Wahlen statt Sportunterricht

von Redaktion

Neu ist die Situation nicht, dafür umso ärgerlicher: Zum wiederholten Mal muss die Sporthalle des Sebastian-Finsterwalder-Gymnasiums gesperrt werden. Der Grund: die Neuwahlen am 23. Februar. Sportlehrer und Vereinssportler haben dafür kein Verständnis.

Rosenheim – Nachvollziehen kann Andreas Aigner die Entscheidung nicht. Erst vor einigen Tagen hat der Sportlehrer des Sebastian-Finsterwalder-Gymnasiums erfahren, dass die Sporthalle der Schule im Februar – von Freitag, 7., bis Freitag, 21. Februar – für zwei Wochen gesperrt ist.

Der Grund: Die vorgezogenen Bundestagswahlen am 23. Februar. Das bestätigte Christian Baab auf OVB-Anfrage.

Ausreichend Platz
wird benötigt

„Die Stimmzettel werden voraussichtlich erst circa zwei Wochen vor der Wahl geliefert, sodass sofort alle Briefwahlunterlagen kuvertiert und versandt werden müssen“, sagte der Pressesprecher der Stadt. Außerdem sei laut Landeswahlleitung zu erwarten, dass zahlreiche Bürger ihre Briefwahlunterlagen direkt vor Ort ausfüllen und abgeben. „Auch dafür wird ausreichend Platz benötigt“, sagt Baab und fügt hinzu: „Die Belegung der Halle ist ausschließlich den vorgezogenen Wahlen geschuldet.“ Doch genau das will Sportlehrer Andreas Aigner so nicht stehen lassen. „Das Problem ist nicht neu“, sagt er. Jedes Mal, wenn in der Stadt Wahlen anstehen, müsste die Turnhalle gesperrt werden. „Jahr um Jahr bitten wir um Änderung und werden aus meiner Sicht mit lauen Argumenten abgespeist“, kritisiert er.

Bei der letzten Wahl sei – nach langem Bitten – zumindest eine Hallenhälfte freigegeben worden. Für Aigner keine zufriedenstellende Lösung. „Mir kann niemand erzählen, dass es nicht möglich ist, eine geeignete barrierefreie Alternative mit sanitären Einrichtungen zu finden“, sagt er. Zwar spreche die Nähe des Wahlamts für die Sporthalle des Finsterwalder-Gymnasiums, aber auch das 1500 Quadratmeter große Areal des Lokschuppens sowie der große Sitzungssaal des Rathauses seien Aigner zufolge auch nicht viel weiter entfernt.

Trotzdem sei es die Sporthalle, die gesperrt wird – mit Folgen für die Kinder des Finsterwalder-Gymnasiums sowie der Johann-Rieder-Realschule. „Eine zweiwöchige Sperrung der Halle bedeutet die Umplanung von circa 90 Sportstunden, wenn nur eine Hallenhälfte betroffen ist“, sagt Aigner. Sollte – wie es in den Vorjahren der Fall war – wieder die gesamte Doppelturnhalle gesperrt werden, seien es doppelt so viele Stunden.

Weil man im Februar die Sportstunden nicht einfach nach draußen verlegen kann, fällt ein Großteil davon aus. Für Aigner ein Unding. „Allgemein bekannt ist, dass für viele Kinder die zwei Sportstunden pro Woche die einzige Bewegungszeit sind“, sagt er. Und genau diese Möglichkeit fällt jetzt ins Wasser. Da hilft es ihm zufolge auch nicht, dass die Sperrung so frühzeitig bekannt gegeben wurde. Und nicht nur die Schüler leiden unter der Sperrung. Auch Vereine werden durch die vorgezogenen Bundestagswahlen vor Herausforderungen gestellt. Das weiß auch Florian Bergmann, Sportwart des TSV 1860 Rosenheim. „Ich muss insgesamt fünf Spiele verlegen. Wenn ich keine Termine finde, verlieren wir am grünen Tisch“, sagt er. Und das, obwohl sich die Basketballer gerade mitten im Kampf um den Aufstieg befinden. Hinzu kommen die Kosten für die Verlegungen.

„Die Stadt sucht in solchen Fällen nach alternativen Austragungsorten“, sagte Pressesprecher Christian Baab. Sollten keine gefunden werden, können Vereine ihm zufolge versuchen, das Heimrecht zu tauschen. „Fallen ihnen durch die Stadt ausgelöste Kosten an, so werden diese in der Regel auch von der Stadt übernommen. Hier wird im Einzelfall entschieden“, ergänzt er.

Situation für Vereine
angespannt

Für Florian Bergmann dürfte das jedoch nur ein schwacher Trost sein. „Auch die ganzen Jugendmannschaften tun mir leid“, sagt er. Sowohl er als auch Andreas Aigner haben die Hoffnung aufgegeben, dass sich zeitnah etwas verbessert. „Es ist bitter. Seit Jahren werden wir mit leeren Versprechungen vertröstet, obwohl wir die Situation immer wieder ansprechen“, sagt Aigner.

Auch in der jüngsten Sitzung des Rosenheimer Stadtrats brachte SPD-Fraktionsvorsitzender Abuzar Erdogan das Thema zur Sprache. „Den Schulsport für zwei Wochen ausfallen zu lassen, ist keine Option. Die Situation für die Vereine ist ohnehin angespannt. Notfalls muss der Rathaussaal herhalten“, sagte er.

Wie kommen die Wahlunterlagen eigentlich nach Rosenheim?

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