Rosenheim – Luisa E. kann es nicht fassen. Die Rosenheimerin hat erfahren, dass das Informations-Reisezentrum der Deutschen Bahn am Bahnhof auf Beschluss der DB-Zentrale in Frankfurt geschlossen werden soll – und das schon zum 30. Juni. „Still, heimlich und leise, ohne die Öffentlichkeit zu informieren“, kritisiert sie.
Aus diesem Grund hat sie einen offenen Brief verfasst, adressiert an zahlreiche Politiker, darunter Landrat Otto Lederer und Oberbürgermeister Andreas März. Sie erinnert die Vertreter der unterschiedlichen Parteien daran, dass im DB-Reisezentrum „persönliche und individuelle Beratung im Mittelpunkt“ stehen.
Eine Anlaufstelle
für Ratsuchende
So jedenfalls schreibt es das Unternehmen auf seiner Website. Bis kurz vor der Abfahrt hätten Kunden hier die Möglichkeit, Fahrkarten zu buchen und Reservierungen vorzunehmen. Zeit- und Monatskarten können gekauft, Informationen zu nationalen und internationalen Fahrplänen eingeholt werden. Zudem gibt es Auskünfte rund um Reiseschutz und Gepäckbeförderung.
„All diese Leistungen würden für unzählige Ratsuchende wegfallen, die tagtäglich im Reisezentrum nachfragen – zu Leistungen, die nur im persönlichen Kontakt erbracht werden können“, sagt Luisa E.. Dies gelte auch für internetaffine Personen, unterstreicht sie.
Eine Meinung, die auch Christine Graf vertritt. „Ich selbst bin durchaus internetaffin, buche jedoch meine Tickets und Reservierungen lieber am Schalter“, sagt sie. Graf lobt die „freundlichen und hilfsbereiten Servicearbeiter“, hebt hervor, dass man sie immer unterstütze, wenn es denn zu Zugausfällen oder Fahrplanänderungen kommt.
Schritt in Richtung
„Servicewüste“
Sie befürchtet jetzt, dass man in Zukunft nach München fahren muss, um ein Ticket zu kaufen – jedenfalls dann, wenn man es nicht am Automaten machen will. „Es ist nicht nachzuvollziehen, wie für eine Stadt mit dieser Einwohnerzahl und diesem Einzugsbereich, einem Eisenbahnknotenpunkt, die Schließung des DB-Reisezentrums beschlossen werden kann“, kritisiert Graf. Sie hofft, ähnlich wie Luisa E., dass die Schließung doch noch verhindert werden kann. „Alles andere würde einen weiteren Schritt in Richtung ‚Servicewüste‘ bedeuten“, sagt sie und fügt hinzu: „Vielen Menschen, die nach wie vor mit der Bahn fahren, würde das den Anstoß geben, sich doch lieber dem Auto zuzuwenden.“
Doch macht das DB-Reisezentrum tatsächlich zu? Eine Nachfrage bei der Deutschen Bahn bringt Licht ins Dunkel. „Die DB zieht sich ab dem 30. Juni mit ihren Verkaufsschaltern aus dem Reisezentrum in Rosenheim zurück“, bestätigt eine Sprecherin. In diesem Zusammenhang erinnert sie daran, dass in Rosenheim sowohl Schalter der Deutschen Bahn als auch der Bayerischen Regiobahn (BRB) zu finden sind.
„Im Schienenpersonennahverkehr, wo Leistungen per Ausschreibung vergeben werden, schreiben Aufgabenträger – in Bayern die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) – neben Transportleistungen auch Vertriebsleistungen aus“, erklärt die Sprecherin. Für die Strecke zwischen München, Rosenheim und Salzburg/Kufstein hat ihr zufolge schon vor einigen Jahren die BRB den Zuschlag für den Verkauf von Nahverkehrs- und Verbundfahrkarten am Standort Rosenheim erhalten.
Die Deutsche Bahn zieht sich aus diesem Grund zurück. Die Mitarbeiter sind laut der Sprecherin informiert und können an anderen Standorten unterkommen, wenn sie denn wollen. „Der Erwerb von Tickets für DB-Verbindungen im Fernverkehr ist auch an den Schaltern der BRB möglich“, fügt die Sprecherin hinzu.
BRB-Service
bleibt erhalten
Zumindest bei der BRB schien man bisher noch nichts von den Plänen der DB zu wissen, sich aus dem Kundencenter zurückzuziehen. „Sollte die DB das Reisezentrum schließen, würden wir gegebenenfalls mit der DB in Austausch gehen“, teilt Annette Luckner, Sprecherin der BRB mit.
Sie erinnert daran, dass man in Rosenheim, unabhängig von der DB, ein Kundencenter betreibe, indem Nahverkehrs- und Verbundfahrscheine verkauft werden. „Dieser Service bleibt selbstverständlich erhalten, unabhängig von den Planungen der DB“, sagt sie. Fahrgäste müssten sich ihr zufolge keine Sorgen machen, da der Ticketverkauf im BRB-Kundencenter auch nach dem 30. Juni erhalten bleiben wird.