Rosenheim – Peter Weigel sitzt auf einer Bank mitten auf dem städtischen Friedhof. Für den Stadtrat der Rosenheimer Grünen ist der Friedhof ein „Ort der Begegnung, des Nachdenkens und der Trauer.“ Er lobt die Tatsache, dass in den vergangenen Monaten 40 Laubbäume gepflanzt und darunter 20 neue Bänke zum Verweilen aufgestellt wurden. Es gibt Hainbuchen, Feldahorn und einen Eisenholzbaum. „Wir finden die Entwicklung sehr gut“, sagt Weigel.
Zuflucht bei
schlechtem Wetter
Was fehle, sei ein Ort, an dem die Menschen Zuflucht finden, wenn das Wetter schlecht ist und die Temperaturen weiter absinken. Aus diesem Grund hat er sich gemeinsam mit seiner Fraktion, FDP-Stadträtin Maria Knott-Klausner sowie ÖDP-Stadtrat Horst Halser, in einem Antrag an Oberbürgermeister Andreas März (CSU) dafür starkgemacht, dass die alte Leichenhalle zu einem „Friedhofscafé“ umgebaut wird.
Überlegungen, dass mit dem alten Leichenhaus etwas passieren soll, gibt es schon seit 1990. Damals sollte die Halle in einen Andachts- und Meditationsraum umgebaut werden. „Außer der Dachsanierung wurde aber noch nichts weiter umgesetzt“, heißt es in dem Antrag. Auch aus der Idee von 2006, das Gebäude zu einem Kolumbarium für Schmuckurnen umzubauen, ist nichts geworden. „Lediglich im Nordflügel wurde das erste Rosenheimer Kolumbarium mit barrierefreiem Zugang von der Westseite gebaut“, teilen die Grünen mit. Der Innenraum des denkmalgeschützten Hauses sei jedoch weiterhin ungenutzt und verfällt zunehmend. Das soll sich jetzt ändern. Zumindest wenn es nach Grünen, FDP und ÖDP geht. Und sie erhalten Unterstützung.
So äußerten sowohl die Kirchen als auch eine Reihe älterer Menschen den Wunsch, eine Begegnungsstätte auf dem Friedhof zu schaffen – ähnlich, wie es beispielsweise in Regensburg oder München der Fall ist. Neben dem Kaffeehausbetrieb könnten in einer geschützten Ecke auch Seelsorge-Gespräche angeboten werden. Auch Infoveranstaltungen zu Beisetzungen und Testamenten könnten in dem neuen Café stattfinden.
Auch in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Energie und Klimaschutz kam das Thema kurz auf. Allerdings wurde im gleichen Atemzug darauf hingewiesen, dass derzeit keine Haushaltsmittel für eine bauliche Sanierung zur Verfügung stehen. Zudem habe sich der Seniorenbeirat gegen eine Nutzung als Café an dieser Stelle ausgesprochen. Deutlich besser als Café würde sich ihrer Meinung nach hingegen der ehemalige Blumenladen am Eingang Herbststraße anbieten.
„Der Blumenladen ist für ein Café unbrauchbar“, sagte Ralf Seeburger, Leiter des Umwelt- und Grünflächenamtes. So würde es in dem Gebäude keine Küche geben.
Zudem sei das Dach nicht gedämmt, die Fenster müssten ausgetauscht und eine neue Heizung eingebaut werden. Deutlich mehr Zuspruch fand hingegen der Vorschlag, die alte Leichenhalle umzufunktionieren. „Das hätte einen besonderen Charme“, sagte CSU-Stadtrat Dr. Wolfgang Bergmüller. Er erinnerte an das Café Vielfalt in Regensburg, das sich auf dem evangelischen Zentralfriedhof befindet. Bereits 2021 eröffneten die evangelische Kirchengemeinde und die Lebenshilfe Regensburg das inklusive Friedhofscafé. Ein Team aus geistig beeinträchtigten Menschen kümmert sich um die Gäste. Für Peter Weigel ein Konzept, das auch in Rosenheim funktionieren könnte. Das Argument, dass kein Geld da ist, will er so nicht gelten lassen. „Wir müssen uns etwas überlegen. Das Gebäude verfallen zu lassen, ist nicht die Lösung“, sagte er während der Sitzung.
Blumenladen
abreißen?
„Ich könnte mir ein Café im alten Leichenhaus sehr gut vorstellen“, sagte auch CSU-Stadtrat Max Haimmerer. Der ehemalige Blumenladen sollte in seinen Augen abgerissen werden, um dort neue Abstellplätze für Fahrräder zu schaffen.
Einstimmig sprachen sich die Stadträte dafür aus, dass ein Café im alten Leichenhaus untergebracht werden soll. Zeitnah soll jetzt Stadtpfarrer Thomas Schlichting eingeladen werden, der über seine Erfahrungen mit einem Friedhofscafé in München berichten werde. Zur Zukunft des alten Blumenladens an der Herbststraße nimmt die Verwaltung Kontakt mit dem Liegenschaftsamt auf.