zeigt sich verständnisvoll und wendet. „Der Kreisverkehr an der Brixstraße kann als Wendemöglichkeit genutzt werden“, sagt Schelter.

Während Maurer und Schelter ein Auto nach dem anderen anhalten, bleiben immer wieder Passanten stehen. Sie bedanken sich bei den Polizisten, klagen ihnen ihr Leid.

„Die rasen hier einfach durch“

„Die Autofahrer rasen hier einfach durch“, sagt eine junge Frau, bevor sie ihren Weg fortsetzt. Eine andere kritisiert, dass die Busse auch weiterhin in der Fußgängerzone unterwegs sein dürfen. „In anderen Städten ist das nicht der Fall“, sagt sie. Kurz beobachtet sie die Polizisten bei der Kontrolle, dann geht auch sie weiter.

Währenddessen hält Maurer den Fahrer eines Ford an. Er zeigt auf das Schild, erklärt ihm, dass Autofahren hier seit einigen Tagen untersagt ist. „Einmal im Monat hole ich meine Frau genau an dieser Stelle vom Shoppen ab“, sagt er. Dass er das ab sofort nicht mehr machen kann, scheint er im ersten Moment nicht glauben zu können. Schließlich lädt er Frau und Kind ins Auto und setzt seinen Weg fort.

Es sind nur einige von zahlreichen Autofahrern, die Robert Maurer und Tamina Schelter an diesem Nachmittag auf die neue Regel hinweisen mussten. „Zwei Drittel sind trotzdem durchgefahren“, sagt er. Viele hätten angegeben, dass sie nicht gewusst hätten, dass es in der Münchener Straße seit Kurzem eine Fußgängerzone gibt. „Alle waren einsichtig“, sagt der Hauptkommissar.

Eine Strafe bezahlen musste dieses Mal niemand. „Wir haben nur belehrt und mündlich verwarnt“, sagt Maurer. Das soll sich bald ändern. Autofahrer, die dann mit ihrem Fahrzeug durch die Fußgängerzone fahren, müssen 25 Euro bezahlen, bei der Gefährdung des Straßenverkehrs sind es noch einmal zehn Euro mehr. „Wir werden auch intensiver kontrollieren“, sagt der Polizist.

Beschilderung wird eventuell angepasst

Er und seine Kollegen würden zudem in Austausch mit der Stadt Rosenheim stehen. So denke man nicht nur darüber nach, die Beschilderung noch einmal anzupassen, auch sei eine Kennzeichnung der Fußgängerzone auf dem Asphalt vorstellbar.

Die Ausrede, dass Autofahrer nichts von der Regel gewusst hätten, würde dann nicht mehr zählen.

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