Ein „Wohnzimmer für alle“ mitten in Rosenheim

von Redaktion

Jeden Donnerstag gibt es im „Affekt“ einen Treffpunkt für alle – Organisatoren wollen der Vereinsamung etwas entgegensetzen

Rosenheim – Ein Wohnzimmer außerhalb der eigenen vier Wände – so beschreibt Johanna Schneider ihr Projekt, das die Rosenheimer Psychologin zusammen mit Freunden betreibt. Schneider sitzt in einem Raum, der schwach von rotem Licht erhellt wird. Auf den Sofas und Sesseln um sie herum sitzen Menschen, die zusammen essen, trinken und lachen. In der Ecke spielen etwa acht junge Menschen Tischfußball. Schneider bereitet ihr Essen zu und erzählt, wie ihre WG-Mitbewohner und Freunde die Idee hatten, ein „Wohnzimmer für alle“ zu gründen.

Ein kostenloser
Treffpunkt

„Hier kann man sich mit Menschen treffen, ohne dass man Geld ausgeben muss“, sagt Schneider. Auch das Essen gibt es gratis – Spenden sind aber gern gesehen. „Wir sehen, wie die Menschen immer mehr vereinsamen und die Gesellschaft sich spaltet. Deshalb wollen wir einen Raum zum Austausch und Treffen anbieten“, sagt Schneider.

Seit September treffen sich jeden Donnerstag von 18 bis 22 Uhr etwa 30 Menschen im Alter von 25 bis 35 Jahren im „Affekt“ – ein Kunst- und Kulturraum in der Wittelsbacher Straße. Die Teilnehmer sind Studenten, Auszubildende und junge Berufstätige. Doch Schneider wünscht sich, dass mehr Menschen aus den verschiedenen Altersgruppen kommen. „Hier sollen die unterschiedlichsten Menschen zusammenkommen – Jung und Alt, Arm und Reich“, sagt sie.

Zusammen mit sieben Freunden hat Schneider das Projekt auf die Beine gestellt. „Wir merkten, dass es in Rosenheim keinen Ort gibt, wo man sich treffen kann, ohne etwas konsumieren zu müssen“, sagt sie. So gründeten Johanna Schneider und ihre Freunde das „Rosa Rosenheim“. Dabei sieht das „Wohnzimmer für alle“ jede Woche anders aus. „Wir bringen unsere eigenen Möbel vorbei und dekorieren den Raum“, sagt Schneider. Eines ist ihr dabei wichtig: „Keiner muss sich hier zu etwas verpflichten“, sagt sie.

Dieses Konzept gefällt auch Jan Baier, der gelegentlich beim „Rosa“ mit dabei ist. „Man trifft Leute, die man sonst nicht kennenlernen würde“, sagt er. Er sehe in dem Treffpunkt eine Gelegenheit gerade für einsame Leute, sich mit anderen Menschen auszutauschen. „Am besten gefällt mir, dass wir uns untereinander etwas beibringen können“, sagt er. So habe er bei früheren Treffen einen kostenlosen Jonglierkurs angeboten.

Auch Simon Ruhland veranstaltet manchmal Kurse im „Wohnzimmer“. Er zeigt den anderen, wie man schnitzt. Ruhland führt ein eigenes Holzgeschäft, in welchem er Schatullen und Boxen herstellt. Einmal im Monat biete er einen Schnitzkurs im „Wohnzimmer“ an. „Mir gefällt, wie unkompliziert die Treffen hier sind und wie einfach ich Workshops organisieren kann“, sagt Ruhland.

Spontane Kurse
und Workshops

„Es gibt neben Schnitz- und Jonglierkursen auch Malkurse und Schachkurse“, sagt Johanna Schneider. Wer sich nicht für einen Kurs interessiert, kann Tischtennis spielen, sich mit anderen einfach nur unterhalten und essen oder bei der Organisation der nächsten Treffen dabei sein.

Schneider hofft, dass es von diesen Treffen in Zukunft noch mehr geben wird. „Es wäre toll, wenn wir unser ‚Wohnzimmer‘ öfter als nur einmal die Woche anbieten könnten“, sagt sie. Cordula Wildauer

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