Rosenheim – Persönlich eingeladen zur Informationsveranstaltung zum Wohnprojekt auf dem Areal des ehemaligen „Kastenauer Hofs“ hatte die Stadt Rosenheim eigentlich nur die direkten Anlieger. Aber auch viele andere Kastenauer ließen es sich nicht nehmen, mit dabei zu sein. Das Treffen fand in unmittelbarer Nähe zum Kastenauer Hof im Kastenauer Schützenheim statt – beide Gebäude sollen der zukünftigen Bebauung weichen.
Infoveranstaltung zu
den Plänen für den
alten Kastenauer Hof
Die Mitglieder des Schützenvereins hatten in der weisen Voraussicht zusätzliche Bierbankgarnituren in den Räumlichkeiten aufgestellt und selbst die reichten nicht für alle der rund 300 Besucher aus. Kein Wunder, geht es doch bei diesem Bauvorhaben um eine „bedeutende Weiterentwicklung“, wie Oberbürgermeister Andreas März zu Beginn deutlich machte.
Auf dem rund 6400 Quadratmeter großen Areal sollen vier Gebäude mit insgesamt 101 Wohnungen und einer fast 4000 Quadratmeter großen Unterkellerung für eine Tiefgarage entstehen. Die Stadt hat sich zwecks Bewirtschaftung das Vorverkaufsrecht für einen Weg entlang des Gießenbachs gesichert, sodass am Ende eine rund 5400 Quadratmeter große Fläche zur Bebauung übrig bleibt.
Entschieden ist aber noch nichts. Bis jetzt gibt es lediglich einen Vorentwurf. Darauf wies März mehrmals hin und betonte auch, dass man vonseiten der Stadt bewusst habe abwarten wollen, wie die Stimmung bei diesem Informationstreffen ist, um sich dann Gedanken über das weitere Vorgehen machen zu können. Das aktuelle Stimmungsbild zeigte sich dann auch schnell und deutlich, als Projektentwickler Andreas Dayan mit seinen Ausführungen begann.
Vielfältige Einwände
bezüglich Verkehr und
Parkplatzsituation
Die Kastenauer löcherten ihn immer wieder mit Fragen und Gegenargumenten. Die Bedenken der Kastenauer zu diesem Großbauprojekt sind vielfältig. Große Sorge bereiten beispielsweise das zusätzliche Verkehrsaufkommen und der Mangel an Parkplätzen. „Wir haben jetzt bereits massive Parkplatzprobleme in der Kastenau“, schilderte eine Anwohnerin die Situation. Als Andreas Dayan bei diesem Punkt auf die geplante Tiefgarage für rund 100 Autos verwies, erntete er entrüstetes Lachen. „Welche Familie hat heute denn nur ein Auto?“, gab ein Besucher zu bedenken. Außerdem zeige die Erfahrung, dass Tiefgaragen oft leer stehen würden, weil man sich so die Kosten für einen Stellplatz sparen könnte, meinte ein anderer.
Durch das zunehmende Verkehrsaufkommen befürchten viele Kastenauer außerdem eine Gefährdung für Fußgänger, insbesondere für Kinder, da es in dem Stadtteil so gut wie keine Fußgängerwege gibt. „Ich befürchte, es ist dann nur noch eine Frage der Zeit, bis es zu einem schlimmen Unfall kommt“, befürchtete ein Gast. Neben der Verkehrsproblematik treibt die Kastenauer aber noch eine ganze Reihe anderer Sorgen bezüglich des Bauprojekts um.
Viele sehen das soziale Gefüge gefährdet, wenn mit einem Schlag um die 250 neue Bewohner hinzukommen auf einen Stadtteil, der Stand 2020 rund 1240 Einwohner zählt. Dass es sich bei den entstehenden Wohnungen dann auch noch um Sozialwohnungen handeln soll, macht die Lage für viele Kastenauer nicht besser. „Wir wollen keinen sozialen Brennpunkt“, machte ein Anwohner deutlich. Und auch die Versiegelung einer so großen Fläche und daraus resultierende Gefahren bei Hochwasser und Starkregenereignissen bereiten den Menschen in dem Stadtteil große Sorgen.
Projektentwickler Maximilian Werndl von „Werndl & Partner“ sprach an diesem Abend auch ganz offen die wirtschaftlichen Probleme der Baubranche an, die auch vor seinem Unternehmen nicht haltgemacht hätten. Auf die Anregung einer Besucherin, man solle doch lieber Eigenheime schaffen, meinte er, dass sich diese aktuell kaum noch verkaufen ließen. Zum „Kastenauer Hof“ seien in den vergangenen Jahren viele Pläne gefasst und wieder verworfen worden. Mit dem Unternehmen „BayernHeim“ als möglichem Käufer sehe Werndl nun aber eine gute Entwicklungschance.
Bei „BayernHeim“ handelt es sich um ein Unternehmen des Freistaates Bayern, ins Leben gerufen von dem bayerischen Ministerpräsidenten Söder nach seinem Amtsantritt im Frühjahr 2018 als staatliche Wohnungsbauoffensive. Auch diese Information quittierten nicht wenige der Besucher mit lautem Lachen.
Große Einigkeit über
ein „viel zu massives“
Bauvorhaben
Über einen Punkt waren sich allerdings alle Besucher an diesem Abend einig: „Das Bauvorhaben ist viel zu massiv.“ „Auch die Hälfte an Wohnungen wäre noch zu viel. Vorstellbar sind meiner Meinung nach höchstens 30 Wohnungen“, meinte ein Kastenauer und erhielt dafür große Zustimmung.
Ein anderer rechnete vor, dass man bei 101 Wohnungen auf rund 6400 Quadratmetern ja dann als Kastenauer auf jedem 1000 Quadratmeter großen Grundstück zukünftig immer 20 Wohnungen bauen dürfte, um auf ein ähnliches Verhältnis zu kommen.
Anwohner Max Breu, der eine Unterschriftenaktion ins Leben gerufen hat, um so ein Umdenken der Planer zu erreichen, wollte schließlich von Andreas März wissen, ob dieser persönlich auch für das Bauprojekt in dieser Größe sei. „Ich bin mir nicht sicher“, antwortete März. Einerseits brauche man Wohnraum in der Stadt. Gefallen würde ihm auch, dass der aktuelle Entwurf für den Schützenverein Kastenau eine neue Heimat vorsieht. Auf der anderen Seite könne er aber auch die Sorge nachvollziehen, dass der Rosenheimer Stadtteil dadurch seinen bisherigen Siedlungscharakter verlieren könnte.
Projektentwickler Maximilian Werndl bat die Besucher am Ende, ihm konkrete „Hausaufgaben“ mit auf den Weg zu geben, was man ändern müsse, um doch noch zu einem Kompromiss zu finden, mit dem beide Seiten leben könnten. Für die Kastenauer geht es dabei nun erst einmal klar darum, die Anzahl der geplanten Wohnungen deutlich zu reduzieren.